Gefährliche Infektionskrankheit: Bislang ältestes Genom der Beulenpest entschlüsselt
Die Pest forderte vor allem im Mittelalter Millionen Menschenleben. Auch heute noch kommt es in manchen Regionen der Welt immer wieder zu Epidemien. Die häufigste Form der Pest ist die Beulenpest. Forscher haben nun herausgefunden, dass diese Infektionskrankheit deutlich länger existiert als bislang angenommen.
Eine der verheerendsten Seuchen der Menschheitsgeschichte
Die Pest zählt zu den verheerendsten Seuchen der Menschheitsgeschichte. Vor allem im Mittelalter forderte der „Schwarze Tod“ Millionen Menschenleben. Auch heute noch kommt es in manchen Regionen immer wieder zu Epidemien. Die häufigste Form der Pest ist die Beulenpest. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena hat nun Hinweise darauf gefunden, dass diese Infektionskrankheit deutlich länger existiert als bislang angenommen.
Entstehung der Beulenpest in der Bronzezeit
Wie es in einer Mitteilung des Max-Planck-Instituts (MPI) für Menschheitsgeschichte heißt, haben die Forscher zwei Yersinia pestis-Genome rekonstruiert, die auf eine bronzezeitliche Entstehung der Beulenpest hindeuten.
Den Angaben zufolge wurde der jetzt identifizierte Stamm in zwei Skeletten aus einer Doppelbestattung in der Region Samara im heutigen Russland entdeckt. Die Bestattung fand vor rund 3.800 Jahren statt.
Er ist der bislang älteste bekannte Stamm, der die Gene aufweist, die für die Beulenpest als charakteristisch gelten.
Und laut den Forschern ist er Vorfahre der heutigen Stämme, welche die Justinianische Pest, den Schwarzen Tod und die Pestepidemien des 19. Jahrhunderts in China auslösten.
Ursache einiger der tödlichsten Pandemien
Die durch das Bakterium Yersinia pestis verursachte Pest war Ursache einiger der tödlichsten Pandemien in der Menschheitsgeschichte, einschließlich der Justinianischen Pest, des Schwarzen Todes und der großen Epidemien, die Ende des 19. Jahrhunderts durch China und später den Rest der Welt fegten.
Die Krankheit bedroht weiterhin Bevölkerungsgruppen auf der ganzen Welt, so kam es in Madagaskar im letzten Jahr zu einem Pestausbruch mit mehreren tausend Erkrankten und zahlreichen Todesopfern.
Auch andere Länder waren in den vergangenen Jahren betroffen. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge gab es von 2010 bis 2015 weltweit 3.248 Fälle, darunter 584 Todesfälle.
„Die derzeit drei endemischsten Länder sind die Demokratische Republik Kongo, Madagaskar und Peru“, berichtete die Organisation letztes Jahr auf ihrer Webseite.
Ursprung und Alter der Krankheit noch unzureichend erforscht
Wie das MPI schreibt, sind Ursprung und Alter der Krankheit trotz ihrer historischen und gegenwärtigen Bedeutung noch unzureichend erforscht.
Ungeklärt ist insbesondere, wann und wo Yersinia pestis die Gene erwarb, die es dem Erreger erlauben, Flöhe als Überträger zu nutzen.
Jüngste Untersuchungen von Yersinia pestis-Genomen früherer Epochen, haben eine ausgestorbene Variante des Erregers identifiziert und auf das späte Neolithikum und die frühen Bronzezeit datiert.
Dessen Genome weisen aber nicht die genetischen Merkmale auf, welche den Pesterreger besonders effizient machen – nämlich die Fähigkeit, in Flöhen zu überleben, welche den Hauptübertragungsweg der Krankheit auf Menschen und andere Säugetiere darstellt.
Ziel der jetzt im Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlichten Studie war es deshalb, weitere Yersinia pestis Genome aus diesen Epochen zu analysieren, um herauszufinden, wann und wo diese entscheidenden Anpassungen stattfanden.
Vermutlich 1.000 Jahre älter
Mit Hilfe von Daten, die bei früheren Sequenzierungen von Yersinia pestis-Stämmen gewonnen wurden, berechnete das Wissenschaftlerteam das Alter der neu identifizierten Abstammungslinie auf etwa 4.000 Jahre.
Das verschiebt das vermutete Alter der Beulenpest um 1.000 Jahre weiter in die Vergangenheit.
„Die Linie, die unsere Yersinia pestis-Isolate hervorbrachte, entstand wahrscheinlich vor etwa 4.000 Jahren und verfügte über alle für die effiziente Übertragung von Pest bei Nagetieren, Menschen und anderen Säugetieren notwendigen genetischen Eigenschaften“, erklärt Erstautorin Maria Spyrou vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte.
Zwei Pestlinien könnten gleichzeitig zirkuliert sein
Obwohl frühere Studien eine einzige Linie von Yersinia pestis während der Bronzezeit in ganz Eurasien nachgewiesen haben, legt die aktuelle Studie nahe, dass mindestens zwei Pestlinien gleichzeitig zirkulierten und dass sie möglicherweise verschiedene Übertragungs- und Ansteckungspotential besaßen.
„Ob die Abstammungslinien in den menschlichen Populationen gleichermaßen verbreitet waren und inwieweit menschliche Aktivitäten zu ihrer Verbreitung beigetragen haben, sind Fragen, die weiter untersucht werden müssten“, erklärt Studienleiter Johannes Krause vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte.
Er fügt hinzu: „Weitere Pestgenome der Bronzezeit und der Eisenzeit könnten helfen, Schlüsselereignisse aufzuzeigen, die zur Ausbreitung eines der berüchtigtsten Krankheitserreger der Menschheit beigetragen haben.“ (ad)
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