Elektronische Gesundheitskarte: Krankenkassen verweigern Zahlung
07.01.2015
Einem Medienbericht zufolge hat der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) den Betreibern der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) den Geldhahn zugedreht. Laut Angaben des Spitzenverbandes sind derzeit 57 Millionen Euro gesperrt.
„Der Kragen geplatzt“
Den Betreibern der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) wurde vom Spitzenverband der Krankenversicherung (GKV) der Geldhahn zugedreht. Dies hat der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, auf Anfrage der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (RP) bestätigt. In deren Mittwochsausgabe begründete Lanz die Entscheidung: „Dem Verwaltungsrat ist der Kragen geplatzt. Wenn Versichertengelder ausgegeben werden, muss auch etwas geschehen“. Nach Angaben des Spitzenverbandes sind aktuell 57 Millionen Euro gesperrt. Eigentlich müssten die Kassen pro Jahr und Mitglied 1,09 Euro an die Betreibergesellschaft Gematik überweisen.
Betrieb der Gesundheitskarte nicht gefährdet
Grund für die Blockade ist laut RP der Ärger der Krankenkassen über Ärzte und andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen, die aus ihrer Sicht seit Jahren die Etablierung einer echten Gesundheitskarte mit vielfältigen Funktionen wie Speicherung von Notfalldaten und Patientenakten verzögern. Am 16. Januar soll bei einer Verwaltungsratssitzung entschieden werden, wie es weiter geht. Der aktuelle Betrieb der Gesundheitskarte ist nicht gefährdet, da die Gesellschaft Gematik nach Angaben der Kassen noch über ausreichend Mittel verfügt.
Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums
Wie „Spiegel Online“ berichtet, haben die Kassen auch das Bundesgesundheitsministerium über ihren Schritt informiert. Den Angaben zufolge arbeiten die Beamten von Ressortchef Hermann Gröhe (CDU) bereits an einer Verordnung, um die gesetzlichen Kassen doch noch zur Zahlung an die Betreibergesellschaft zu verdonnern. Aus dem Ministerium heißt es, dass erwartet wird, „dass sich der GKV-Spitzenverband rechtskonform verhält und mit Inkrafttreten der Rechtsverordnung die Haushaltsmittel für die Gematik freigibt“.
Vorgesehene Funktionen der Gesundheitskarte fehlen noch immer
Alle gesetzlich Versicherten in Deutschland müssen seit dem 1. Januar über eine eGK verfügen, die sich von der herkömmlichen Krankenkassenkarte äußerlich nur durch ein Foto des Versicherten unterscheidet. Die neue Karte sollte ursprünglich bereits 2006 eingeführt werden, kommt also neun Jahre zu spät. Noch immer fehlen viele vorgesehene Funktionen. Unter anderem soll sie – sofern der Versicherte dies wünscht – Daten über Allergien, Blutgruppe, Krankheiten und Medikamentenverordnungen enthalten. Zudem könnte sie Ärzten auch den Zugang zu Röntgenbildern gewähren. Wie die RP schreibt, können all diese Funktionen aber noch nicht abgerufen werden, weil insbesondere die Ärzteschaft das Projekt vielfach ausbremste.
„Finanzielle Schmerzgrenze“
Der Verwaltungsrat des Spitzenverbandes hatte sich bereits im Frühjahr 2014 in einer Stellungnahme Luft gemacht und beklagt, das Projekt drohe die „finanzielle Schmerzgrenze“ zu überschreiten, und den Gesetzgeber aufgefordert einzuschreiten. Rund 800 Millionen Euro wurden bislang investiert. Die Nachricht über die verweigerten Zahlungen dürfte auch die Kritiker der Gesundheitskarte bekräftigen. In der Initiative „Stoppt die e-Card“ haben sich über 50 Organisationen, wie der Chaos Computer Club, die Freie Ärzteschaft e. V. und die Deutsche AIDS-Hilfe zusammengeschlossen und fordern, dass milliardenschwere Projekt eGK einzustampfen. (ad)
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