Krankenkasse muss Kosten für teures Hörgerät übernehmen
16.10.2014
Wenn jemand nur mit einem teuren Hörgerät seine Hörschwäche ausgleichen kann, muss die Krankenkasse diese Kosten trotz Festbetragsregelung übernehmen, so ein Urteil des Landessozialgericht Darmstadt (LSG). Laut Pressemitteilung des LSG Darmstadt hatte ein nahezu tauber Verwaltungsfachangestellter im konkreten Fall nach der Beratung durch einen Hörgeräteakustiker ein Hörgerät für 4900 € erworben, da dieses seine Schwerhörigkeit fast vollständig beseitigte und ihn sogar wieder in die Lage versetzte zu telefonieren. Seine Krankenkasse wollte dem Antrag auf Erstattung der Differenz aber nicht bewilligen und war nur bereit den Festbetrag in Höhe von 1200 € zu übernehmen.
In erster Instanz wies das Sozialgericht laut Pressemitteilung des LSG Darmstadt die Klage des Mannes mit der Begründung ab, dass dieser bereits vor der ablehnenden Entscheidung der Krankenkasse das Hörgerät erworben und damit den vorgeschriebenen Beschaffungsweg nicht eingehalten habe.
Versorgungsanzeige beinhaltet umfassenden Leistungsantrag
Das Landessozialgericht Darmstadt kippte diese Entscheidung nun allerdings und verurteilte die Krankenkasse zur Erstattung der rund 3.700 €. Zunächst stellten die Richter fest, dass die Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers einen Leistungsantrag auf bestmögliche Versorgung mit einem Hörgerät beinhalte. Gewähre die Krankenkasse hierauf den Festbetrag, so lehne sie damit inzident die Kostenübernahme für eine höherwertige Hörgeräteversorgung ab. Da die Krankenkasse den Antrag habe prüfen können, sei auch der Beschaffungsweg eingehalten, wenn der Versicherte das Hörgerät kaufe, bevor die Krankenkasse die Kostenübernahme des Differenzbetrages ausdrücklich abgelehnt habe, so das Landessozialgericht.
Fehlender Nachweis einer günstigeren Versorgungsmöglichkeit geht zu Lasten der Krankenkasse
Zudem wiesen die Richter darauf hin, dass die Krankenkassen – wie auch die Rentenversicherungsträger – den hörgeschädigten Versicherten keinen Zugang zu unabhängigen Beratungs- und Begutachtungsstellen böten. Damit erhielten die Versicherten keine von Gewinnerwartungen unabhängige Untersuchung und Anpassung der in Betracht kommenden Hörgeräte. Diese Aufgabe würden sie vielmehr an die Hörgeräteakustiker „outsourcen“. Daher gehe es zulasten der Krankenkasse, wenn sich im Gerichtsverfahren nicht mehr klären lasse, ob auch ein günstigeres Hörgerät einen möglichst weitgehenden Ausgleich der Funktionsdefizite erzielt hätte, teilte das Presseportal des LSG Darmstadt mit.
Außerdem, so das LSG, könne die Krankenkasse sich nicht darauf berufen, dass der Hörgeräteakustiker zu einer eigenanteilsfreien Versorgung verpflichtet sei. Diese vertragliche Verpflichtung betreffe nur das Vertragsverhältnis zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer und habe keine Auswirkungen auf den Hilfsmittelanspruch des Versicherten. Die Revision wurde nicht zugelassen. (jp)
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