BFH erkennt Kosten als außergewöhnliche Belastung an
Aufwendungen einer unfruchtbaren Frau für eine künstliche Befruchtung können auch dann steuerlich als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden, wenn die Frau in einer lesbischen Partnerschaft lebt. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Mittwoch, 02. Januar 2018, veröffentlichten Grundsatzurteil entschieden (Az.: VI R 47/15). Wie bei heterosexuellen Paaren bestehe auch hier eine medizinische „Zwangslage“.
Im konkreten Fall lebt die unfruchtbare lesbische Klägerin in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Eine eingetragene Partnerschaft bestand im Streitjahr 2011 nicht.
Wegen eines unerfüllten Kinderwunsches ließ die Frau in Dänemark eine künstliche Befruchtung mit Hilfe von Spendersamen vornehmen. Die Kosten in Höhe von insgesamt 8.500 Euro machte sie als steuermindernde außergewöhnliche Belastung geltend.
Das Finanzamt lehnte dies ab. Nach den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnung sei es Ärzten nicht erlaubt, eine künstliche Befruchtung bei einer unverheirateten in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft lebenden Frau durchzuführen.
Auf die Klage der Frau, lehnte auch das Finanzgericht (FG) Münster die Steuerentlastung ab – allerdings mit anderer Begründung: Die Kinderlosigkeit sei hier nicht ausschließlich Folge der Unfruchtbarkeit, sondern liege auch darin begründet, dass bei gleichgeschlechtlichen Paaren die Zeugung eines Kindes auf natürlichem Wege ausgeschlossen sei (Urteil vom 23. Juli 2015, Az.: 6 K 93/13 E; JurAgentur-Meldung vom 16. Oktober 2015).
Der BFH hob dieses Urteil nun auf und gab der Klage statt. „Die Empfängnisunfähigkeit einer Frau ist – unabhängig von ihrem Familienstand – eine Krankheit“, heißt es in dem Münchener Urteil. Durch eine künstliche Befruchtung werde diese nicht geheilt, aber „umgangen“. In ständiger Rechtsprechung habe der BFH daher schon bisher die Kosten einer künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn sie „in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird“ (zuletzt Urteil vom 17. Mai 2017, Az.: VI R 34/15; JurAgentur-Meldung vom 23. August 2017).
Dies hat der BFH nun auch bei einer lesbischen Partnerschaft bejaht. Die ärztlichen Berufsordnungen mahnten zwar zu einer gewissen Zurückhaltung bei unverheirateten Paaren. Dabei hätten sie in mehreren Bundesländern – konkret in Bayern, Berlin, Brandenburg und Hessen – aber der Kinderwunschbehandlung auch gleichgeschlechtlicher Paare nicht entgegengestanden. Dass sich die Frau hier dennoch für eine Behandlung in Dänemark entschieden habe, sei unschädlich.
Zudem könne eine „Zwangslage zur Umgehung einer vorhandenen Sterilität (…) auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht verneint werden“, so der BFH in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 5. Oktober 2017. mwo
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