Patient reagiert nach 15 Jahren Wachkoma wieder auf Reize der Außenwelt
In Frankreich ist es Medizinern gelungen, einen Patienten nach 15 Jahren aus dem Wachkoma zu holen. Die Neurologen sorgten durch die Stimulierung des Vagus-Nervs dafür, dass der Mann wieder auf Reize der Außenwelt reagiert.
Mann nach 15 Jahren aus dem Wachkoma geholt
Ein 35 Jahre alter Mann, der bei einem schweren Autounfall vor 15 Jahren das Bewusstsein verlor und seitdem zwar selbständig atmen konnte, sonst aber nur ins Leere starrte, nichts fixieren konnte und auf keine Reize reagierte, ist von Neurologen wieder aus dem Wachkoma geholt worden. Der Fall aus Frankreich gilt als eine kleine medizinische Sensation, schließlich wird davon ausgegangen, dass die Aussichten auf eine Verbesserung der Gehirnaktivitäten sowie eine Rückkehr der Reaktionsfähigkeit nach so langer Zeit nur noch äußerst gering sind.
Zustand auch nach langer Krankheitsdauer veränderbar
Patienten im Wachkoma zeigen in manchen Fällen „äußere Zeichen der Wachheit, aber nach unserem Verständnis haben sie keinerlei Bewusstsein. Die sogenannten höheren Hirnfunktionen sind erloschen“, erklärt Dr. Jürgen Herzog, Chefarzt der Neurologischen Frührehabilitation der Schön Klinik München Schwabing auf der Webseite der Klinik.
„Noch vor wenigen Jahren gingen Mediziner davon aus, dass dieser Zustand nach einer bestimmten Krankheitsdauer nicht mehr veränderbar ist“, so der Experte. Doch „Heutzutage hat man das wieder etwas zurückgenommen.“
Immerhin erlangt etwa ein Viertel der Wachkomapatienten „im Langzeitverlauf tatsächlich ein echtes Bewusstsein zurück“, erläutert der Mediziner.
Das sich die Situation des Betroffenen deutlich verbessern kann, zeigt auch der Fall aus Frankreich, der im Fachblatt „Current Biology“ beschrieben wird.
Nach medizinischem Verständnis aussichtsloser Fall
Die Neurologen aus Lyon haben sich für ihre Studie einen nach medizinischem Verständnis nahezu aussichtslosen Fall ausgesucht.
Sie stimulierten bei dem Patienten, der seit 15 Jahren im Wachkoma lag, den Vagus-Nerv, jenen Hirnnerv, der die Aktivitäten fast aller Organe im Körper steuert und somit auch bei unbewussten Körperfunktionen wie bei der Verdauung, im Schlaf oder für den Herzrhythmus entscheidend ist.
Und ihr Vorgehen zeigte Erfolge: Wie „science.orf.at“ berichtet, erklärte Angela Sirigu vom Institut für Kognitionsforschung Marc Jeannerod in Frankreich: „Uns ist es nun gelungen, zu zeigen, dass man den Kontakt eines Menschen zur Außenwelt verbessern kann.“
Den Angaben zufolge zeigte sich bereits einem Monat nachdem dem Patienten der Nervenstimulator in die Brust implantiert wurde, dass die Stromtherapie wirkt: „Der Mann fing an, auf einfache Anweisungen zu reagieren, was vorher undenkbar war“, so Sirigu.
Wie es heißt, konnte der 35-Jährige unter anderem seinen Kopf auf Anweisung drehen und ein Objekt mit den Augen verfolgen.
Patient zeigte erstmals wieder Emotionen
Laut seiner Mutter fiel es dem Sohn zudem leichter, wach zu bleiben, wenn ihm sein Therapeut eine Geschichte vorlas.
Zudem zeigte er auch erstmals wieder Emotionen. Den Angaben zufolge stellten die Forscher bei dem Patienten „ein Lächeln auf der linken Wangenhälfte und Tränen“ fest, als sie die Lieblingsmusik des 35-Jährigen auflegten.
„Nach vielen Jahren im Wachkoma hat er nun einen Zustand minimalen Bewusstseins erreicht“, berichten die Forscher.
Nun gilt es, die Erfolge auch bei anderen Patienten zu bestätigen. Bislang war der Vagus-Stimulator nur bei der Behandlung von Epilepsie und Depressionen eingesetzt worden. (ad)
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