Herzchirurg: Fettablagerungen bei Arterienverkalkung kommen nicht aus dem Blut
Arterienverkalkung ist eine weit verbreitete Erkrankung, die häufig zu tödlichen Herz-Kreislauf-Krankheiten wie Herzinfarkt und Schlaganfall führt. Als Auslöser für Arteriosklerose gelten Fette aus dem Blut. Doch einer neuen Theorie zufolge ist dem nicht so. Ein Mediziner meint, die Ablagerungen seien Überreste abgestorbener Zellen der Gefäßwand.
Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems
Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge werden jährlich 17,5 Millionen Todesfälle auf Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems zurückgeführt. In Deutschland sind sie Todesursache Nummer eins. Auch Arteriosklerose (Arterienverkalkung) hat für das Herz-Kreislauf-System dramatische Folgen. Die häufigsten sind Herzinfarkt und Schlaganfall. Doch wie entsteht Arteriosklerose? Laut einem deutschen Spezialisten führen nicht Fette aus dem Blut, sondern Versorgungsstörungen an der Gefäßaußenwand zu Arterienverkalkung.
Herzexperte stellt gängige Theorie infrage
Wie es in einer Mitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) heißt, geht die seit Jahrzehnten vertretene Lehrmeinung bezüglich der Ursache für Arteriosklerose von einer „Verkalkung“ der Arterien wie zum Beispiel der Herzkranzgefäße aus, weil sich Fette aus dem Blut an der Innenwand der Blutgefäße anlagern. Als Reaktion des Immunsystems bildet sich dort die sogenannte Plaque, die mit der Zeit das Gefäß verstopfen kann.
Doch der Herzchirurg Professor Dr. Axel Haverich, Direktor der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie der MHH, vertritt in einem Artikel in der Fachzeitschrift „Circulation“ eine ganz andere Theorie.
Der Mediziner ist davon überzeugt, dass die Fettablagerungen nicht aus dem Blut kommen, sondern vielmehr Überreste abgestorbener Zellen der Gefäßwand sind.
Verschlüsse der Versorgungsblutgefäße durch Entzündungen
Häufigster Auslöser von Verschlüssen der Versorgungsblutgefäße in der Außenwand der Arterie – die sogenannten Vasa vasorum – sind Entzündungsreaktionen, die durch Viren, Bakterien und Feinstaub entstehen, aber auch durch schädliche Fettpartikel (oxidiertes LDL-Cholesterin).
Die abgestorbenen Zellen einschließlich der Fettreste werden vom Immunsystem abgebaut. Durch die Reparaturprozesse des Immunsystems entstehen dort „Zellabfälle“, die sogenannten Plaques, die zu einer Verdickung der Arterieninnenwand führen und schließlich einen Verschluss des Muttergefäßes herbeiführen können.
Nur bestimmte Abschnitte verkalkt
„Während hunderter Bypassoperationen konnten wir feststellen, dass immer nur bestimmte Abschnitte der Herzkranzgefäße verkalkt waren, während dasselbe Gefäß an anderen Stellen niemals krankhaft verändert ist“, berichtete Professor Haverich.
„Diese Beobachtung machten wir auch in anderen Stromgebieten, beispielsweise im Oberschenkel. Gemeinsam war den arteriosklerosefreien Stellen, dass sie außen von Muskel umgeben waren. Da alle kleineren Arterien des Menschen ohnehin nur selten betroffen sind, muss bezweifelt werden, dass der Prozess a) eine generalisierte Erkrankung darstellt, die b) an der Innenwand beginnt.“
Entdeckung neuer Risikofaktoren
Seine Zweifel an der bisherigen Lehrmeinung seien auch von der Entdeckung neuer Risikofaktoren für die Arteriosklerose genährt worden: So wurde in zahlreichen Untersuchungen anderer Wissenschaftler in den vergangenen Jahren ein eindeutiger Zusammenhang zwischen einer erhöhten Herzinfarktrate und dem Auftreten von Grippeepidemien mit Lungenentzündungen, aber auch durch Feinstaub-Exposition nachgewiesen.
Außerdem wurden mehr als 30 verschiedene Mikroben anhand ihrer DNA in arteriosklerotischen Plaques isoliert. Diese Zusammenhänge seien mit der bisherigen Theorie der erhöhten Blutfette allein nicht zu erklären.
Gesunde Ernährung und körperliche Aktivitäten
Die neue Theorie zur Entstehung von Arteriosklerose biete erweiterte Ansatzpunkte für die Entwicklung innovativer Behandlungsansätze der Erkrankung.
Bis diese den Patienten zur Verfügung stehen, empfiehlt Professor Haverich zur Prävention der Arteriosklerose: „Neben den bekannten, günstigen Lebensgewohnheiten wie gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und Bewegung sollte die Verhinderung und Bekämpfung von Infektionen als Prävention der gefährlichen Arterienverkalkung Beachtung finden. Zu nennen sind hier zum Beispiel die regelmäßige Grippeschutzimpfung, die Sanierung von chronischen Entzündungen und – vor allem – körperliche Aktivität.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.