Können Schmerzen durch eine bewusste Beeinflussung durch unsere Gedanke gelindert werden? Viele werden denken, das sei unrealistisch oder gehöre in die Abteilung “Wunderheilung”. Doch genau das kann wissenschaftlich bestätigt die Biofeedback-Therapie.
Bei dieser werden dem Patienten unbewusste Körpersignale z.B. durch Computereinsatz zurückgemeldet, wodurch gelernt werden kann, diese stärker zu beeinflussen. Erfolge durch das neue Verfahren zeigen sich bei vielen Krankheitsbildern wie z.B. Migräne und Spannungskopfschmerzen.
Herzschlag und Atmung werden bewusst beeinflusst
Heilen mit der Kraft der Gedanken: Diese Idee steckt hinter der sanften Methode zur Schmerzlinderung namens „Bio-Feedback“. Bei diesem handelt es sich um ein besonderes Verfahren der Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin, durch welches unbewusste Körperfunktionen “bewusst” wahrgenommen und dadurch besser kontrolliert werden sollen. „Beim Biofeedback geht es darum, unwillkürliche Funktionen wie Herzschlag, Hauttemperatur, Schweißbildung, Atmung oder Muskelaktivität willentlich zu beeinflussen“, erläutert Lothar Niepoth, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Biofeedback (DGBfb), im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“.
Spezielle Geräte wandeln unbewusste Funktionen in sichtbare Signale um
Um diese „Biosignale“ aufzeichnen und in sichtbare (als Grafik auf dem Monitor) oder hörbare (Töne) Signale umwandeln zu können, benötigt der Biofeedback-Therapeut spezielle Geräte. Entspannt sich der Patient während der Behandlung, zeigen die Geräte die körperlichen Veränderungen durch diesen Zustand an. Durch das visuelle bzw. auditive Feedback der unbewussten Prozesse lernt der Betroffene, den eigenen Körper besser zu verstehen bzw. erlebt, wie sich Entspannung anfühlt und wie sie sich dieses Gefühl verstärken lässt. „Es handelt sich um ein objektives Verfahren zur Messung, Verstärkung und Rückmeldung körperlicher Signale“, erklärt Prof. Peter Kropp, Vizepräsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft und Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Universität Rostock.
Die Biofeedback-Therapie wird mittlerweile in vielen Bereichen eingesetzt und eignet sich aus Expertensicht zur begleitenden Behandlung zahlreicher Krankheiten und Symptome wie z.B. Bluthochdruck, Asthma bronchiale, Rückenschmerzen und chronischen Muskelverspannungen, ebenso wird sie z.B. bei psychisch-neurologischen Erkrankungen wie Epilepsie oder der so genannten Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssstörung (ADHS) eingesetzt. Auch bei Migräne hat es sich bereits vielfach bewährt, mittels Bio-Feedback in Interaktion mit dem Körper zu treten. Bei der Vorbeugung von schmerzhaften Migräneattacken sei die Therapie sogar genauso effektiv wie Medikamente, betont Prof. Peter Kropp gegenüber der „dpa“. Daher habe die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) die Biofeedbacktherapie anerkannt und als Behandlungsempfehlung in ihre Leitlinien aufgenommen.
Metaanalyse belegt die Wirksamkeit des Verfahrens
Bislang ist noch nicht vollständig geklärt, wie eine Migräne-Attacke entsteht. Bekannt ist jedoch, dass sich bei vielen Betroffenen vor Beginn der Schmerzphase zunächst die Hirnarterien verengen (Vasokonstriktion), dann aber während des Anfalls schlagartig wieder erweitern. Beim Biofeedback kann daher ein Sensor an der Stirn befestigt werden, welcher den Durchmesser der Schläfenarterie misst und diesen z.B. in Form von Balken auf einem Bildschirm anzeigt. Der Patient versucht nun, die Gefäßweite bzw. den Abstand zwischen den Balken mit der Kraft seiner Gedanken zu verändern, indem er sich z.B. Kälte vorstellt, um die Arterie zu verengen. „Es gibt keine Strategie, die für alle Patienten passt. Da muss man einfach ausprobieren, was funktioniert“, erklärt Kropp.
Einen garantierten Erfolg gibt es dementsprechend beim Bio-Feedback nicht. Sehr wichtig für ein gutes Ergebnis ist das Engagement des Betroffenen, denn laut der Diplom-Psychologin Julia Graef von der Universität Marburg müsse der Patient bei dieser Methode mitarbeiten. Schon vor einigen Jahren hatten Wissenschaftler der Uni Marburg um Yvonne Nestoriuc im Rahmen einer Metaanalyse mehr als 50 Studien zur Wirksamkeit von Biofeedback bei Migräne ausgewertet. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Methode sowohl die Dauer als auch die Häufigkeit der Anfälle reduziert.
Übungen zu Hause sind maßgeblich für den Erfolg
„Im Schnitt sind acht bis elf Sitzungen notwendig, um die Strategien gegen den Schmerz zu erlernen“, erklärt Julia Graef, die selbst als Bio-Feedback-Therapeutin arbeitet. Neben dem sei es aber auch sehr wichtig, dass zu Hause geübt wird. Denn die Methode kann nur dauerhaft Erfolg haben, wenn der Patient lernt, seine individuellen Strategien gegen die Schmerzen auch ohne die Rückmeldung des Computers anzuwenden.
Wichtig sei es zudem, bei der Suche nach einem geeigneten Therapeuten genau hinzuschauen. Denn die Therapie werde auch von unseriösen Anbietern beworben, warnt Lothar Niepoth. „Skeptisch sollte man immer sein, wenn ein Therapeut Heilsversprechen gibt“, so der Experte. Hilfreiche Informationen könnten bei der Deutschen Gesellschaft für Biofeedback und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft eingeholt werden. Die Kosten für eine Stunde Bio-Feedback bei einem professionellen Anbieter würden sich laut Niepoth auf gut 80 Euro belaufen – von den Krankenkassen aber nur in wenigen Fällen übernommen. (nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.