Sprossen verursachen massenhaftes Auftreten der gefährlichen EHEC-Symptome
10.06.2011
Die Ursache der EHEC-Infektionen ist offenbar geklärt. Nachdem der niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert Lindemann bereits vergangenen Sonntag die Sprossen eine Biohofs im Landkreis Uelzen für das massenweise Auftreten der EHEC-Symptome verantwortlich gemacht hatte, kommt nun auch das Robert-Koch-Institut zu dem Ergebnis, dass die Sprossen aller Wahrscheinlichkeit nach die Quelle der EHEC-Infektionen bilden – gleichzeitig wurde Entwarnung für die bisher in Verdacht stehenden Tomaten, Gurken und Salat erteilt.
Das Rätsel über die Verbreitung der aktuellen EHEC-Infektionen ist anscheinend gelöst. Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI) Reinhard Burger erklärte, dass die Sprossen des Uelzener Biohofs als Quelle der Infektionen „eingegrenzt“ werden konnten. Gemeinsam mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und dem Bundesamt für Risikobewertung teilte das RKI heute in Berlin mit, die Bohnen-Sprossen hätten als eindeutige Ursache der massenweise auftretenden EHEC-Symptome identifiziert werden können.
Erster Nachweis der EHEC-Erreger auf Bohnen-Sprossen
Obwohl zu dem Zeitpunkt der Pressekonferenz noch kein eindeutiger Nachweis des für die aktuelle EHEC-Infektionswelle verantwortlichen Erregerstammes HUSEC 041 (Serotyp O104:H4) auf den Bio-Sprossen vorlag, kamen die Behörden einstimmig zu dem Schluss, dass die EHEC-Infektionen sich von dem Biobetrieb in Uelzen aus verbreitet haben. Zwar liege bisher kein Nachweis des Erregers auf den Bohnen-Sprossen vor, doch anhand der Lieferwege konnten die Sprossen als Infektionsquelle eindeutig ermittelt werden, erklärte RKI-Präsident Reinhard Burger heute Vormittag. Bei der Überprüfung der Lieferdokumenten und der intensive Befragung der Patienten haben sich die Hinweise auf die Sprossen als mögliche Ursache der EHEC-Infektionen soweit verdichtet, dass die Behörden von einer eindeutigen Bestimmung der Infektionsquelle ausgehen – auch wenn HUSEC 041 bis dato nicht auf den Sprossen nachgewiesen werden konnte. Im Nachgang zu der gemeinsamen Pressekonferenz des RKI, des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und des Bundesamts für Risikobewertung gab das Düsseldorfer Verbraucherschutzministeriums jedoch bekannt, dass Forscher aus Nordrhein-Westfalen erstmals den gefährlichen EHEC-Erreger HUSEC 041 auf den Sprossen des Uelzener Biohofs nachgewiesen haben. Allerdings stehe eine letzte Überprüfung der Ergebnisse noch aus.
Von den EHEC-Symptomen zur Quelle der Infektionen
Auf die Spur der EHEC-Erreger kamen die Behörden durch die intensive Befragung sämtlicher Patienten mit schweren EHEC-Symptomen zu ihren vorherigen Mahlzeiten und anderen möglichen Infektionsquellen. Hilfreich bei der Identifizierung der Infektionsquelle war auch, dass häufig Personen erkrankten, die in der selben Gemeinschaftseinrichtung beziehungsweise dem selben Restaurant gespeist hatten. Die Überprüfung der Lieferscheine ergab bereits einige Hinweise auf eine mögliche Infektion durch die Sprossen. Schließlich haben auch die Fotos einer Reisegruppe, den Experten bei der Suche nach dem Ursprung der EHEC-Infektionen geholfen, berichtete Reinhard Burger. Die Teilnehmer hatten bei einem Restaurantbesuch ihr Essen fotografiert und nachdem einige von ihnen unter eindeutigen EHEC-Symptomen litten, nahmen die Experten die Bilder genauer unter die Lupe. Dabei entdeckten sie auf den Salattellern der Betroffenen die jetzt als Ursache der EHEC-Infektionswelle benannten Bohnen-Sprossen. Eine statistisch belastbare Aussage war jedoch trotz früherer Anzeichen auf die Sprossen als Ursprung der EHEC-Infektionen nicht möglich, da erst eine ausreichende Anzahl von infizierten Restaurantbesuchern bekannt und verfügbar sein musste, erklärte der RKI-Präsident.
Menschen Hauptreservoir des neuen EHEC-Erregers?
Die Behörden konnten neben der eindeutigen Bestimmung der EHEC-Infektionsquelle auch weitere Details zu dem neuen, besonders aggressiven Erregerstamm HUSEC 041 bekannt geben. Entgegen den herkömmlichen Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) scheint das Hauptreservoir von HUSEC 041 nicht bei den Wiederkäuern sondern beim Menschen zu liegen. Der Münsteraner EHEC-Experte Helge Krach erklärte, dass der neue EHEC-Erreger bisher nur beim Menschen vorkomme und daher davon auszugehen sei, dass die Menschen das Reservoir des Ausbruchsstamms bilden. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin. Die Sachlage biete mehrere Hinweise darauf, dass der Mensch die Quelle der Verseuchung von Lebensmitteln und Umwelt mit dem gefährlichen Erreger HUSEC 041 bildet, erklärte das Bundesinstitut für Risikobewertung.
Abklingen der EHEC-Infektionswelle in Sicht
Angesichts der eindeutigen Bestimmung der EHEC-Infektionsquelle, erteilten die Behörden Entwarnung für die bisher unter Verdacht stehenden Tomaten, Gurken und Blattsalate. Die Landwirte zeigten sich erleichtert und auch im Ausland wurde die Entwarnungen begrüßt. Die russische Staatsführung erklärte, dass die gestoppten Gemüseimporte aus der EU zeitnah wieder zugelassen werden sollen. Sobald entsprechende Garantieerklärungen für die Sicherheit des Gemüses vorlägen, werden der Import von Gemüse aus der EU wieder aufgenommen, betonte Ministerpräsident Dmitri Medwedew im Anschluss an eine Zusammenkunft mit der EU-Führung. Insgesamt scheint sich die Lage um die aktuelle EHEC-Epidemie in Deutschland langsam zu entspannen. Nicht nur, dass die Infektionsquelle ausfindig gemacht werden konnte, auch die rückläufigen Infektionszahlen deuten auf ein Abklingen der Infektionswelle hin. Zudem scheinen die Mediziner sich im Zuge der Krise immer besser auf die Behandlung der Patienten mit schweren EHEC-Symptomen eingestellt zu haben. Während anfänglich der Krankheitsverlauf durch die falsche medizinische Behandlung (zum Beispiel mit Antibiotika) oftmals noch verschlimmert wurde, sind die Ärzte nun besonders für die Symptome der EHEC-Infektionen sensibilisiert und wissen welche Handlungsoptionen bestehen. (fp)
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Bild: Markus Wegner / pixelio.de
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