Botox-Spritzen sollen nicht nur Falten glätten sondern auch psychische Erkrankungen lindern
27.02.2012
Es klingt fast ein bisschen paradox: Ausgerechnet Botox-Spritzen, die im Allgemeinen mehr mit Schönheitskorrekturen und übertriebenen Schönheitsidealen in Verbindung gebracht werden, sollen auch der Psyche bei Depressionen helfen. Dies fanden Wissenschaftler aus Hannover und Basel heraus.
Durch Botox gingen Symptome mindestens um die Hälfte zurück
30 Probanden nahmen an der Untersuchung teil, deren Ergebnisse kürzlich im Fachblatt „Journal of Psychiatric Research“ veröffentlicht wurden. Bei den Studienteilnehmer handelte es sich um Personen mit diagnostizierten Depressionen, gegen die Antidepressiva nicht die gewünschte Wirkung zeigten. Eine Hälfte der Probanden erhielt Injektionen mit Botox (Botulinumtoxin), die andere Gruppe eine Placebo-Injektion.
Bereits nach zwei Wochen zeigten die Patienten aus der Botox-Gruppe deutlich reduzierte Symptome. Nach weiteren vier Wochen hatte sich die Ausprägung der Symptome bei 60 Prozent der Teilnahmer mindestens um die Hälfte reduziert. Bis zur Beendigung der Studie nach 16 Wochen traten weiterhin deutliche Verbesserungen auf, während sich in der Placebo-Gruppe insgesamt nur geringe Erfolge zeigten, wie die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) mitteilte.
Ein großer Vorteil der Behandlung mit Botox liege zum einen in der Wirkung, die mit nur einer Spritze über mehrere Wochen anhalte und zum anderen in den geringen Nebenwirkungen, berichtete Prof. Tillmann Krüger von der MHH-Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie. „Botulinumtoxin könnte ein neuer Bestandteil in der Depressionsbehandlung werden“, erklärte der Psychiater. Jedoch sind noch weitere Studien erforderlich bevor die Behandlungsmethode im medizinischen Alltag eingesetzt werden kann. Besonders wichtig sei herauszufinden, wie genau und unter welchen Bedingungen Botox Depressionen lindern kann. Botox wird bereits seit vielen Jahren zur Therapie neuromuskulärer Störungen angewendet, wie beispielsweise bei Lidkrämpfen.
Botox soll auch Migräne lindern
Einige Studienergnisse hatten nahe gelegt, dass Botox als wirksames Mittel gegen Migräne eingesetzt werden kann. In den USA und Großbritannien wurde das Mittel für die Behandlung von Migräneattacken bereits zugelassen. Auch in Deutschland wurde im letzten Jahr ein entsprechendes Zulassungsverfahren bei der Arzneimittelbehörde beantragt.
In Untersuchen wurde beobachtet, dass Injektionen im Kopf und Nacken des Patienten zu einer deutliche Verbesserung seiner Beschwerden führten. Die Ergebnisse von zwei „PREEMPT-Studien“ (Phase III Research Evaluating Migraine Prophylaxis Therapy) legten dar, dass die Schmerzen durch Botox- Injektionen um gut die Hälfte reduziert wurden. Zudem hätten die Probanden während der Botox- Therapie weniger herkömmliche Kopfschmerztabletten einnehmen müssen.
Experten bezweifeln jedoch, ob das Nervengift Botox (Botulinumtoxin) tatsächlich die Beschwerden lindert und das Auftreten einer chronische Migräne mindert. Die Herausgeber des „Drug and Therapeutics Bulletin“ konfrontierten die britischen Arzneimittelbehörde mit dem Vorwurf, das teure Nervengift zugelassen zu haben, obwohl die vorliegenden Datenlage noch unzureichend ist. Nach Aussagen der Experten würden sich die Symptome bei jedem zehnten Patienten durch die Botox-Therapie sogar verschlimmern. In rund zehn Prozent der Fälle würden darüber hinaus Nebenwirkungen wie starker Juckreiz, Hautausschläge, Steifer Nacken und Krämpfe auftreten. In seltenen Fällen könnte es sogar zu einem anaphylaktischen Schock kommen, der durch eine Überreaktion des Immunsystems zum Versagen der Organe führen und lebensbedrohlich sein kann. (ag)
Lesen Sie auch:
Vermehrter Einsatz von Botox gegen Falten
Botox als Arzneimittel gegen Migräne?
Botox als Migräne-Mittel zugelassen
Botox soll bei chronischer Migräne helfen
Magnetische Impulse gegen Migräne
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.