Ausbreitung Antibiotika-resistenter Erreger vermeiden, aber wie?
03.10.2012
Gegen Antibiotika resistente Erreger sind in den Kliniken deutschlandweit ein wachsende Problem. Die multiresistenten Keime heißen MRSA , VRSA oder ESBL und sind für die Krankenhauspatienten eine nicht zu unterschätzende Bedrohung. Ursache der Entwicklung ist der leichtfertige beziehungsweise unsachgemäße Umgang mit Antibiotika und die mangelnde Einhaltung von Hygienevorschriften, berichteten die Experten auf dem seit Sonntag laufenden Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) in Hamburg.
Im Rahmen der 64. Jahrestagung der DGHM haben sich gestern mehrere Vorträge explizit der vermehrten Ausbreitung von multiresistenten Erregern und möglichen Gegenmaßnahmen gewidmet. Wie der Tagungspräsident Professor Martin Aepfelbacher vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zuvor berichtete, sind „nahezu alle bekannten Antibiotika-resistenten Krankenhauskeime weltweit und auch in Deutschland auf dem Vormarsch.“ Die Erreger können gefährliche Infektionen auslösen, gegen die keine Medikamente zur Verfügung stehen. Um die weitere Zunahme der Resistenzen zu minimieren seien verbesserte Hygienemaßnahmen und Beschränkungen des Antibiotika-Einsatzes auf ein unbedingt erforderliches Maß geboten, berichteten die Experten auf der DGHM-Jahrestagung. Auch sollte ein Monitoring eingerichtet werden, dass den Einsatz von Antibiotika und neue Resistenzen unmittelbar erfasst. Ebenfalls müsse der Infektionsschutz in den Kliniken verbessert und die Entwicklung neuer wirksamer Antibiotika vorangetrieben werden.
Infektionen mit multiresistenten Klinikkeimen
Rund 3,5 Prozent der Klinikpatienten erkrankten an einer Infektion mit multiresistenten Krankenhauskeimen, berichteten die Experten auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie unter Bezug auf die Daten des Robert-Koch-Instituts in Berlin. Für die ohnehin geschwächten Patienten sind derartige Infektionen ein erhebliches Gesundheitsrisiko. Zu den vermehrt auftretenden Antibiotika-resistenten Klinikkeimen zählen zum Beispiel Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) Bakterien, aber auch Vancomycin-resistente Staphylococcus aureus (VRSA) Stämme und Extended Spectrum Beta-Lactamase (ESBL) produzierende Erreger aus der Gattung Escherichia coli (E. coli) und Klebsiellen. Da mittelfristig keine neuen Antibiotika zur Verfügung stehen, betrachten die Experten die aktuelle Entwicklung mit großer Sorge. Allerdings seien gegen die seit mehr als 50 Jahren bekannten MRSA-Keime in den vergangenen zwölf Jahren wirkungsvolle Reserveantibiotika entwickelt worden. Die Behandlung der Patienten gestaltet sich jedoch trotzdem meist schwierig und langwierig.
Fehlende Behandlungsoptionen bei Infektionen mit multiresistenten Erregern
Wie der Präsident des DGHM-Kongresses, Professor Martin Aepfelbacher, erläuterte, kann die Bedrohung durch Antibiotika-resistenten Keime nur durch eine frühzeitige Diagnostik, ein intensiv durchgeführtes Hygienemanagement und ausgedehnte Maßnahmen zur Vorbeugung von Infektionen bekämpft werden. Vor allem die sogenannten ESBL-Keime, die als Infektionserreger im Darm vorkommen (E. coli und Klebsiellen), sind nach Ansicht der Experten eine nicht zu unterschätzende Bedrohung, da bei entsprechenden Infektionen bislang keine Behandlungsoptionen bestehen. Hier könne nur durch eine Verbesserung der Prävention das Risiko im Sinne der Patienten minimiert werden. Auch ein sorgsamerer Umgang mit Antibiotika sei dringend geboten.
Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung begünstigt Entstehung resistenter Erreger
Welche fatalen Konsequenzen der unsachgemäße Einsatz von Antibiotika hat, zeigt sich nicht nur in den Kliniken, sondern auch in der Tierhaltung. Hier werden die Medikamente oftmals verbotener Weise zur Wachstumsförderung eingesetzt, was die Entstehung multiresistenter Keime begünstigt. Den Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) zufolge sind in den Mastbetrieben deutschlandweit 82 Prozent der Schweine und 86 Prozent der Personen, die in der Schweinehaltung arbeiten, mit multiresistenten Keimen besiedelt. Nicht nur die Verwendung der Antibiotika in Kliniken, sondern auch deren Einsatz im Bereich der Tierhaltung, sollte daher deutlich reduziert werden. (fp)
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