Vom Markt genommenes Granulat für Kinder-Früchtetee über Tochterfirma weiter im Angebot
01.08.2013
Nach der massiven Kritik der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch hatte der Hersteller Hipp sein Instantpulver für Kindertee, das zu mehr als 90 Prozent aus Zucker bestand, im vergangenen Jahr vom Markt genommen, um den eigenen Ruf zu wahren. Die Kritik hält den Konzern jedoch nicht davon ab, das Produkt über eine Tochterfirma weiterhin zu vertreiben, berichtet Foodwatch in einer aktuellen Pressemitteilung. „Für Bebivita, eine 100-prozentige Tochterfirma, hat Hipp offenbar die eigenen Maßstäbe außer Kraft gesetzt“, so der Vorwurf der Verbraucherschützer.
Den Angaben von Foodwatch zufolge widerspricht der Instant-Kinder-Früchtetee „allen gängigen Ernährungsempfehlungen und ist auch noch mit einem Zusatzstoff versehen, den Hipp selbst als zahnschädlich bezeichnet.“ In einem Brief sei der Firmenchef Claus Hipp aufgefordert worden, die Produkte einzustellen. Mit dem Vertrieb des Früchtetees aus Granulat, das zu 94 Prozent aus Zucker besteht, über die Tochterfirma Bebivita verstoße das Unternehmen gegen den oft postulierten eigenen Anspruch, „kindgerechte“ und „gesunde“ Produkte für Kinder anzubieten, kritisierte Foodwatch. So sollten Kinder „allen gängigen Ernährungsempfehlungen zufolge Tee nur ungesüßt trinken.“
Bebivita-Kindertee mit hohem Zuckergehalt und zahnschädigender Zitronensäure
Nicht nur der hohe Zuckergehalt des Kindertees, sondern auch da enthaltene „Säuerungsmittel Zitronensäure (E 330), das bei der Marke Hipp unter Verweis auf gesundheitliche Gründe nicht eingesetzt wird“, ist nach Ansicht der Verbraucherschutzorganisation äußerst kritisch zu bewerten. In der Öffentlichkeit rühme sich das Unternehmen Hipp damit, dass seine Produkte „keinerlei zahnschädliche Zitronensäure“ enthielten, doch „bei Bebivita gelten diese Bedenken offensichtlich nicht“, bemängeln die Verbraucherschützer. Da den meisten Kunden bislang nicht bewusst gewesen sein dürfte, dass Bebivita eine Tochterfirma von Hipp ist und sich auf den Etiketten kein Hinweis in dieser Richtung findet, musste Hipp allerdings keinen Imageschaden befürchten. Ein wichtiger Aspekt, da der Ruf als Qualitätsmarke mit Produkten auf Basis meist ökologischer Zutaten eine wesentlicher Bestandteil der Vermarktungsstrategie von Hipp ist.
Hipp-Kindertee Gewinner des Goldenen Windbeutels 2012
Der Ruf von Hipp als Hersteller hochqualitativer Baby- und Kindernahrung nahm im Jahr 2012 bereits beachtlichen Schaden, nachdem Foodwatch in dem Granulat für Kindertee einen extrem hohen Zuckergehalt nachgewiesen hatte. „Innerhalb weniger Tage hatten bereits 10.000 Verbraucher eine Beschwerde-E-Mail an das Unternehmen unterzeichnet“, berichtet Foodwatch. Mit deutlich mehr als 40.000 Stimmen wurde das Produkt von den Verbrauchern anschließen zum Goldenen Windbeutel 2012 gewählt, ein Negativpreis für die dreisteste Werbelüge des Jahres 2012. Das Unternehmen erkannte schnell, was hier auf dem Spiel stand, und nahm die Zuckergranulat-Tees vom Markt. „Seit Ende des Jahres sind tatsächlich einfache Teebeutel ohne Zuckerzusatz als Ersatzprodukt im Handel“, berichtet Foodwatch. Allerdings werde auch der alte Zuckertee unter dem Namen Bebivita weiterhin verkauft.
Für manche Produkte steht Claus Hipp lieber nicht mit seinem Namen
„Es gibt also Produkte, für die Claus Hipp nicht mit seinem Namen stehen will – die verkauft er dann eben einfach unter dem Namen Bebivita“, so das Fazit von Foodwatch. Bei Bebivita gelten tatsächlich offenbar andere Maßstäbe in puncto Qualität als bei der Muttermarke Hipp. Die deutlich günstigeren Produkte haben um Beispiel nicht den Anspruch eines biologischen Anbaus. Doch ein derart hoher Zuckergehalt oder die Verwendung zahnschädigender Säuerungsmittel lassen sich nach Ansicht der Verbraucherschützer auf keinem Wege rechtfertigen. Klar sei, dass Tee gar keinen Zuckerzusatz braucht – „da hilft es auch nicht, wenn sich Hipp mit Apfelschorle oder Limonade vergleicht“, berichtet Foodwatch. Das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ zitiert den Experten für Lebensmittelwerbung bei Foodwatch, Oliver Huizinga, mit der Aussage: „Man möchte es Herrn Hipp so gern abnehmen, dass es nicht nur um Profit, sondern wirklich auch um die Gesundheit der Kinder geht – die Produktpolitik bei der Tochterfirma Bebivita legt eher den gegenteiligen Eindruck nahe.“
Erklärungsversuche des Unternehmens
Auch Hipp wurde von „Spiegel Online“ die Möglichkeit einer Stellungnahme geboten. In dieser betont das Unternehmen, man habe natürlich „nach der zunehmenden Diskussion um den Zucker und aktuellen ernährungswissenschaftlichen Empfehlungen reagiert.“ Das Tee-Sortiment sei entsprechend angepasst und beispielsweise die empfohlene Dosierung der Bebivita-Tees halbiert worden, wodurch der Zuckergehalt in dem Getränk deutlich sinke. Das der "Kindertee" möglichst keinen Zucker enthalten sollte, scheint das Unternehmen dabei zu vergessen. Auch in Hinblick auf die nachgewiesene zahnschädigende Zitronensäure in dem Bebivita-Tee wirkt die Stellungnahme des Unternehmens fragwürdig, da hier angeblich noch nach Wegen gesucht wird, um das Säuerungsmittel künftig nicht mehr einzusetzen. Bei der Marke Hipp scheint dies jedoch seit Jahren zu funktionieren. (fp)
Bild: Ruth Rudolph / pixelio.de
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