Als „natürlich“ bezeichnetes Mineralwasser darf Schadstoffe wie Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln enthalten
02.08.2013
„Natürliches“ Mineralwasser darf Schadstoffe enthalten. Das entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Demnach beutet „natürlich“ keinesfalls „absolut rein“, so dass „natürliches“ Mineralwasser Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln enthalten darf, solange für den Menschen keine gesundheitliche Gefahr besteht. Durch das Urteil behalten fünf Quellen für Mineralwasser eine Zulassung, die das Land Baden-Württemberg zunächst aufgrund der Schadstoffbelastung versagte. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Bisher keine gesetzlichen Grenzwerte für Schadstoffe in „natürlichem“ Mineralwasser
Wie der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg urteilte, fordert das Gebot „ursprünglicher Reinheit“ der bundesweiten Mineral- und Tafelwasserverordnung „keine absolute Abwesenheit von Schadstoffen“. Das Land Baden-Württemberg hatte zuvor fünf Mineralwasserquellen die weitere Zulassung versagt, weil Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln im Wasser nachgewiesen worden waren. Der VGH wertete die Verweigerung der Zulassung als einen Verstoß gegen die Berufsfreiheit. Bisher gibt es keine Grenzwerte in der Mineralwasserverordnung. Zudem sollen die Schadstoffe nicht gesundheitsschädlich sein.
Für Qualitätsanforderungen, die mit einem derartigen Eingriff in die Berufsfreiheit einhergehen, sei eine gesetzliche Grundlage notwendig, so der VGH. Das Land Baden-Württemberg habe jedoch nur einen Wert aus einer behördeninternen Verwaltungsvorschrift zur Orientierung herangezogen, nach der für Pflanzenschutzmittel und Arzneimittel ein Wert von 0,05 Mikrogramm pro Liter Wasser festgelegt seien. Diese interne Vorschrift ersetze aber kein Gesetz.
Für einen Widerruf der Zulassung für die Mineralwasserquellen hätte ein Schaden für die Allgemeinheit, den Staat oder wichtige Güter der Gemeinschaft drohen müssen, urteile der VGH. Das sei im Fall der fünf betroffenen Mineralwasserquelle jedoch nicht der Fall gewesen. Weder der Gesundheits- noch der Verbraucherschutz erforderten ein absolut reines „natürliches“ Mineralwasser.
Das Land Baden-Württemberg kann nun Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einlegen und darüber hinaus den Bund beeinflussen, entsprechende Grenzwerte in die Mineralwasserverordnung aufzunehmen.
Krebserregende Stoffe in Mineralwasser
Für die Verbraucher hat das Urteil des VGH einen fahlen Beigeschmack. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln im Trinkwasser – aber nicht gesundheitsgefährdend? Selbst Stiftung Warentest rät Verbrauchern dazu, Leitungswasser statt stillem Mineralwasser zu trinken.
Im April diesen Jahres untersuchten die Verbraucherschützer 25 verschiedene Mineralwässer mit Fruchtgeschmack. Auch dabei stellte sich heraus, dass teilweise unerwünschte und sogar gesundheitsgefährdende Stoffe in den Proben enthalten waren. Zum einen habe der Geschmack nicht überzeugt, da die Produkte zwar beispielsweise mit „Apfelgeschmack“ beworben worden seien, jedoch nur Kunstaromen beinhalteten. Letztlich erhielt kein einziges getestetes Mineralwasser mit Geschmack die Note „gut“, fünf wurden aber mit „mangelhaft“ bewertet.
Häufig sei zudem ein hoher Zuckergehalt in den Wässern enthalten, berichteten die Verbraucherschützer. Davon waren vor allem Getränke mit Erdbeergeschmack betroffen, bei denen in 1,5 Liter rund 70 Gramm Zucker enthalten waren. Das entspricht in etwa einer Menge von 23 Stückchen Würfelzucker.
Am besorgniserregendsten war jedoch ein anderer Befund. Benzol, ein krebserregender Stoff, sei laut Stiftung Warentest in drei Getränken mit Kirschgeschmack gefunden worden. (ag)
Bild: Lupo / pixelio.de
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