Foodwatch erhebt schwere Vorwürfe gegen Regierung wegen Täuschungen über EHEC-Krise
20.09.2013
2011 verbreite der EHEC-Erreger Angst und Schrecken. Lange tappen die Behörden im Dunkeln bezüglich der Herkunft des Keimes. Knapp 3.842 Menschen erkrankten damals zum Teil schwer an einer EHEC-Infektion, die für 53 Patienten tödlich endete. Eine vollständige Aufklärung hat es nie gegeben, behauptet jetzt die Verbraucherorganisation Foodwatch. Sie wirft der Regierung vor, die Bevölkerung wissentlich getäuscht zu haben. Es seien höchstens 500 Krankheitsfälle aufgeklärt worden. Bei allen anderen sei die Ursache der EHEC-Infektion bis heute ungeklärt.
Mindestens 87 Prozent der EHEC Fälle wurden nicht aufgeklärt
Das Robert-Koch-Institut (RKI), die zentrale Einrichtung der Bundesregierung für die Krankheitsüberwachung und -prävention, wies zwar alle Vorwürfe von Foodwatch zurück, bestätigte aber einige Ergebnisse einer Untersuchung der Verbraucherschutzorganisation, nach denen lediglich ein kleiner Teil der Krankheitsfälle aufgeklärt wurden. „Mindestens 87 Prozent aller gemeldeten EHEC-Fälle wurden ohne Klärung der Ansteckungsursache zu den Akten gelegt. Das hat das zuständige Robert-Koch-Institut nun gegenüber Foodwatch bestätigt.“, informiert die Organisation in einer Pressemitteilung. Wie eine Sprecherin des RKI am Freitag mitteilte, sei es bei Lebensmittelinfektionen aber normal, dass nur ein Teil der Patienten von der Behörde befragt werde.
Foodwatch: Regierung täuscht Bevölkerung über Aufklärung der EHEC-Fälle
Im Mai 2011 – kurz nach dem EHEC-Ausbruch – wurde ein niedersächsischer Sprossenerzeuger von den Behörden als Auslöser der EHEC-Welle identifiziert. Im Frühjahr 2012 präsentierten Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CDU) und Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) dann Bockshornkleesamen aus Ägypten, die von dem Betrieb im Kreis Uelzen gekeimt und vertrieben wurden, als die Ursache der Erkrankung „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“.
Doch Angaben von Foodwatch zufolge ist bis heute nicht sicher, dass der niedersächsische Hof die einzige Verbreitungsquelle des Erregers war. Im Abschlussbericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sei unter anderem von einer Gesamtliste aller EHEC-Ausbruchsorte die Rede, berichtet die Verbraucherschutzorganisation. Nach Recherchen von Foodwatch stellte sich jedoch heraus, dass es eine solche Liste nie gegeben hat. Auch das RKI soll das mittlerweile bestätigt haben. In einer ersten Liste seien lediglich 350 Krankheitsfälle untersucht und aufgelistet worden. Später habe man eine zweite Liste mit immerhin 500 Fällen erstellt.
Demnach sind etwa 3.300 EHEC-Fälle bis heute nicht aufgeklärt. „Der Verdacht liegt nahe, dass die Bundesregierung hier ein Bauernopfer zur Beruhigung der verunsicherten Bevölkerung gesucht und gefunden hat. Weder Behörden noch Bundesregierung haben offenbar ein echtes Interesse an einer Aufklärung des EHEC-Geschehens. Die Bundesregierung hat einen Erfolg gefeiert, der so ominös ist wie das Auftreten und Verschwinden des EHEC-Erregers“, kritisiert Foodwatch. (ag)
Bild: Markus Wegner / pixelio.de
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