Frauenärzte, die ihren Patientinnen zu spät zur Mammografie raten, können haftbar gemacht werden
26.09.2013
Zu diesem Urteil kam das Oberlandesgericht in Hamm, nachdem bei einer Patientin zu spät Brustkrebs diagnostiziert wurde. Der Arzt hatte es versäumt, nach einer vor zwei Jahren durchgeführten Krebsvorsorgeuntersuchung zu einem Mammographiescreening zu raten. Krebsvorsorgeuntersuchungen stehen seit einiger Zeit häufiger in der Kritik. Oft wird eine unzureichende Aufklärung seitens der Ärzte bemängelt. Auch das Mammografie-Screening ist nach wie vor umstritten. Kritiker fürchten, dass die Untersuchung bei vielen
Frauen unnötige Ängste vor einem Tumor hervorrufen, obwohl weitere Untersuchungen keine Anzeichen für eine Erkrankung entdecken. Allerdings kann es zu dramatische Folgen kommen, wenn ein Arzt seiner Patientin nicht zu einer Mammografie rät und der Krebsherd dadurch zu spät entdeckt wird. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hat nun zugunsten einer Frau entschieden, die an Brustkrebs erkrankt ist.
Geklagt hatte die Patientin, die sich jedes Jahr von ihrem langjährigen Frauenarzt vorsorglich auf Brustkrebs untersuchen ließ und der Vorsorgeuntersuchung einen hohen Wert beimisst.
Der 53-Jahrige wurden nach einer 2001 durchgeführten Mammografie geraten, erst wieder 2010 eine solche Untersuchung zu wiederholen. In der Zwischenzeit hatte der Arzt lediglich eine Sonografie (Ultraschall) sowie eine Tastuntersuchung durchgeführt. Nach der erneuten Mammografie im Jahr 2010 wurden dann bei der heute 66-jährigen Frau Anzeichen von Brustkrebs entdeckt. Daraufhin musste die Frau operiert werden. Hinzu kam eine Strahlen- und Chemotherapie, um die Erkrankung einzudämmen. Daraufhin klagte die Patientin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Sie war der Ansicht, dass ihre Erkrankung früher hätte entdeckt werden können. Eine weniger belastende Behandlung wäre möglich gewesen, hätte der Frauenarzt ihr bereits ab nach der damaligen Untersuchung zur regelmäßigen Mammografie geraten.
20.000 Euro Schmerzensgeld
Die Richter gaben der Patientin recht und sprachen ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zu. Nach deren Meinung hätte der Arzt schon 2008 zur Mammografie raten sollen, weil die Untersuchung zu dem Zeitpunkt als das einzig sicheres Verfahren gegolten habe, welches das Risiko eines tödlichen Krankheitsverlaufs verringern hätte können. Das Gericht zieht im Jahr 2008 die Grenze, weil für die davor liegenden Jahren keine zuverlässigen Aussagen möglich waren , ob der Tumor hätte früher entdeckt werden können. Die vom beklagtem Arzt durchgeführte Ultraschalluntersuchung dagegen sei nicht so sicher wie die Mammografie. Die durchgeführte Untersuchung ist nicht dazu geeignet, die Sterblichkeitsrate zu senken, da eine eindeutige Beurteilung selbst für Fachleute schwierig ist.
Grober Behandlungsfehler
Dadurch das die Patientin stets auf eine Minimierung der Brustkrebsgefahr Wert gelegt habe und sich regelmäßig einer Vorsorgeuntersuchung unterzogen hatte, stellte das Gericht außerdem einen groben Behandlungsfehler fest. Der Arzt habe ein Hormonpräparat verschrieben, dass das Brustkrebsrisiko steigern kann.
Dies wäre mit einer einfachen und vergleichsweise risikolosen Mammografie nicht passiert. Es sei außerdem sehr wahrscheinlich, dass sich bei einer früheren Krebsdiagnose noch keine Metastasen gebildet hätten. Eine weniger belastende Operation hätte dann möglicherweise ausgereicht und eine Chemotherapie hätte so vermieden werden können, entgegneten die Richter. Vor allem aber hätte sich bei einer früheren Behandlung eine günstigere Prognose für die Frau ergeben. Das Urteil ist rechtskräftig, die Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. (fr)
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