In der Stillzeit kann es leicht zu einem Milchstau kommen und in der Folge schlimmstenfalls zu einer Brustentzündung. Um dies zu verhindern, können stillende Mütter selbst ihre Brüste ausstreichen. Mit der richtigen Technik läuft so die überschüssige Muttermilch ab und der Körper wird entlastet. Auch zu anderen Gelegenheiten ist das Entleeren der Brust von Hand sinnvoll. Zum Beispiel kann man auf diese Weise auch Muttermilch gewinnen, die das Baby zu einem späteren Zeitpunkt bekommt.
Inhaltsverzeichnis
Brüste ausstreichen: Wenn Angebot und Nachfrage der Muttermilch nicht übereinstimmen
Die weibliche Brust beginnt nach der Geburt sehr schnell mit der Produktion von Muttermilch. Zunächst bildet sie nur wenige Tropfen einer gehaltvollen Vormilch (auch Kolostrum genannt), nach einigen Tagen startet dann die reguläre Milchproduktion und der Milcheinschuss beginnt. Ab diesem Zeitpunkt bestimmt vor allem die „Nachfrage“ des Kindes die Menge der Muttermilch und es entsteht normalerweise ein Gleichgewicht zwischen dem Bedarf des Kindes und der Milchproduktion der Mutter. Ist dies nicht der Fall, kann das Ausstreichen der Brüste mitunter Abhilfe schaffen.
Wann sollten stillende Frauen ihre Brüste ausstreichen?
Das Entleeren der Brüste von Hand kann aus unterschiedlichen Gründen wichtig und sinnvoll sein:
- Zu viel Muttermilch in den Brüsten und Schmerzen der Brüste.
- Milchstau-Vorbeugung, um Komplikationen wie eine Brustentzündung mit gefährlichen Folgen zu vermeiden.
- Milch-Reserve gewinnen, um das Baby später damit zu füttern (auch mit Milchpumpe möglich, die jedoch die Milchbildung weiter anregt; Ausstreichen die sanftere Variante).
- Das Stillen erleichtern, wenn die Brust zu prall ist und die Babys Schwierigkeiten haben, die Brustwarze richtig zu erfassen.
- Stark ausgeprägter Milchspendereflex bei dem die Milch mit hohem Druck in den Mund des Kindes abgegeben wird. So bekommen sie in erster Linie die „Vordermilch“, die viel Laktose, aber weniger Fett enthält und dadurch schlechter sättigt. Außerdem schlucken sie beim Trinken viel Luft, was zu Blähungen führen kann, und sie trinken oft weniger, da der hohe Druck unangenehm ist.
Es gibt immer wieder Phasen, in denen zu viel Milch in der Brust verbleibt. Sehr häufig ist das in den ersten Lebenstagen und -wochen des Babys der Fall. Zu diesem Zeitpunkt hat sich das Gleichgewicht noch nicht eingestellt. Oft ist auch die Stilltechnik von Mutter und Kind noch nicht ausgereift. Der Milcheinschuss kann sehr heftig sein und es dauert einige Tage, bis die Milchmenge dem Bedarf angepasst ist. Aber auch später kann ein Milchüberschuss entstehen, wenn beispielsweise das Kind sein Essverhalten ändert (zum Beispiel bei Krankheit oder mit zunehmendem Alter). Oftmals ist in solchen Situationen das Ausstreichen der Brüste eine echte Hilfe.
Milchstau: Symptome, Ursachen und mögliche Folgen
Ein Milchstau kann jederzeit während der gesamten Stillzeit entstehen. Besonders häufig ist er allerdings in den ersten Wochen, in denen sich die Beziehung zwischen Mutter und Kind noch einpendeln muss. Wenn ein oder mehrere Milchgänge nicht ausreichend entleert werden, staut sich die Milch in der Brust an. Das ist unangenehm und kann zu weiteren Problemen führen. Ein Milchstau kündigt sich häufig durch folgende Symptome an:
- Die Brust ist warm und häufig leicht gerötet.
- Es gibt eine druckempfindliche Stelle.
- Die Brust ist geschwollen, fühlt sich hart an und schmerzt.
Die Ursachen für einen Milchstau sind variabel:
- Ein Milchstau kann bei den schon genannten Änderungen im Stillrhythmus entstehen; zum Beispiel, weil das Baby plötzlich durchschläft oder krank ist.
- Auch Probleme mit der Stilltechnik können dazu führen, dass die Milch ungleichmäßig abgetrunken wird.
- Manche Frauen produzieren ohne erkennbare Ursache zu viel Milch. Auch das kann zu einem Milchstau führen.
- Stress und Überlastung spielen bei der Entstehung eines Milchstaus eine wichtige Rolle: Stresshormone hemmen den Milchspendereflex, sodass die Milch schlechter fließt. Die Erschöpfung der Mutter durch die Geburt und den neuen Babyalltag kann deshalb die Probleme verschlimmern.
- Lange anhaltender Druck auf die Brust kann ebenfalls zu einem Milchstau führen. Zu enge BHs, Taschenriemen, eine schlecht angepasste Tragehilfe oder das Schlafen auf dem Bauch können diesen Druck verursachen.
- Auch ein zu schnelles Abstillen kann zu einem Milchstau führen. Der Körper produziert dann noch Milch, die aber nicht mehr verwertet wird und sich deshalb in der Brust staut.
Ein Milchstau kann schnell in eine Brustentzündung übergehen. Deshalb sollten stillende Frauen mit den entsprechenden Symptomen spätestens nach einem oder zwei Tagen den Rat einer Hebamme einholen. Meist lässt sich der Milchstau mit einfachen Maßnahmen beseitigen. Das Ausstreichen der Brüste ist eine dieser Maßnahmen. Sehr wichtig bei einem Milchstau ist außerdem Ruhe. Idealerweise zieht sich die Mutter mit dem Baby ins Bett zurück und nimmt sich eine Auszeit, bis die Beschwerden sich gebessert haben. Auch bestimmte Stilltechniken können den Milchstau beseitigen. Durch unterschiedliche Stillpositionen trinkt das Baby gezielt bestimmte Bereiche der Brust leer.
Brustentzündung: Symptome, Ursachen und mögliche Folgen
Eine Brustentzündung (Mastitis) kann auch andere Ursachen haben, sehr häufig entsteht sie aber durch einen Milchstau. In der angestauten Milch können sich Krankheitserreger vermehren, die dann die Entzündung auslösen. Auch die Milch selbst kann die Entzündung verursachen, wenn sie durch den erhöhten Druck in das Gewebe außerhalb des Milchgangs sickert. Außerdem gelangen durch wunde oder verletzte Brustwarzen besonders leicht Krankheitserreger ins Innere der Brust. Die Übergänge zwischen einem Milchstau und einer Mastitis sind fließend. Eine Brustentzündung zeigt zunächst die gleichen Symptome wie ein Milchstau. Im Verlauf können aber weitere hinzukommen:
- Die Patientin spürt ein deutliches Krankheitsgefühl mit Mattigkeit, Erschöpfung und Gliederschmerzen.
- Häufig entsteht Fieber und/oder Schüttelfrost.
- Möglicherweise sind die Lymphknoten in den Achseln angeschwollen.
- Die Brust ist stark gerötet.
Eine Brustentzündung sollte zügig behandelt werden. Zunächst einmal leidet die Mutter unter der Entzündung und kann sich nicht mit ganzer Kraft um ihr Baby kümmern. Außerdem befinden sich jetzt mehr Krankheitserreger in der Milch und letztendlich kann sich aus einer Brustentzündung leicht ein Abszess oder eine noch weitreichendere Entzündung entwickeln.
Eine schwere Brustentzündung muss oft mit Antibiotika behandelt werden. Wichtig ist außerdem eine strenge Bettruhe. Das Weiterstillen ist in den meisten Fällen aber trotzdem möglich und sinnvoll.
Brust entleeren: von Hand oder mit der Pumpe?
Um überschüssige Muttermilch aus der Brust zu entfernen, kann man eine Pumpe oder einfach die Hand verwenden. Eine Milchpumpe eignet sich vor allem dann, wenn man größere Mengen Milch gewinnen möchte, um das Baby zu einem späteren Zeitpunkt mit der Flasche zu füttern. Für diesen Fall kommen viele Frauen mit der Pumpe besser zurecht.
Der große Nachteil ist jedoch: Die meisten Milchpumpen sind so gestaltet, dass sie das Saugen des Kindes nachahmen. Dadurch wird die Milchbildung angeregt. Das ist wichtig, wenn man regelmäßig ganze Milchmahlzeiten abpumpen möchte, zum Beispiel während der Arbeit oder anderen Trennungszeiten zwischen Mutter und Kind. Wenn eine Frau ohnehin zu viel Milch produziert, ist das jedoch kontraproduktiv. Kurzfristig wird zwar die Milch in der Brust reduziert, dafür produziert der Körper anschließend umso mehr.
Das Ausstreichen der Brüste von Hand ist deshalb besser geeignet, wenn es darum geht, überschüssige Milch loszuwerden. Auch für gelegentliches Entleeren der Brust zum Füttern mit der Flasche kann es angewendet werden. Der große Vorteil: Zum Entleeren von Hand braucht man keine Ausrüstung. Höchstens ein sauberes Gefäß zum Auffangen der Milch ist notwendig. Viele Frauen empfinden auch das Ausstreichen von Hand im Vergleich zu einer Milchpumpe als deutlich angenehmer.
Brüste ausstreichen – die Vorbereitung
Weil über die Brustwarzen Krankheitserreger leicht in den Körper eindringen können, ist Hygiene sehr wichtig. Die Hände müssen deshalb vor dem Ausstreichen gründlich mit Seife gewaschen werden. Wer Milch für einen sehr jungen Säugling auffangen möchte, sollte außerdem die Brust unter fließendem Wasser waschen. Bei etwas älteren Babys ist das nicht mehr nötig.
Egal, ob von Hand oder mit der Milchpumpe: Um die Brüste zu entleeren, muss zunächst der Milchspendereflex ausgelöst werden. Das ist unterschiedlich schwierig. Bei manchen Frauen fließt die Milch sehr leicht. Andere haben große Schwierigkeiten, die Milch zum Fließen zu bringen. Diese Tipps können helfen:
- Eine ruhige, entspannte Atmosphäre erleichtert das Entleeren der Brust deutlich. Es ist also wichtig, möglichst viele Stressfaktoren auszuschalten. Es sollte vor allem kein Zeitdruck bestehen.
- Musik oder Entspannungsübungen können helfen, weiteren Stress abzubauen. Auch eine bequeme Sitzposition ist hilfreich. Am besten stellt man sich schon vorher ein – je nach Vorliebe – warmes oder kaltes Getränk bereit.
- Vielen Frauen hilft es, an ihr Baby zu denken, an einem getragenen Kleidungsstück des Babys zu riechen oder sich Fotos ihres Kindes anzuschauen. Dann fließt die Milch leichter.
- Wenn die Brust warm ist, wird das Ausstreichen ebenfalls leichter. Wer die Milch nicht verwenden möchte, kann sich einfach unter die heiße Dusche stellen und dort mit dem Ausstreichen beginnen. Aber auch ein warmer Waschlappen oder ein Kirschkernkissen erfüllen diesen Zweck.
Eine Brustmassage kann das Ausstreichen ebenfalls erleichtern. So geht man dabei vor:
- Die Brust oben und unten mit beiden Händen umfassen und die Hände sanft in entgegengesetzter Richtung bewegen.
- Dann die Hände links und rechts an die Brust legen und ebenfalls sanft in die entgegengesetzte Richtung streichen.
- Schließlich die Brust mit einer Hand stützen. Die andere Hand massiert die Brust mit kleinen, kreisenden Bewegungen. Nach und nach um die ganze Brust herumwandern.
- Die Brust leicht ausschütteln.
- Zum Abschluss die Brust zur Brustwarze hin massieren.
Brüste ausstreichen mit der Hand: So funktioniert es!
Wenn die Milch nicht verwendet werden soll, kann das Entleeren der Brust unter der warmen Dusche oder in der Badewanne erfolgen. Dies ist jedoch weniger praktikabel, wenn die Milch genutzt werden soll. Hierfür benötigt man ein sauberes Gefäß – idealerweise aus Glas oder aus Hartplastik (Polypropylen) ohne Weichmacher enthalten. Eine große Schüssel ist besser geeignet als ein schmales Gefäß, damit das „Zielen“ gut gelingt.
Das Ausstreichen selbst funktioniert so:
- Man bildet mit Daumen und Finger ein C und umfasst so die Brust. Die Finger liegen unten und heben die Brust leicht an. Die Brustwarze liegt auf einer gedachten Linie zwischen Daumen und Zeigefinger. Der Abstand zur Brustwarze beträgt auf beiden Seiten etwa zwei bis drei Zentimeter.
- Aus dieser Ausgangsposition drückt man Daumen und Zeigefinger mehrfach rhythmisch zusammen. Die Brust darf dabei nicht schmerzen oder gequetscht werden. Nun sollten schon die ersten Milchtropfen zu sehen sein.
- Zwischendurch sollte der Griff immer wieder gelöst werden, damit die Milch nachfließen kann.
- Wichtig: Die Hand rutscht bei der ganzen Bewegung nicht über die Haut, damit keine Reizungen oder Abschürfungen entstehen.
- Wenn der Milchfluss geringer wird, ändert man die Position der Hand, sodass nach und nach die ganze Brust entleert wird.
- Es ist möglich, mehrmals von einer Brust zur anderen zu wechseln. Auf diese Weise können größere Milchmengen gewonnen werden. Die ganze Entleerung dauert dann etwa 20 bis 30 Minuten.
Hebammen und Stillberaterinnen können im Zweifel diese Technik genau zeigen. Mit ein wenig Übung lässt sich das Ausstreichen ganz entspannt durchführen. Schmerzen darf das Entleeren der Brust nie verursachen. Wichtig ist Geduld beim Erlernen der Technik. Möglicherweise klappt es im ersten Anlauf noch nicht so gut, aber mit ein wenig Übung wird es immer besser. Übrigens: Wenn der Druck der Brust durch zu viel Milch hoch ist, kann es schon genügen, einfach unter der heißen Dusche sanft in Richtung der Brustwarzen zu streichen. Schon dadurch beginnt in vielen Fällen die Milch zu fließen.
Muttermilch aufbewahren
Muttermilch ist ein wertvolles Lebensmittel für das Baby, muss aber unter hygienisch einwandfreien Bedingungen aufbewahrt werden. Das bedeutet im Einzelnen:
- Nur saubere Gefäße verwenden!
- Die Milch aus verschiedenen Entleerungen sollte nicht vermischt werden, da sich die Qualität der Milch über den Tag hinweg ändert.
- Im Kühlschrank kann frisch abgepumpte Milch bis zu drei Tage aufbewahrt werden. Der Kühlschrank sollte sauber und das Gefäß mit der Milch fest verschlossen sein. Der optimale Platz ist hinten an der Kühlschrankwand. Hier ist es kühler und keimärmer als in der Nähe der Tür.
- Länger haltbar ist die Muttermilch, wenn sie eingefroren wird. Dafür sollte die Temperatur bei -18° bis -22° Celsius liegen.
- Eingefrorene Muttermilch kann unter fließendem Wasser oder über Nacht im Kühlschrank aufgetaut werden. Das Auftauen im Wasserbad ist nicht empfehlenswert, da mit dem warmen Wasser leicht kein Keime übertragen werden können.
- Muttermilch sollte vor dem Füttern auf Körpertemperatur aufgewärmt werden. Die Temperatur kann man prüfen, indem man ein Tröpfchen Milch auf die Innenseite des Handgelenks träufelt. Sie sollte sich an dieser Stelle weder warm noch kalt anfühlen, dann ist die Temperatur richtig.
- Einmal aufgewärmte Milch kann nicht mehr aufbewahrt und auch nicht wieder eingefroren werden. Eventuelle Reste müssen entsorgt werden.
(fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Kaingade, Pankaj et al.: "Cellular Components, Including Stem-Like Cells, of Preterm Mother's Mature Milk as Compared with Those in Her Colostrum: A Pilot Study", in: Breastfeeding Medicine, Band 12, 7/2017, NCBI
- Städtische Kliniken Neuss: "Ausstreichen der Brust bei Milchstau" (Abruf: 26.06.2019), lukasneuss.de
- Babyfreundliches Krankenhaus: "Praktische Anleitung zum Handentleeren der Brust" (Abruf: 26.06.2019), Klinikum Obergöltzsch Rodewisch
- Klinikum Kulmbach: "Wochenbett, Nachsorge und Säuglingszeit: Der Elternratgeber des Klinikums Kulmbach Band 2" (Abruf: 26.06.2019), Klinikum Kulmbach
- Jochum, Frank: "Ernährungsmedizin Pädiatrie: Infusionstherapie und Diätetik", Springer-Verlag, 2012
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.