Gesundheitssystem: Mehr Wettbewerb gefordert: Gesundheitsminister Bahr kritisiert Blockaden in privaten Krankenkassen
08.07.2013
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat sich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) für mehr Wettbewerb in der privaten Krankenversicherung ausgesprochen. Er sieht Verbesserungsbedarf bei privaten und gesetzlichen Kassen und bemängelt, das die Selbstverwaltung zu viele Projekte blockiere.
Mehr Wettbewerb gefordert
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr hat in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) über Defizite in der privaten, wie auch der gesetzlichen Krankenversicherung gesprochen. Der FDP-Politiker kritisierte, dass der Kassenverband zu mächtig geworden sei, Blockaden durch die Selbstverwaltung, und dass es der Privatversicherung (PKV) an Wettbewerb fehle. „Ich will mehr Wettbewerb in der PKV“, so Bahr in dem Gespräch, das am heutigen Montag erscheint.
Unseriöse Praktiken
Aufgebaute Altersrückstellungen sollen bei einem Wechsel von einer zu einer anderen Gesellschaft künftig mitgenommen werden können. Dafür will der Minister sorgen. Besonders treffe dies ältere Versicherte, die sich über steigende Prämien beschweren, jedoch an den Anbieter gebunden seien. „Das will ich ändern, Altersrückstellungen sollten mitgenommen werden können“, so Bahr. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben, werde von einigen Anbietern nicht befolgt, dass älteren Versicherten auf Anfrage ein günstigerer Tarif angeboten werden muss. Kritik äußerte er auch an Gesellschaften, die mit preisgünstigen Angeboten, bei denen der Leistungsumfang sehr gering ist, neue Versicherte köderten. „Solche Praktiken sind unseriös, dagegen gehen wir vor.“ Vom PKV-Verband forderte er, Mindestbedingungen zu definieren, so dass nicht zu viele Leistungen ausgeschlossen werden könnten.
Gesundheitskarte kommt nicht voran
Die Selbstverwaltung der Kassen, Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser blockiere zu viele Projekte, so Bahr, der das Gesundheitsministerium seit zwei Jahren leitet. „Widerstand und Verschleppung ärgern mich. Dass bei der elektronischen Gesundheitskarte nichts vorankommt, ist auch so ein Beispiel.“ So hat die elektronische Gesundheitskarte bereits hunderte Millionen verschlungen. Bisher sollen 728 Millionen Euro – ohne Nutzen für die Patienten – investiert worden sein.
Die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) machen die Ärzte für das Debakel verantwortlich, die das Projekt hintertreiben würden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wies den Vorwurf indes zurück. Auch beim einflussreichen Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung sieht er Veränderungsbedarf. Der GKV-Spitzenverband verhandelt zum Beispiel mit den Pharmakonzernen die Preise für neuartige Arzneien oder mit den Organisationen der Ärzte, Zahnärzte und Apothekern die Rahmenbedingungen für Honorare. Laut Bahr würde sich der Verband zu weit davon entfernen von dem was die Kassen wollen.
Pläne für die nächste Wahlperiode
Trotz aller Kritik, sah der Minister auch Positives: „Einige Anbieter öffnen sich für Angestellte mit Vorerkrankungen, wobei die Risikozuschläge begrenzt werden. Man sollte das auf das Handwerk ausdehnen.“ Beim Thema Altersrückstellungen sprach der Minister schon über Pläne seiner Partei bei einer möglichen Regierungsbeteiligung nach den Bundestagswahlen im September: „Das ist ein komplexes Thema, deshalb hat das bisher keiner gelöst, aber es ist machbar. Die FDP will die Mitnahme in der nächsten Legislaturperiode lösen. Das stärkt die PKV.“ Für den Gesundheitsminister seien die Reform der Krankenhausfinanzierung und der Umbau der Pflegeversicherung die zentralen Herausforderungen in der nächsten Legislaturperiode. (ad)
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