Digital-Jogger trainieren mit der Spielkonsole statt im Fitness-Center
Anstelle des Fitnessstudios bevorzugen Freizeitsportler inzwischen häufig die Spielkonsole oder absolvieren ihr Trainingsprogramm mit Fitnessportalen im Internet. Experten sehen diesen Trend nicht unbedingt kritisch, weisen jedoch auf die Nachteile des digitalen Trainings hin.
Zahlreiche Übungsprogramme für Spielkonsolen
In den 80er Jahren hat es Jane Fonda vorgemacht. Mit Aerobic-Kursen auf Video avancierte sie zur rasch Fitness-Königin. Inzwischen nutzen Freizeitsportler Yoga-, Aerobic, Zumba- und andere Fitnessspiele für Konsolen mit Bewegungssteuerung. Auch das Internetangebot nimmt stetig zu. Portale wie Wikifit.de, Fitness.com oder Fin.de bieten Anleitungen und Videos für Heimsportler. Zusätzlich gibt es Ernährungs- und Gesundheitstipps. Hobbysportler können an Wettkämpfen teilnehmen, Fotos von ihren trainierten Körpern hochladen, ein eigenes Trainingsprogramm zusammenstellen und alle Aktivitäten protokollieren.
Auch bei den Fitnesskonsolen spielen die Übungsprogramme und Trainingsziele die einscheidende Rolle. Ubisoft bietet beispielsweise für die Bewegungssteuerung Move der Playstation 3 „Mein Fitness-Coach Club" und für den Kinect-Sensor der Xbox 360 unter anderem „Your Shape Evolved“ an. Sony hat „Move Fitness" auf dem Markt gebracht.
Für die Wii von Nintendo gibt es "Wii Fit", das zusammen mit einem sogenannten Balance Board geliefert wird, das neben der Funktion als Waage Gewichtsverlagerungen erkennt. "EA Sports Active" bietet Electronic Arts für alle drei Konsolen an.
Im Vergleich zum Monatsbeitrag im Fitnessstudio, sind die Fitnessspiele günstig zu haben. Sie kosten in der Regel zwischen 30 und 40 Euro, was je nach Anbieter und Tarif gerade mal zwei Monatsbeiträge in der Mucki-Bude beinhalten dürfte. Die Internetportale sind größtenteils kostenlos.
Mit Spielkonsolen ist Training zu jeder Tages- und Nachtzeit möglich
„Für viele ist es ein Vorteil, das Training jederzeit privat und nicht öffentlich im Fitnessstudio machen zu können", berichtet Professor Klaus Völker, Leiter des Instituts für Sportmedizin der Universität Münster. „Wenn die Übungen regelmäßig gemacht werden, können sie durchaus einen positiven Effekt haben." Die Konsolen hätten jedoch auch Nachteile. „Ein großes Problem ist immer die Individualisierung", erklärt der Experte. Denn Nutzer absolvieren grundsätzlich ein Programm, dass von jemand anderem entwickelt wurde. Dadurch kann es leicht zu einer Unter- oder Überforderung kommen, denn die körperlichen Voraussetzungen sind sehr individuell. Ausdauersportarten sind generell wenig konsolentauglich. „Auf der Stelle zu laufen, ist längst nicht so effektiv wie richtiges Joggen draußen oder in der Halle", berichtet Völker.
Hinzu komme, dass viele Nutzer bei dauerhafter Anwendung von den ständigen Erklärungen genervt seien, die fast alle Programme beinhalten. Zudem sei es mit der anfänglichen Begeisterung für die Fitnessspiele oft schnell vorbei. „Nach einem anfänglichen Hype geht die Begeisterung oft schnell in den Keller", sagt Völker. Auch beim Sport mit der Konsole gehört Selbstdisziplin dazu.
Gesundheitsgefahren beim Sport mit der Spielkonsole sind gering
Völker hat keine großen gesundheitlichen Bedenken bezüglich der Fitnesskonsolen. „Natürlich kann ich mir dabei auch mal was zerren“, erklärt er. „Extreme oder gefährliche Übungen habe ich in solchen Fitnessspielen bisher noch keine gesehen."
„Wir achten grundsätzlich darauf, dass unsere Übungen für alle Nutzer geeignet sind", erläutert die Sprecherin des Portals „Fin.de", Kristina Schneider. Nur bei Vorerkrankungen wie Bandscheibenvorfällen seien einige Übungseinheiten riskant. Dann erscheine aber immer ein Warnhinweis. Andere Risikofaktoren wie das Gewicht des Nutzers muss dieser bei seiner Registrierung angeben. Es wird dann bei der Erstellung des Trainingsprogramms berücksichtigt. „Einen Physiotherapeuten können wir aber natürlich nicht ersetzen", erklärt Schneider. Sie empfiehlt jedem Nutzer vor der ersten Einheit einen Arztbesuch wie bei anderen Fitnessprogrammen auch.
Ralf Anheier vom Spielehersteller Electronic Arts berichtet: „Die Übungen setzen einen gewissen Aktionsradius voraus. In kleinen Wohnzimmern kann das mitunter schwierig werden." Vor allem für die Bewegungssteuerung Kinect für die Xbox 360 ist ausreichend Platz erforderlich. Der Hersteller Microsoft rät zu 1,80 Meter Abstand zum Fernseher. Zudem sollten Wohnzimmersportler an ihre Nachbarn denken, da beispielsweise laufen schnell zu unangenehmen Getrampel in der darunter liegenden Wohnung werden kann.
Alternativen zur Spielkonsole
Dass Bewegung zu einer gesunden Lebensweise gehört, weiß heutzutage jedes Kind. Dennoch fällt es vielen Menschen schwer, sich zum Sport aufzuraffen. Das beginnt häufig schon bei den Jüngsten. Bereits im Kindergartenalter sind viele Kinder übergewichtig. Neben falscher und ungesunder Ernährung ist dafür maßgeblich auch Bewegungsmangel verantwortlich. Eltern sollten ihre Kinder deshalb darin unterstützen, Sportvereinen beizutreten oder andere Sportgruppen zu besuchen. Neben der körperlichen Aktivität fördern Gemeinschaftssportarten auch das Sozialverhalten der Kinder. So lernen sie von kleinauf, dass Teamarbeit wichtig ist.
Fällt es Erwachsenen schwer, sich nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zum Joggen aufzuraffen, helfen sogenannte Lauf-Treffs. Termine und Treffpunkte werden beispielsweise auf Aushängen oder in sozialen Netzwerken im Internet bekannt gegeben. Wer zum vereinbarten Zeitpunkt vor Ort ist, kann mitlaufen. So fällt die Überwindung fällt häufig leichter, wenn man nicht alleine ist.
Einige Fitnessstudios haben inzwischen 24 Stunden lang geöffnet, so dass auch Berufstätige mit weniger geregten Arbeitszeiten oder Schichtdienst, derartige Angebote annehmen können. (ag)
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