Herzinfarkt-Studie liefert erstaunliche Ergebnisse: Je mehr Risikofaktoren ein Patient hat, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er überlebt
18.11.2011
Eine neue US-amerikanische Studie von Wissenschaftler des Center of Cardiocascular Prevention in Lakeland (Florida) liefert erstaunliche Ergebnisse: Herzinfarkt-Patienten haben eine größere Chance diesen zu überleben, je mehr Risikofaktoren sie haben. Zu den Risikofaktoren gehören Diabetes, Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Rauchen und familiäre Vorbelastung. Forscher können über die Gründe nur spekulieren.
Mehr als 540.000 Herzinfarkte untersucht
Die Forscher um John Canto werteten Daten des nationalen US-Registers für Herzinfarkte (NRMI) von 542.008 Patienten in der Studie aus. Dabei handelte es sich Erstherzinfarkte, die sich von 1994 bis 2006 ereigneten. Davon starben 50.788 in Kliniken. Zu den untersuchten Faktoren gehörten das Auftreten von Diabetes, Bluthochdruck und erhöhten Blutfettwerten sowie die Faktoren Rauchen und familiäre Vorbelastung. Die Forscher fanden heraus, dass bei 85,6 % der Patienten mindestens ein Risikofaktor vorlag. Lediglich 14,4 % der Betroffenen wiesen keine Risikofaktoren auf.
Das Durchschnittsalter der Patienten, bei denen alle fünf Risikofaktoren auftraten, lag bei fast 57 Jahren. Patienten ohne einen Risikofaktor waren durchschnittlich etwa 72 Jahre alt, als sie den Herzinfarkt erlitten. 14,9 % der risikofaktorfreien Patienten starben an dem Infarkt, während nur jeder zehnte Patient mit einem Risikofaktor nicht überlebte. Bei zwei Risikofaktoren lag der Prozentsatz der Todesfälle bei 7,9 %, bei drei Risikofaktoren bei 5,3 %, bei vier Risikofaktoren bei 4,2 % und bei fünf Risikofaktoren bei nur 3,6 Prozent.
Ursache für die Entstehung eines Herzinfarktes ist ein Blutgerinnsel in einer verengten Stelle eines Herzkranzgefäßes. Durch die dadurch hervorgerufene Durchblutungsstörung sterben Teile des Herzmuskels ab. In den meisten Fällen äußert der Patient starke Schmerzen in Arm, Brust oder Rücken und leidet an Atemnot. Augrund dieser Symptome begeben sich die meisten Patienten in der Regel umgehend in medizinische Behandlung. In einigen Fällen verspürt der Betroffene jedoch nur einen leichten Schmerz oder andere leichte Symptome, die er nicht als ernsthafte Erkrankung deutet. Wird er nicht umgehend behandelt, ist eine verspätete Therapie oft erfolglos.
Paradoxes Ergebnis
Je mehr Risikofaktoren ein Patient hat, wie z.B. das metabolische Syndrom – also Faktoren, die das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, erhöhen – desto größer ist seine Chance, den Herzinfarkt zu überleben. Dazu äußerte sich Eckart Fleck, Direktor der Kardiologie am Deutschen Herzzentrum in Berlin, gegenüber Spiegel Online wie folgt: "Das ist wirklich eine Überraschung. Es gibt zwar nur eine kleine Gruppe von Menschen ohne Risikofaktoren, aber für sie sind Infarkte offenbar gefährlicher." Über die Ursachen des paradoxen Ergebnisses kann nur spekuliert werden. So wurden beispielsweise Faktoren wie das Alter oder das Körpergewicht herausgerechnet, um beide Kriterien als Ursache ausschließen zu können. Das Ergebnis blieb jedoch das gleiche.
Im „The Journal of the American Medical Association“ (JAMA) schrieben die Forscher, dass möglicherweise Medikamente, wie z.B. Beta-Blocker oder cholesterinsenkende Mittel, die die Patienten aufgrund ihrer Risikofaktoren einnehmen mussten, dafür verantwortlich sein könnten, dass die Sterberate bei diesen Patienten niedriger ist als bei Patienten, die keine Risikofaktoren aufwiesen. Einige der Forscher weisen jedoch am Ende des Artikel darauf hin, dass sie von Pharmaunternehmen finanziell unterstützt worden sind.
Ein weitere Ursache für das erstaunliche Ergebnis könnte darin liegen, dass Patienten, die ohnehin durch Risikofaktoren vorbelastet sind, schneller auf körperliche Beschwerden reagieren als zuvor gesunde Patienten. Eckart Fleck äußert sich zu den möglichen Ursachen wie folgt: „Bekommt ein Herz immer wieder zu wenig Sauerstoff, wie es bei Patienten mit Arteriosklerose der Fall ist, so kann es sich teilweise an die Unterversorgung gewöhnen. Verstopft hingegen plötzlich ein einzelnes Gefäß eines ansonsten herzgesunden Menschen, sind die Folgen möglicherweise schwerwiegender."
Vorbeugende Maßnahmen gegen Herzinfarkte
Aus der Studie geht hervor, dass Patienten mit Risikofaktoren häufiger einen Herzinfarkt überleben als Betroffene ohne Risikofaktoren. Jedoch erhöhen genau diese Faktoren das Risiko einen Herzinfarkt zu erleiden. Zur Vorbeugung gegen das metabolische Syndrom – erhöhte Blutfettwerte, Diabetes (Insulinresistenz), Adipositas und Bluthochdruck – trägt eine ausgewogene Ernährung sowie Bewegung bei. Ein Forscherteam um Demosthenes Panagiotakos von der Harokopio-Universität in Athen fand im Rahmen einer umfassenden Metastudie heraus, dass sich mediterrane Ernährung besonders positiv auf das metabolische Syndrom auswirkt und damit koronaren Herzerkrankungen vorbeugt. Mediterrane Kost beinhaltet viel Obst und Gemüse, fettarme Milchprodukte, mageres Fleisch in Maßen, Fisch, Vollkorngetreide und Olivenöl. Der Anteil an ungesättigten Fettsäuren im Olivenöl sei beispielsweise förderlich für den Stoffwechsel, berichtet Demosthenes Panagiotakos im „Journal of The American College of Cardiology“. (ag)
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Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.