Zahl der Krankenhausinfektionen hat sich innerhalb von fünf Jahren verdoppelt
22.05.2013
Erschreckend: Immer mehr Menschen erkranken an Infektionen während ihres Krankenhausaufenthaltes. Die Zahl der Krankenhausinfektionen habe sich innerhalb der letzen fünf Jahre verdoppelt, so das Ergebnis einer aktuelle Studie des Bremer Instituts für Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung (BIAG), die ihre Untersuchung im Auftrag der Krankenkasse „hkk“ für den Gesundheitsreport durchführte. Dabei ist die Zahl der Infektionen mit sogenannten multiresistenten Keimen besonders drastisch gestiegen.
Krankenhausinfektionen durch multiresistente Keime
Wer ins Krankenhaus kommt, sollte sich über das Risiko einer Infektion bewusst sein. Denn in den vergangenen fünf Jahren hat sich Angaben der Krankenkasse „hkk“ zufolge die Zahl der Krankenhausinfektionen verdoppelt. Im Jahr 2007 waren 3,1 Prozent der Versicherten der „hkk“ von einer solchen Infektion betroffen. Im Jahr 2011 waren es bereits 6,3 Prozent. Das geht aus dem Gesundheitsreport der Krankenkasse hervor, für den das Bremer Institut für Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung (BIAG) beauftragt wurde.
Noch gravierender war der Anstieg der Krankenhausinfektion mit sogenannten multiresistenten Keimen (MRE), die gegenüber den meisten Antibiotika resistent sind und deshalb besonders schwere Krankheitsverläufe verursachen können. Vor allem Menschen mit einen geschwächten Immunsystem wie chronisch Kranke oder ältere Menschen können sich leicht mit MRE infizieren. Für Gesunde stellen die Keime dagegen keine Gefahr da. Während MRE im Jahr 2007 in 271 Krankenhausfällen nachgewiesen wurden, waren es 2011 bereits 619 Fälle. „Damit hat sich auch der Anteil der MRE-Infektionen an allen Krankenhausfällen in fünf Jahren von 0,465 auf 0,941 Prozent mehr als verdoppelt“, heißt es in einer Pressemitteilung der „hkk“.
Zur Gruppe der multiresistenten Erreger gehört auch der gefürchtete Methicillin-resistente Staphylococcus Aureus (MRSA), der gegenüber nahezu jedem Antibiotikum resistent ist. Normalerweise wird ein Erreger durch Antibiotika abgetötet. Durch die Mutationen einiger Keime können diese jedoch eine Resistenz gegen das Antibiotikum entwickeln. Die resistenten Bakterien vermehren sich anschließend und geben die Resistenz über die resistenzvermittelnden Gene auch an andere Bakterienarten weiter, so dass immer mehr resistente Erreger entstehen. Dem „hkk“-Gesundheitsreport zufolge ist die Zahl der Krankenhausinfektionen von knapp 0,3 Prozent auf gut 0,5 Prozent gestiegen. 49 Prozent der Betroffenen waren ältere Patienten zwischen 70 und 89 Jahren.
Wie alarmierend die Situation in Deutschland ist, zeigt der Blick ins Ausland: Während hierzulande der Anteil von MRSA an allen nachgewiesenen Staphylococcus Aureus-Proben über 20 Prozent ausmacht, sind es in Skandinavien, Estland und den Niederlanden nicht einmal 5 Prozent. Sogar im häufig kritisierten britischen Gesundheitswesen konnte der Anteil innerhalb von fünf
Jahren von 44 Prozent auf weniger als 22 Prozent gesenkt werden. Experten gehen deshalb davon aus, dass in Deutschland 20 bis 30 Prozent aller Krankenhausinfektionen mit multiresistenten Erregern durch geeignete Hygienemaßnahmen vermeidbar wären.
Hohe Folgekosten durch Krankenhausinfektionen
Krankenhausinfektionen durch multiresistente Keime verursachen hohe Folgekosten beispielsweise für die Verlängerung der Behandlung, Isoliermaßnahmen, qualifiziertes Hygienepersonal und Schutzkleidung. Paradoxerweise sank der Anteil dieser Folgebehandlungen im gleichen Zeitraum von 58 auf etwa 42 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich bei den Komplexbehandlungen der durch MRSA verursachten Infektionen. Die Zahl sank von 73 auf 58 Prozent. „Über die Gründe können wir nur spekulieren“, erklärte Dr. Bernard Braun, Leiter der BIAG. „Entweder hat die Schwere der Fälle abgenommen, so dass aufwendige Maßnahmen aus Sicht der Krankenhäuser nicht notwendig sind. Oder viele Krankenhäuser sind weder personell noch baulich und infrastrukturell in der Lage, derartige Leistungen zu erbringen.“ Der Experte sieht dringenden Handlungsbedarf, „um eine deutliche Senkung der MRE- beziehungsweise MRSA-Quoten in Deutschland zu erreichen. Erste Ansätze lassen sich zwar schon erkennen. Was wir jedoch brauchen, ist ein strukturiertes Konzept, in das Experten aus der Pflege, der Medizin, der Biologie, den Krankenhäusern und der fleischproduzierenden Landwirtschaft einbezogen werden“, fordert Braun.(ag)
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