Schwere Zeiten für Allergiker aufgrund zunehmender Ausbreitung der Beifuß-Ambrosie
26.09.2012
Die ursprünglich aus Nordamerika stammende, hochallergene Beifuß-Ambrosia bereitet sich verstärkt in Europa aus. Die Folge ist eine deutliche Verlängerung der Allergiesaison für die Heuschnupfen-Patienten – auch in Deutschland. Zudem entstehen Kosten für die medizinische Versorgung der Betroffenen von „bis zu einer Milliarde Euro im Jahr“, so die aktuelle Mitteilung der Ludwig-Maximillians-Universität München (LMU).
Trat Heuschnupfen bislang „vor allem zwischen März und Juli auf, wenn in Deutschland die meisten Bäume und Gräser blühen“, so hat die Pollen-Invasion durch die Beifuß-Ambrosie eine erhebliche Verlängerung der Heuschnupfen-Saison zur Folge, berichtet das Forscherteam um Professor Franziska Ruëff vom Allergie-Zentrum der LMU. Die nordamerikanische Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) breite sich verstärkt in Deutschland und Europa aus, wo sie von August bis Oktober blüht. Aufgrund der hochallergenen Wirkung könne es „es bei Allergikern zu massiven Beschwerden kommen“, so die Mitteilung der LMU.
Erhebliche Kosten durch die zunehmenden Ambrosia-Allergien
Die Wissenschaftler des Allergie-Zentrums der LMU beteiligten sich an einer aktuellen Studie zur Abschätzung der „Allergiekosten“, die durch eine zunehmende Verbreitung der Beifuß-Ambrosie bedingt werden. Die Studie wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes „Invasion: Evolutionäre, ökologische und gesellschaftliche Konsequenzen biologischer Invasionen“ durchgeführt. Es sei „wichtig, die Kosten der Ambrosia-Allergien abzuschätzen, weil sie in Relation gesehen werden müssen zu den Kosten, die eine Eindämmung der Pflanze verursacht“, erklärte die Umweltökonomin Dr. Wanda Born, Leiterin der Analyse am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig.
Die Wissenschaftler der LMU befragten Patienten, die „an einer Pollenallergie leiden, und nachweislich gegen Ambrosia sensibilisiert sind“, zu deren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, den erforderlichen Arztbesuchen und der Anzahl von Tagen, an denen sie aufgrund ihrer Allergie arbeitsunfähig waren. Dabei zeigte sich, dass die Patienten wegen ihrer Beschwerden mehrheitlich fünfmal pro Jahr einen Arzt aufsuchen mussten. Rund ein Drittel der Befragten wurde jährlich rund fünf Tage aufgrund der Allergie stationär behandelt. Etwa 20 Prozent konnten im Schnitt 14 Tage pro Jahr nicht zur Arbeit gehen.
Einschränkungen der Lebensqualität durch die Pollenallergie
Die Forscher schätzen das heute bereits jeder fünfte Deutsche an Heuschnupfen leidet, wobei unklar bleibe, wie viele auch gegen Ambrosia-Pollen sensibilisiert sind. In anderen Länder, wie beispielsweise Ungarn, wo die Pflanze in manchen Regionen bereits flächendeckend auftritt, reagiere nach Schätzungen rund die Hälfte der Heuschnupfen-Patienten gegen die Pollen der Beifuß-Ambrosie allergisch. Hierzulande gehen die Experten davon aus, dass bei einer weiteren Ausbreitung der Pflanze bis zu zehn Prozent der Bevölkerung – also mehr als acht Millionen Menschen – erkranken könnten. Für die Betroffenen ist die Allergie gegen die Ambrosia-Pollen meist eine erhebliche Belastung. Rund 50 Prozent von ihnen seien „während der Pollenflug-Saison selbst bei einfachen körperlichen Tätigkeiten eingeschränkt“, berichtet die LMU. Die starke Beeinträchtigung der „Lebensqualität der Patienten, zeigt sich auch daran, dass mehr als ein Drittel von ihnen eine Bekämpfung der Beifuß-Ambrosie finanziell unterstützen würde“, erläuterte Professorin Franziska Ruëff.
Behandlungskosten der Allergiker können um 15 Prozent steigen
Tatsächlich sind mit der Ambrosia-Allergie nicht nur für die Krankenversicherungen, sondern auch für die Patienten, erhebliche Kosten verbunden. Den Ergebnissen der aktuellen Befragung zufolge, geben die Patienten pro Jahr durchschnittlich rund 200 Euro zum Schutz vor den Allergien aus (beispielsweise Einbau von Pollenfiltern). Zwar sei eine „belastbare Kostenschätzung“ zu den Gesamtkosten durch die Ambrosia-Allergie nur auf Basis einer umfangreichen „Untersuchungen zum Vorkommen der Pflanze und zu ihrer Ausbreitung“ möglich. Doch die aktuellen Umfrageergebnisse ermöglichen eine Hochrechnung der Daten, die schon jetzt zeigt, „dass die Behandlungskosten bei Pollenallergikern um 10 bis 25 Prozent ansteigen könnten“, berichtet die LMU. Hiermit verbunden wären jährliche Mehrkosten von etwa 1.300 bis 2.100 Euro pro Patient. Oliver Gebhardt vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig erläuterte, es sei „fast unmöglich, die Kosten zu berechnen, die auf ein spezifisches Allergen zurückzuführen sind“, doch die aktuelle Studie zeige, „welche Dimension das Problem bekommen kann – vor allem weil die Ambrosie so spät blüht und vom Klimawandel in der Ausbreitung begünstigt wird.“
Heuschnupfen kann schlimmstenfalls in Asthma übergehen
Für Personen mit Pollenallergie und Heuschnupfen ist die vermehrte Ambrosia-Ausbreitung eine erhebliche zusätzliche Belastung. Sie leiden vermehrt unter den typischen Heuschnupfen-Symptomen wie Schnupfen, Niesattacken, tränenden und juckenden Augen, Reizungen der Atemwege und chronischer Müdigkeit. Schlimmstenfalls kann sich aus der Pollenallergie auch eine Asthma-Erkrankung entwickeln. Zur Behandlung werden in der Naturheilkunde unterschiedlichste Methoden von der Akupunktur über Hypnose, Eigenbluttherapie und Darmsanierung bis hin zur Homöopathie angewandt. Die konventionelle medizinische Therapie umfasst in der Regel die Verabreichung von Antihistaminika und Glukokortikoiden (Cortison). Hinzu kommen Augentropfen und Nasensprays zur Linderung der Symptome. Eine Behandlungsmöglichkeit, die an den Ursachen der Beschwerden ansetzt und mit der die Allergie unter Umständen gänzlich überwunden werden kann, ist die Hyposensibilisierung. Durch die regelmäßige Verabreichung geringer Dosen der Allergene soll sich hierbei das Immunsystem an die Substanzen gewöhnen und die allergische Reaktion abgeschaltet werden. Das Verfahren ist jedoch bis heute durchaus umstritten. (fp)
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Bild: Oliver Haja / pixelio.de
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