Krankenkassen kritisieren Krebsvorsorge-Pläne des Bundesgesundheitsministers
26.07.2012
Der vom Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr vorgelegte Gesetzesentwurf zur erweiterten Krebsvorsoge erzeugt in den Reihen der gesetzlichen Krankenkassen heftige Kritik. Während einige Eckpunkte als durchaus praktikabel angesehen werden, sei das geplante Krebsregister vom Nutzen-Kosten-Faktor so nicht umsetzbar, lautet die Kritik der Kassen. Zudem sollen die Kosten der Krebsfrüherkennung besser verteilt werden.
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) plant die Krebsvorsoge in Deutschland auszubauen. Nutzen, Finanzierung und Nachhaltigkeit des Vorhabens werden allerdings von den Krankenkassen in Zweifel gezogen. Neben der Brustkrebsvorsorge sollen nun auch Gebärmutterhals- und Darmkrebs in das kostenfreie Vorsorgeprogramm aufgenommen werden.
Um eine hohe Voruntersuchungsquote zu erreichen, sollen die Kassen gesetzlich dazu verpflichtet werden, Versicherte zu den Untersuchungen einzuladen. Zusätzlich soll ein deutschlandweites Krebsregister installiert werden, welches von den einzelnen Bundesländern einzeln administriert wird. Nach Vorstellungen des Ministers soll die Krebsvorsoge-Reform bereits im Jahre 2016 umsetzt sein.
Einseitige Finanzierung zu Lassen der Krankenkassen
Grundsätzlich sei der Idee, die Krebsvorsorge in Deutschland auszubauen, eine gute Idee, erklärte Doris Pfeiffer, Vorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV), das Vorhaben des Gesundheitsministers. Allerdings würden der Nutzen, die Verantwortung und die Finanzierung in keinem guten Verhältnis stehen, so die Kritik der Verbandschefin in einem Zeitungsinterview. Die Kosten des Vorsorgeprogramms müssten nämlich komplett von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden, obwohl der gesellschaftliche Nutzerkreis viel größer sei, kritisierte Pfeiffer. Die private Krankenversicherung profitiere nämlich auch von dem Programm, sei aber nach den bisherigen Planungen nicht verpflichtet, sich an den Kosten zu beteiligen. Vielmehr sollen die Privatkassen nur auf Freiwilligenbasis beteiligt werden.
Bisherige Planungen des Bundesgesundheitsministerium sehen ein zusätzliches Kostenaufkommen von rund 100 Millionen Euro vor. Die Bundesländer haben in der Vergangenheit schon signalisiert, dass sie sich nicht an den Kosten beteiligen wollen. Demnach würden die Krankenkassen einseitig zum Kostenvorteil der Privaten benachteiligt.
Zweifel am zusätzlichen Nutzen
Auch der tatsächliche Nutzen des Krebsregisters scheint noch nicht umfassend geklärt zu sein. So kritisierte der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Uwe Deh: „So wie der Gesetzentwurf jetzt ist, wird dadurch für die Krebspatienten nichts besser“.
Die Krebsregister sollen zudem von den einzelnen Ländern einzeln geführt werden. Eine bundesweite Administration fehle, so Deh. Damit sei das Risiko von Mehrfachmeldungen sehr groß, wenn beispielsweise ein Patient in ein anderes Bundesland zieht. Ob die verpflichtenden Einladungen einen höheren Nutzen bringen, könne ebenfalls bezweifelt werden. So sei jetzt schon die Nachfrage an den Gebärmutterhalskrebs-Vorsorgeuntersuchungen sehr groß. „Eine höhere Teilnehmerquote ist kaum vorstellbar“, erklärte der AOK-Chef. Statt der unterbreiteten Vorschläge soll das Bundesgesundheitsministerium Krebspatienten bei der Suche nach geeigneten Therapie und Kliniken besser unterstützen, so Deh.
Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministerium zeigte sich trotz der Kritik betont entspannt. Die Kritik der Kassen sei eine „übliche Detailkritik im Verlauf eines Gesetzgebungsverfahrens“. Derzeit würden die Kritikpunkte geprüft und gegebenenfalls mit in den Entwurf eingearbeitet. Das Gesetzesvorhaben wolle die Früherkennung verbessern und das klinische Krebsregister soll die Versorgung der Krebspatienten nachhaltig verbessern. Das sind Eckpunkte, an dem der Minister festhält, so der Sprecher. (sb)
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