Offene Fragen zu gehäuften Krebsfällen in den Landkreisen Rotenburg/Wümme und Verden
13.09.2014
Ein Jahr ist es her, als GENUK e.V. aufgrund gehäufter gesundheitlicher Beschwerden von Betroffenen an verschieden Orten in den Landkreisen Rotenburg/Wümme und Verden in einem Brief an die niedersächsischen Ministerien für Umwelt, Gesundheit und Wirtschaft um eine Untersuchung um eine ressortübergreifende Gesundheitsuntersuchung der Bevölkerung bat.
In diesen Landkreisen machten Bewohner auf auffällige Gesundheitsstörungen bis hin zu einer von ihnen wahrgenommenen erhöhten Krebshäufigkeit aufmerksam, die sie im Zusammenhang mit der seit Jahrzehnten dort praktizierten Gasförderung (Fördern, Verpressen, Abblasen, Abfackeln usw.) sehen.
Der niedersächsischen Gesundheitsministerin Cornelia Rundt ist es zu verdanken, dass wir nun nach einem halben Jahr Vorarbeit mit Landes- und örtlichen Behörden und BI-Vertretern gemeinsam eine Abfrage im „Epidemiologischen Krebsregister Niedersachsen“, EKN, auf den Weg bringen konnten. Untersucht wurde die Krebsinzidenz in der Samtgemeinde Bothel im Untersuchungszeitraum seit Bestehen des Krebsregisters von 2003 bis inklusive 2012.
Gestern hat das EKN-Oldenburg im Gesundheitsamt Rotenburg in Anwesenheit des Landrats Luttmann, NLGA, EKN-Vertrauensstelle Hannover und GENUK die Ergebnisse der Krebsregisterabfrage vorgestellt: wissenschaftlich unumstößlich (siehe p-Wert) wurde bei Männern eine doppelt so hohe Rate an Erkrankungen an Non-Hodgkin-Lymphomen und eine Vervierfachung des Multiplen Myeloms in der Samtgemeinde Bothel festgestellt, als erwartet wurde. Darüber hinaus wurde in der Altersspezifizierung festgestellt, dass eine auffällig hohe Zahl an Männern zwischen 60 – 74 Jahren erkrankt ist, aber auch – mit wesentlich geringerer Fallzahl – Kinder von 0 – 14 Jahren.
Die genaue Bezeichnung der Gruppe, der diese Erkrankungen zugewiesen werden ist lang und umständlich: "Krebserkrankungen des lymphatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes" (ICD-10 / C81-C96), weshalb sich das EKN nun auf die Sprachregelung "Leukämien und Lymphome" festgelegt hat.
Dieses ist ein Ergebnis, das uns noch lange an der Aufklärung der Hintergründe arbeiten lassen wird. Warum betrifft es nur Männer? Welche Stoffe können eine derartige Auffälligkeit verursachen. Kommt Benzol als möglicher Auslöser in Betracht? Wie sind die Männer möglicherweise in Kontakt mit solchen Stoffen gekommen? Warum betrifft es Kinder in diesem jungen Alter? Wahrgenommen wurde in der Gemeinde Hemslingen/Söhlingen ein massives Anwachsen der Krebshäufigkeit besonders in den letzten Jahren. Allein in Söhlingen gibt es im Jahr 2013 Lymphom-Neuerkrankungen von zwei 20-Jährigen und einem 40-Jährigen. Diese Erkrankungen werden die Sachlage also noch unerfreulicher
machen.
Von den 12 von uns in Zusammenarbeit mit NLGA, Gesundheitsamt, EKN Vertrauensstelle und BI-Vertretern in einem halben Jahr herausgearbeiteten Krebsarten (und 15 Untersuchungsgruppen, da 3 Krebsarten geschlechtsspezifisch
zu unterscheiden sind) waren sogar 6 unter der Erwartung, 9 darüber, aber es gab keine weitere wirkliche Auffälligkeit.
Das weitere Vorgehen wird in den kommenden Wochen zu klären sein: sicher muss nun eine Vertiefung der Zuordnung vorhandener Daten auch in anderen Registern sowie die wissenschaftliche Aufklärung der Ursachen erfolgen. Als Organisation selbst Umwelterkrankter möchten wir nochmals auf die Notwendigkeit einer umfassenden Gesundheitsuntersuchung der Bevölkerung in diesen Gasfördergebieten hinweisen. Dazu muss es endlich umfassende und langfristige Boden- (aktuelle Untersuchungen durch das LBEG eingeschlossen), (Oberflächen-)Wasser, organisches Gewebe (Wurzeln, Flechten etc.) und Luftmessungen (dringend: bodennahe Luftmesspunkte, Messungen in der Fackel
etc.) vorgenommen werden.
Auch hoffen wir, dass andere Symptome und Erkrankungen, die auch mit den bereits durch das LBEG bestätigten Quecksilberfunden zusammenhängen könnten (Störungen des Zentralen Nervensystems, der Reproduktionsfähigkeit, Fehlgeburten etc.) genauer untersucht und ernst genommen werden. (Gemeinnütziges Netzwerk für UmweltKranke e.V.)
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