Foodwatch: Kreise haben Informationen zu PCB-Eiern nicht weitergeleitet
17.04.2012
Die Verbraucherorganisation "Foodwatch" erhebt schwere Vorwürfe in dem aktuellen Dioxin-Skandal. Möglicherweise hätte verhindert werden können, dass die PCB belasteten Eier des Biohofs im ostwestfälischen Stemwede an die Endverbrauchern gelangen, wenn die zuständigen Kreise entsprechende Hinweise umgehend weitergeleitet hätten, teilten Verbraucherschützer am Montag mit.
Sowohl die Behörden im Kreis Minden-Lübbecke als auch der Kreis Euskirchen hielten laut Foodwatch Informationen zu der PCB-Belastung der Bio-Eier zurück. Hier wurden bei einem Zwischenhändler schon frühzeitig erhöhte Konzentrationen des gefährlichen Umweltgifts in den Eiern entdeckt. Doch die Informationen zur Grenzwertüberschreitung wurden nicht weitergeleitet und es erfolgte auch kein Rückruf der belasteten Eier, so der Vorwurf von Foodwatch.
Schwere Versäumnisse einzelner Kreise Im PCB-Skandal
Die Verbraucherorganisation sprach von schweren Versäumnissen einzelner Kreise im Zusammenhang mit dem aktuellen Dioxin-Skandal. Dabei beruft sich Foodwatch beruft auf eigenen Recherchen bei den Kreisen, die ergeben haben, dass die Grenzwertüberschreitungen hier bereits am 27. März bekannt gewesen seien. Die Meldung der Grenzwertüberschreitung an das zuständige Ministerium erfolgte jedoch erst am 2. April. Auf diese Weise wurden Verbraucher unnötig einer erhöhten PCB-Belastung ausgesetzt, kritisierte Foodwatch. Zwar waren die Eier ohnehin nur bis zum 31. März haltbar, doch als die Kreise von der PCB-Belastung erfuhren, befanden sich nach Einschätzung der Verbraucherorganisation noch „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ belastete Eier im Handel oder bei den Verbrauchern zu Hause im Kühlschrank. „Erst als die PCB-kontaminierten Eier ihr Mindesthaltbarkeitsdatum bereits überschritten hatten, kam es zu einer Veröffentlichung durch das nordrhein-westfälische Verbraucherministerium“, so Foodwatch weiter.
Die Informationszurückhaltung der Kreise habe eine vermeidbare Giftbelastung der Bevölkerung bedingt, kritisierte die Verbraucherorganisation. Foodwatch betonte, dass eine „öffentliche Warnung und ein Rückruf aus Verbrauchersicht bereits am 27. März“ zwingend erforderlich gewesen wären. Nach Darstellung der Verbraucherorganisation in ihrer Mitteilung „Dioxin: NRW-Landkreise hielten Information zurück“, belegen die „Versäumnisse der Landkreise einmal mehr, dass es einer gesetzlichen Verpflichtung der Behörden bedarf, gesundheitsrelevante Informationen sofort öffentlich zu machen.“
PCB-Belastung der Bio-Eier immer noch über dem Grenzwert
Die PCB-Belastung bei den Bio-Eiern aus Stemwede ist unterdessen weiter zurückgegangen, liegt jedoch immer noch deutlich über den zulässigen Grenzwerten. Das Landesverbraucherministerium Nordrhein-Westfalen teilte mit, dass in einer Probe vom 11. April bei Eiern aus zwei Ställen weiterhin erhöhte Werte des Umweltgiftes PCB nachgewiesen wurden. Die gemessenen Werte lagen trotz eines deutlichen Rückgangs immer noch mehr als doppelt so hoch wie der zulässige Grenzwert, berichtet das Ministerium. Bei Sperrung des Hofes war eine Überschreitung des Grenzwertes um das sechsfache festgestellt worden. Der Grund für die erhebliche PCB-Belastung ist indes weiterhin unklar. Ausgeschlossen werden konnte laut Angaben des Landesverbraucherministeriums bisher eine Verseuchung über das Futtermittel und das Trinkwasser. Die Untersuchung von Bodenproben sei noch nicht abgeschlossen, allerdings spreche die sinkende PCB-Belastungen dafür, dass die Quelle allmählich versiegt, erläuterte ein Sprecher des Ministeriums.
Erhebliche Gesundheitsrisiken durch das Umweltgift PCB
Polychlorierte Biphenyle (PCB) zählen zu den dioxin-ähnlichen Substanzen, sind giftig und gelten als krebsauslösend. Im Jahr 2001 wurde durch die Stockholmer Konvention der Einsatz von PCB weltweit verboten. Doch hatte sich das Umweltgift bereits vorher global ausgebreitet und ist seither ubiquitär in der Atmosphäre, den Gewässern und im Boden vorhanden. Zwar ist die akute Toxizität von PCB dabei eher gering, doch das Gift reichert sich mit der Zeit im Organismus an und kann so massive gesundheitliche Beschwerden bedingen, die von der sogenannten Chlorakne über Haarausfall und Leberschäden bis hin zu Fruchtbarkeitsstörungen und schweren Fehlbildungen des Nachwuchses reichen können. Außerdem gelten die dioxin-ähnlichen Substanzen als krebserregend. Werden erhöhte Konzentrationen in Lebensmitteln festgestellt, ist daher eine Information der Öffentlichkeit und ein Rückruf der Produkte zwingend erforderlich. Wieso die beiden Kreise so zögerlich bei der Informationsweiterleitung waren, bleibt ein Rätsel. (fp)
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Bild: Gerd Altmann, Pixelio
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