Pflege-Qualitätsbericht deckt Mängel in Pflegeheimen auf
25.04.2012
Die Qualität der Patientenversorgung in Pflegeheimen hat sich spürbar verbessert, doch noch immer bestehen zum Teil große Defizite. So wird noch immer jeder fünfte Bewohner per Fixierung gefesselt. Zu diesem Ergebnis kommt der dritte Pflege-Qualitätsbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen.
Insgesamt sei ein positiver Trend bei der Pflegequalität zu beobachten, allerdings bestehen in verschiedenen Bereichen wie zum Beispiel bei der Ernährung und der Schmerztherapie weiterhin Defizite, so die Aussagen in dem 3. Pflege-Qualitätsbericht. Seit dem Jahr 2007 haben sich die Bedingungen in den Pflegeheimen demnach insgesamt verbessert, doch noch immer ist die Versorgung von tausenden Pflegebedürftigen nicht angemessen.
Die Grundlage des 3. Pflege-Qualitätsberichts bildeten die Daten der Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes vom Juli 2009 bis Dezember 2010. In den 18 Monaten hatte der Medizinische Dienst 16.000 Heime und ambulante Dienste geprüft. Dabei kontrollierten sie die Pflegesituation von circa 62.000 Heimbewohnern und 45.000 ambulant betreuten Personen. Eine regelmäßige unangemeldete Kontrolle der stationären Pflegeeinrichtungen durch den Medizinischen Dienst ist seit in Kraft treten der Pflegereform 2008 vorgeschrieben und seit 2011 mindestens einmal pro Jahr durchzuführen. Aus den gewonnenen Daten geht hervor, dass insgesamt ein positiver Trend zu beobachten ist. „Die gute Nachricht ist, dass sich die Qualität der Pflege positiv weiterentwickelt hat“, betonte der Vorstand des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherungen, Gernot Kiefer, bei Vorstellung des 3. Pflege-Qualitätsbericht am Dienstag in Berlin.
Mängel bei Ernährung und hohes Risiko von Druckgeschwüren
Allerdings offenbart der Pflege-Qualitätsbericht auch deutliche Defizite in unterschiedlichen Pflegebereichen. Beispielsweise stellt der Bericht bei fünf Prozent der Heimbewohner Mängel in der Ernährung fest, was bei den Betroffenen mit einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von 34 Prozent einherging. Immerhin 79,5 Prozent der bedürftigen Heimbewohner wurden bei der Nahrungsaufnahme unterstützt, gegenüber dem Jahr 2007 ein Anstieg von rund 15 Prozent. Doch eine angemessene Ernährung sämtlicher Pflegebedürftigen ist trotzdem auch heute noch nicht gewährleistet.
Besorgniserregend ist zudem, dass die viele Pflegebedürftige einem erhöhten Risiko von Druckgeschwüren unterliegen, da sie zu selten bewegt beziehungsweise umgelagert werden. Bei rund 50 Prozent der Patienten bestand nach Angaben des Berichts ein sogenanntes Dekubitus-Risiko, doch nur 60 Prozent der Bedürftigen wurden angemessen versorgt. Die zur Prophylaxe von Druckgeschwüren erforderlichen Maßnahmen, wie ein regelmäßiger Wechsel der Lagerung, wurde demnach genau so häufig unterlassen, wie schon im Untersuchungszeitraum des zweiten Pflege-Qualitätsberichts aus dem Jahr 2007.
Auch bei der Betreuung von Demenzpatienten stellt der Pflege-Qualitätsbericht einige Defizite fest. Den Untersuchungen des Medizinischen Dienstes zufolge sind rund 61 Prozent der Heimbewohner in Deutschland demenzkrank. Für die Betroffenen seien Angebote zur Bewegung; Kommunikation und Wahrnehmung von besonderer Bedeutung. 76,3 Prozent der Bedürftigen erhalten dem Pflege-Qualitätsbericht zufolge entsprechende Angebote – rund zehn Prozent mehr als noch im Jahr 2007. An sich ein erfreulicher Trend, doch bei mehr als 40 Prozent der Demenzkranken achtet das Pflegepersonal nicht ausreichend auf deren Wohlbefinden, so die Einschätzung des Medizinischen Dienstes.
Der Pflege-Qualitätsbericht offenbart des weiteren, dass bei knapp einem Fünftel der Pflegebedürftigen die benötigten Medikamente nicht ordentlich dokumentiert und gelagerten wurden. 95 Prozent der Patienten benötigen laut Angaben des Medizinischen Dienste Unterstützung beim Umgang mit Medikamenten und bei 82 Prozent der Heimbewohner erfolgt eine sachgerechte Verabreichung. Schwierigkeiten bestehen indes vor allem bei der Medikation von Schmerzpatienten. So erfolgt bei knapp der Hälfte der möglichen Schmerzpatienten keine Schmerzeinschätzung durch die Pfleger und rund sechs Prozent der Pflegebedürftigen, denen vom Arzt eine Schmerztherapie verordnet wurde, erhalten keine Schmerzmittel, kritisieren die Prüfer. Dr. Peter Pick, der Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes, bemängelte zudem, „dass zu viele ruhigstellende Mittel in Pflegeeinrichtungen verordnen werden“.
Fixierung von Pflegebedürftigen weiterhin weit verbreitet
Massive Kritik übte der Medizinische Dienst in dem dritten Pflege-Qualitätsbericht auch an der immer noch relativ weit verbreiteten Fixierung von Patienten. So kommt der Bericht zu dem Ergebnis, dass rund 14.000 Heimbewohner „freiheitseinschränkenden Maßnahmen“ unterzogen wurden. Meist seien dies vergitterte Betten, aber auch Gurte kommen hier regelmäßig zum Einsatz. Bei zehn Prozent der Betroffenen fehle die hierfür eigentlich erforderliche richterliche Anordnung, so die Aussage des Berichts. Jeder fünfte Bewohner ist von solchen Maßnahmen betroffen.
Trotz der Defizite, die in dem 3. Pflege-Qualitätsbericht festgestellt wurden, zieht der Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes, Dr. Peter Pick, eine positive Bilanz zur Entwicklung im Pflegesektor. „Die Qualität der Pflege in Deutschland ist überwiegend gut“, betonte der Experte. Pick verwies jedoch gleichzeitig darauf, dass „in zentralen Versorgungsbereichen – Beispiel Ernährung, Dekubitus (Wundliegen) – eine relevante Gruppe von 20 bis 40 Prozent der Pflegebedürftigen nicht entsprechend den anerkannten Standards gepflegt“ wird. In einzelnen Einrichtungen bestehe weiterhin akuter Handlungsbedarf. (fp)
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