Risiko einer HIV-Infektion durch Wurminfektionen deutlich erhöht
Wurminfektionen können lange Zeit unauffällig verlaufen, doch bergen sie mitunter erhebliche gesundheitliche Risiken. Hierzu zählt auch ein erhöhtes HIV-Infektionsrisiko – zumindest bei den in Afrika weit verbreiteten Erregern der Filariose. Ein internationales Forscherteam um Professor Michael Hölscher und Dr. Inge Kroidl von der Ludwig-Maximillians-Universität (LMU) in München hat die Wurminfektionen als mögliche Ursache der besonders starken Verbreitung von AIDS in der afrikanischen Bevölkerung identifiziert.
Seit Beginn der HIV-Epidemie wird laut Mitteilung der LMU „darüber spekuliert, warum HIV und die durch die Viren ausgelöste Immunschwächekrankheit AIDS in Afrika so viel stärker verbreitet sind als in anderen Ländern der Welt.“ Das internationale Forscherteam konnte nun in einer Kohorten-Studie die Infektionen mit Wuchereria bancrofti, einem in Afrika verbreiteten Fadenwurm, als möglich Ursache identifizieren. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler in dem Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht.
Kohorten-Studie in Tansania
Die Forscher des Tropeninstituts der LMU, der Universität Bonn und der afrikanischen Partnerinstitution des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) in Tansania haben im Rahmen der Kohorten-Studie die Daten von rund 18.000 Personen aus den Jahren 2006 bis 2011 aus Tansania analysiert. Die ursprüngliche Studie sollte HIV-Risikofaktoren in der Normalbevölkerung im Südwesten Tansanias ermitteln. Für ihre aktuelle Arbeit haben die Forscher zusätzlich eine Untergruppe von 1.055 Personen auf eine Infektion mit den Fadenwürmern (Filarien) untersucht.
Lymphatische Filariose Folge der Wurminfektion
Die Infektion mit dem Fadenwurm Wuchereria bancrofti verursacht eine sogenannte lymphatische Filariose, einer Erkrankung der Lymphgefäße, welche schlimmstenfalls zur Elephantiasis führt, so die Mitteilung der LMU. Die in Afrika eingesetzte Medikamentenkombination sei nur gegen die von den Würmern produzierten Mikrofilarien wirksam, die ins Blut wandern und von dort über Mücken weiterverbreitet werden. Der erwachsene Wurm hingegen bleibe den Ergebnissen der Forscher zufolge „oft jahrelang im Lymphsystem des menschlichen Körpers lebendig“, berichtet die LMU. Hier bedingt er offenbar auch eine erhöhte HIV-Anfälligkeit.
Risiko der HIV-Ansteckung drastisch erhöht
Von den insgesamt 32 neu aufgetretenen HIV-Infektionen bei den Probanden waren auffällig viele bei Studienteilnehmern festzustellen, die gleichzeitig eine Wurminfektion zeigten. „Der Vergleich von Filarien-Infizierten mit Nichtinfizierten zeigt ein deutlich höheres Risiko für die HIV-Ansteckung, das sich je nach Altersgruppe allerdings stark unterscheidet“, so die Mitteilung der LMU. Bei den 14- bis 25-Jährigen sei es um mehr als das Dreifache erhöht ausgefallen und bei den 25- bis 45-Jährigen um mehr als das Doppelte, erläutern die Forscher. Bei den über 45-Jährigen war das Risiko immer noch um den Faktor 1,2 erhöht.
Neue Therapien gegen Wurminfektionen erforderlich
„Besonders betroffen sind Jugendliche und junge Erwachsene: Ihr Risiko, sich mit HIV zu infizieren, stieg circa um das Dreifache, wenn sie mit Wuchereria bancrofti infiziert waren“, so Inge Kroidl aus der Abteilung Infektionserkrankungen und Tropenmedizin an der LMU. Laut Michael Hölscher, Leiter des Tropeninstitutes in München und Initiator der Kohorten-Studien, fängt mit dieser ersten Bestätigung einer lange gehegten Hypothese die Arbeit allerdings „erst richtig an.“ Vor allem seien nun Therapien wichtig, die auch die erwachsenen Würmer von W. bancrofti schnell eliminieren, ergänzt Professor Achim Hörauf vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie am Universitätsklinikum Bonn. (fp)
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