Europarekord: Patienten leben schon seit fünf Jahren mit einem Kunstherz. Bereits 150 Menschen wurden an der Medizinischen Hochschule mit einem Kunstherz versorgt.
(28.10.2010) Die Herzchirurgie an der Medizinische Hochschule Hannover (MHH) zählt zu den besten weltweit. Hier wurden seit 2005 mehr als 150 Patienten mit einem Kunstherz versorgt. Die ersten dieser Patienten leben bereits seit fünf Jahren mit dem künstlichen Herz. Das ist europäischer Rekord und Grund genug sich ein wenig eingehender mit der neuen Generation der Kunstherzen zu beschäftigen.
Europarekord an der MHH
Prof. Dr. Martin Strüber, stellvertretender ärztlicher Direktor der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hatte dem heute 26-jährigen Nino Wolfram, dem 50 Jahre alten Uwe Schulze und dem 28 Jahre alten Bastian Heidhoff im zweiten Halbjahr 2005 jeweils das kontinuierlich pumpende Herzunterstützungssystem „Heartmate II" eingesetzt. Die drei Patienten der MHH gehörten zu den ersten weltweit, denen die neue Generation der Kunstherzen implantiert wurde. Lediglich in den USA leben zwei Patienten noch ein wenig länger mit entsprechenden Herzunterstützungssystem.
Kein Pulsschlag durch Mini-Turbinen Kunstherz
Eigentlich waren die Miniatur-Pumpen nur als kurzfristige Überbrückungssysteme für Patienten mit drohendem Herzversagen gedacht, solange bis ein geeignetes Spenderherz verfügbar ist. Die drei Patienten leben jedoch bereits seit fünf Jahren mit ihren künstlichen Herzen. „Ich bin froh, dass ich das Kunstherz bekommen habe – denn sonst würde ich gar nicht mehr leben", betonte Nino Wolfram, der mittlerweile dank des Herzunterstützungssystems nicht nur wieder Treppen steigen kann, sondern auch Rad fährt und ins Fitnessstudio geht. Neben der winzigen Größe ist das besondere an dem „Heartmate II“-System, dass die Pumpen wie kleine Turbinen das Blut kontinuierlich befördern und die Patienten daher keinen Pulsschlag mehr haben. „Vor fünf Jahren konnten wir nicht sicher sein, dass ein Leben ohne Puls über Jahre hinweg gut geht und sämtliche Organe sich auf die Pulslosigkeit einstellen können", erklärte Prof. Dr. Strüber und ergänzte, dass die Mediziner nun die Gewissheit haben, „dass Patienten mit diesen Kunstherzen über fünf Jahre ordentlich leben können“.
150 Kunstherz-Implantationen seit 2005
Mit mehr als 150 Kunstherz-Implantationen seit 2005 zählt die MHH zu den größten Behandlungszentren Europas, die solche Unterstützungssysteme implantieren. Wobei Prof. Dr. Axel Haverich, Direktor der MHH-Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie betont, dass die Implantation von künstlichen Herzen „zwar nur die zweitbeste Versorgung (ist), aber da es nicht genügend Spenderherzen für eine Transplantation gibt, müssen wir darauf zurückgreifen". So konnten im Jahr 2009 lediglich 363 Herzen transplantiert werden obwohl weit mehr Personen auf der Warteliste für ein Spenderorgan standen. Bereits 2004 warteten rund 400 Patienten auf ein entsprechendes Spenderherz und mittlerweile hat sich die Zahl mehr als verdoppelt, wie die Spezialisten betonen. Das Unterstützungssystem „Heartmate II“ bietet hier zur Überbrückung der Wartezeit eine gute Alternative. Das intracorporal, implantierbare Linksherzunterstützungssystem nach dem Axialpumpenprinzip des „Heartmate II“ ist für den Langzeitbetrieb ausgelegt und hat eine Pumpenleistung von bis zu zehn Liter pro Minute. Es wird direkt in den Brustkorb eingesetzt, wobei die Einlasskanüle in die linke Herzspitze (Apex) implantiert und die Auslasskanüle über eine Gefäßprothese in die Hauptschlagader (Aorta Ascendens) eingepflanzt wird. Die Patienten müssen jedoch stets ein akkubetriebenes Gerät mit sich tragen, welches die Pumpe steuert und dessen Akkus alle zwei bis drei Stunden aufgeladen bzw. ausgetauscht werden müssen.
Kunstherz-Forschung schreitet voran
Der Experte Prof. Dr. Strüber betonte, dass er zwar schon bei der Entscheidung für die Implantation künstlicher Herzen damit gerechnet habe, dass diese entsprechend lange halten, gewusst habe man es bei Start des Pilotprojekts jedoch noch nicht. Und bis heute sei nicht eindeutig geklärt, wie lange die Pumpen funktionieren werden, erklärte der Fachmann. „Ich denke, die Pumpen können noch gut zehn Jahre halten, aber die Schläuche zum Beispiel haben da eher Probleme“, so Prof. Dr. Strüber. Die Forschung schreitet jedoch kontinuierlich voran, so dass es jetzt bereits Geräte gäbe, die sehr viel kleiner und damit angenehmer zu tragen sind als die bisher transplantierten Pumpen, erklärte der Spezialist. (fp)
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Bildnachweis: Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 183-1988-1208-002, Urheber: Sindermann, Jürgen.
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