Essstörungen durch Facebook-Nutzung? Laut einer Studie tendieren Mädchen bei intensiver Facebook-Nutzung zu gestörtem Essverhalten wie Magersucht.
08.02.2011
Junge Mädchen, die viel Zeit mit Facebook verbringen, tendieren vermehrt zu Essstörungen. Dies haben israelische Wissenschaftler bei einer Untersuchung der Internet- und Fernsehgewohnheiten sowie der Ernährungspraktiken, Einstellung zum Essen und dem Körpergewicht junger Mädchen herausgefunden.
Die Wahrscheinlichkeit von Essstörungen bei jungen Mädchen steigt laut Aussage der israelischen Wissenschaftler parallel zur Zeit, die die Mädchen mit Facebook-Aktivitäten verbringen. Vergleichbare Entwicklungen seien beim Konsum von TV-Programmen und Online-Medien, deren Inhalte sich überwiegend um Mode und Berichte über Popstars und die Musikszene drehen, zu beobachten gewesen. Allerdings habe der Konsum dieser Medien im Rahmen der Untersuchung deutlich weniger Einfluss auf die Essgewohnheiten der Mädchen gehabt, als die Aktivitäten in dem sozialen Netzwerk, erklärten die Forscher des Fachbereichs für soziales Wohlergehen und Gesundheitswissenschaft der Universität Haifa .
Essstörungen steigen parallel zu Facebook-Aktivitäten
Im Rahmen ihrer Studie hatten die israelischen Forscher 248 Mädchen im Alter zwischen zwölf und 19 Jahren nach ihrem Konsum von Internet-Inhalten und Fernsehsendungen sowie Ernährungsgewohnheiten, ihrer Einstellung zum Essen und zu Diäten befragt. Außerdem sollten die Mädchen auch Angaben zum Körpergewicht, zum Selbstbild und ihrer Persönlichkeit im Allgemeinen beantworten. Insgesamt lag das Durchschnittsalter der Studienteilnehmerinnen bei knapp 15 Jahren. Die israelischen Wissenschaftler haben dabei festgestellt, dass parallel zur Beschäftigung mit Facebook, die Wahrscheinlichkeit einer Essstörung steigt. Je länger die Probandinnen sich in dem sozialen Netzwerk tummeln, desto häufiger leiden sie an Bulimie, Anorexie (Magersucht) und dem Zwang zum Abnehmen. Auch die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper sowie eine negative Einstellung zum Essen im Allgemeinen, nehmen nach Aussage der israelischen Wissenschaftler mit der für Facebook-Aktivitäten verwendeten Zeit zu.
Auch anderer Medienkonsum schädlich für die Mädchen
Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass auch der Konsum von Mode- und Musikprogrammen online und im Fernsehen schädlich für das Selbstwertgefühl der Jugendlichen ist, jedoch seltener zu Essstörungen führt. Allerdings zeigten die befragten Mädchen auch hier mit steigendem Medienkonsum eine zunehmend negative Einstellungen gegenüber Ernährung und dem eigenen Körper. Insgesamt war der Zusammenhang zwischen Facebook-Aktivitäten, dem Selbstbild und den Esspraktiken der Mädchen jedoch weitaus höher als bei den übrigen Medienaktivitäten, berichten die Forscher der Universität Haifa. Allerdings laut Aussage der Wissenschaftler die Wahrscheinlichkeit einer Essstörung bei intensiver Facebook-Nutzung nicht für alle Mädchen gleichsam gestiegen. Die Forscher stellten einen Zusammenhang mit der den Medienkonsum begleitenden elterlichen Fürsorge fest.
Elterliche Fürsorge als Schutzschild gegen Medieneinfluss
Umso intensiver sich die Eltern mit den Mädchen sowie deren Medienkonsum beschäftigten und mit ihren Töchtern über die Medienaktivitäten redeten, desto größer war den Studienergebnissen zufolge die Selbstbefähigung („personal empowerment“) der Mädchen, mit den entsprechenden Medien umzugehen. Diese Selbstbefähigung fungiert laut Aussage der israelischen Forscher als eine Art „Schutzschild“ gegenüber Essstörungen wie Magersucht, Bulimie und übertriebenen Diäten welche bei Facebook-Nutzerinnen im Alter zwischen zwölf und 19 Jahren besonders häufig waren. Mädchen deren Eltern sich kaum für den Medienkonsum ihrer Töchter interessieren, leiden deutlich häufiger unter Essstörungen, so die Forscher der Universität Haifa weiter. Nach Einschätzung der Wissenschaftler könnte das Verhalten der Eltern daher einen Schlüssel für das Verständnis von gefährlichen Verhaltensstörungen und deren Vermeidung seien.
Essstörungen unter Jugendlichen relativ weit verbreitet
Deutsche Experten, wie der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Uniklinikum Münster, Prof. Dr. Tilman Fürniss, weisen bereits seit längerem darauf hin, dass die Verbreitung von Essstörungen unter Jugendlichen besorgniserregende Ausmaße angenommen hat. So liegt nach Aussage des Fachmanns bei jedem fünften Heranwachsenden im Alter zwischen elf und 17 Jahren der Verdacht auf eine Essstörung vor. „Die Zahl und die Schwere von Essstörungen nimmt seit einiger Zeit immer mehr zu“, warnte Dr. Fürniss Ende des letzten Jahres. Dabei ist nach Aussage des Experten auch zu beobachten, dass die Betroffenen durchschnittlich immer jünger werden. Heute leiden teilweise bereits Neunjährige an Essstörungen, wohingegen noch vor wenigen Jahrzehnten überwiegend jugendliche Patienten zwischen 14 und 16 Jahren betroffen waren, betonte Dr. Fürniss. Besonders problematisch ist nach Aussage des Fachmanns die Häufung der Essstörungen bei Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren im Verlauf der Pubertät – jedes dritte Mädchen (jeder siebte Junge ) ist Dr. Fürniss zufolge in dieser Lebensphase davon betroffen. (fp)
Lesen Sie zum Thema Essstörungen:
Immer mehr Jugendliche leiden an Magersucht
Fördern Diäten Essstörungen?
Wann liegt ein Untergewicht vor?
Bild: Alexander Klaus / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.