Arzt erhält dreieinhalb Jahre Haftstrafe wegen sexuellen Missbrauchs von Patienten
23.03.2011
Wegen sexuellen Missbrauchs wurde eine Arzt aus Rastede vom Landgericht Oldenburg zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Besonders verwerflich: Die Patientinnen befanden sich wegen schwerer Gewalterlebnisse bei dem Mediziner in osteopathischer Behandlung.
Das Landgericht Oldenburg sah es als erwiesen an, dass der Arzt die Widerstandsunfähigkeit mindestens einer Patientin ausgenutzt hatte und diese zur Befriedigung der eigenen sexuellen Bedürfnisse missbrauchte. Dem Mediziner wurde ursprünglich vorgeworfen, zwischen November 2003 und Mai 2004 drei Patientinnen im Alter von 29, 39 und 45 Jahren insgesamt sechsmal missbraucht zu haben. Der Angeklagte hatte die Anschuldigungen stets bestritten und behauptet der sexuelle Kontakt habe einvernehmlich stattgefunden. Vor Gericht hatte der Verteidiger des Mediziners von Anfang an auf Freispruch plädiert.
Arzt begeht sexuellen Missbrauch an Patientinnen
Die Frauen befanden sich wegen sexueller Gewalterlebnisse in osteopathischer Behandlung bei dem nun verurteilten Arzt. Die Osteopathie basiert dabei auf einem engen Körperkontakt mit dem Therapeuten, da meist mit den Händen untersucht und behandelt wird. Der Mediziner führte jedoch offenbar anderes im Schilde als die Heilung der Patientinnen. Er nutzte die Frauen zur Befriedigung seiner Bedürfnisse – stets mit der Zustimmung der Betroffenen, wie der Angeklagte vor Gericht versicherte. Dass die Frauen aufgrund ihrer traumatischen Erlebnisse jedoch als „widerstandsunfähig“ einzustufen waren, wie die im Laufe des Prozesses bekannt gewordenen psychologischen Gutachten offenbarten, spielte für den Arzt anscheinend keine Rolle. Der Mediziner praktiziert bis heute, muss sich nun jedoch auf eine mehrjährige Zwangspause und den Verlust der Approbation (Behandlungszulassung) einstellen.
Mediziner beteuert seine Unschuld
Das Landgericht Oldenburg blieb mit seinem Strafmaß zwar unter den vier Jahren und acht Monaten, die von der Staatsanwaltschaft und Nebenklage gefordert wurden, doch setzte der Vorsitzende Richter, Hans-Georg Kaemena, dennoch ein deutliches Zeichen. Auch wenn mit dem Urteil die berufliche Existenz des Arztes gefährdet sei, ist das Strafmaß gerechtfertigt. „Sie haben ihren Berufsstand in Misskredit gebracht“, wendete sich der Vorsitzende Richter während der Urteilsbegründung direkt an den Angeklagten. Der 50-jährige Mediziner konnte bei sich indes bis heute offenbar kein strafbares Fehlverhalten erkennen und betonte: „Mit diesem Urteil kann ich nicht leben. Ich bin unschuldig“. Harald Wostry, der Rechtsanwalt des Angeklagten, nannte den Urteilsspruch ein Kompromissurteil, „das (…) mit Rechtsprechung nichts zu tun“ hat und kündigte noch im Gerichtssaal an, in Revision zu gehen.
Missbrauch bei einer Patientin erwiesen
Von einem Kompromissurteil spricht der Verteidiger nicht zuletzt, da zwei der Patientinnen vom Gericht als durchaus fähig zum Widerstand eingestuft wurden und der Arzt von den entsprechenden Anklagen des sexuellen Missbrauchs freigesprochen wurde. Die dritte Patientin leide jedoch an einer attestierten Widerstandsunfähigkeit, die der Mediziner für seine sexuellen Bedürfnisse ausgenutzt habe, so das Urteil des Gerichts. Weil sie jahrelang von ihrem Vater missbraucht worden war, hatte sich die 45-Jährige bei dem Angeklagten in Behandlung begeben. Dieser verschlimmerte das Leid der Betroffenen weiter, indem ihre hilflose Situation für die eigenen sexuellen Interessen ausnutze, befand der Vorsitzende Richter, Hans-Georg Kaemena. Heute sei die Frau eine gebrochene Persönlichkeit und ein Häufchen Elend, betonte der Richter. Die Beteuerungen des Angeklagten, dass der Sex einvernehmlich gewesen sei und er ein Liebesverhältnis mit der Patientin gehabt habe, verwies das Gericht indes ins „Reich der Fantasie“. (fp)
Bild: Rike / pixelio.de
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