Margarine gegen zu hohen Cholesterinspiegel fragwürdig
29.04.2011
Die Lebensmittelbranche wirbt seit Jahren mit gesundheitsfördernden funktionellen Lebensmitteln. So bieten einige Lebensmittelkonzerne beispielsweise Margarine oder „gesunde Jogurts“ mit pflanzlichen Sterolen an, die angeblich den Cholesterinspiegel senken und das Herz-Kreislauf-System schützen. Gesundheitsexperten und Wissenschaftler bezweifeln den angeblich gesundheitlichen Nutzen des Pflanzenstoffs in „funktionellen Lebensmitteln“. Um tatsächlich einen Effekt zu bewirken, müssten nämlich Menschen Unmengen der Pflanzenstoffe konsumieren. Diese Unmengen produzieren wiederum enorme gesundheitliche Risiken.
Nicht nur kein Nutzen, sondern auch Gesundheitsgefahren
Pflanzliche Sterine oder Phytosterole, mit denen verschiedene Nahrungsmittel wie Margarine oder Milchprodukte angereichert werden, haben nicht nur keinen nachgewiesenen Nutzen für die Gesundheit des Herzens, sondern könnten sogar negative Folgen haben. Wissenschaftler forderten daher auf der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz und Kreislaufforschung (DGK) mehr wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit dieser in Lebensmitteln angereicherten Stoffen. Ein Grund für den Zweifel der Wissenschaftler an der Sinnhaftigkeit mit Pflanzensterinen angereicherten Lebensmitteln: Es gibt keinen Nachweis dafür, dass die mögliche cholesterinsenkende Wirkung der Phytosterole einen messbaren Nutzen für die Herzgesundheit erbringt. „Statine hemmen die HMG-CoA-Reduktase, das Geschwindigkeits-bestimmende Enzym der körpereigenen Cholesterinsynthese in der Leber und senken dadurch das Cholesterin im Blut.“ Zwar haben größere Studien die Wirksamkeit von Statine im Bezug auf das Herz- Kreislauf-Erkrankungsrisiko einen positiven Effekt nachgewiesenen, allerdings liegen für das Konzept der „Cholesterinresorptionshemmung durch Nahrungsmittelsupplementation mit Phytosterolen“ keine belastbaren Studienergebnisse vor, wie Dr. Oliver Weingärtner von der Universität des Saarlandes, Homburg/Saar berichtet. „Für das Konzept der Cholesterinresorptionshemmung durch Nahrungsmittelsupplementation mit Phytosterolen liegen dagegen keine belastbaren Studienergebnisse vor, die die Wirksamkeit im Hinblick auf Patienten-relevante klinische Endpunkte wie zum Beispiel Schlaganfall- oder Herzinfarkt Risiko belegen.“
Zweifel an der Dosis
Entschiedene Zweifel ergeben sich vor allem bei der Dosis. Um einen positiven Effekt zu erwirken, müssten Konsumenten zwei Gramm und mehr pro Tag an Sterinen zu sich , um den Cholesterinspiegel um zehn Prozent zu reduzieren. „Um das über Obst und Gemüse zu erreichen, müssten beispielsweise 425 Tomaten, 150 Äpfel, oder 11 Tassen Erdnüsse am Tag verzehrt werden.“, so Dr. Weingärtner. Würden nun sogenannte Funktionelle Lebensmittel mit einer solchen Menge angereichert, entspreche dies nicht dem Ansatz einer „gesunden Ernährung“, so Prof. Dr. Ulrich Laufs (Universität des Saarlandes, Homburg/Saar): „Dann handelt es sich um eine Maßnahme, die mit einem Medikament vergleichbar ist, und entsprechend sorgfältig muss man damit umgehen.“
Gesundheitsgefahren durch Ablagerungen
Eine Gesundheitsgefahr liegt sehr wahrscheinlich vor, weil eine Reihe von Wissenschaftsstudien Hinweise lieferten, das dass Phytosterole, die sich im Körper ablagern, möglicherweise sogar negative Effekte auf Herz und Gefäße haben könnten. In einem Tierexperiment zeigte sich, dass pflanzlichen Stoffe sich dauerhaft im Gehirn anlagert. „Wegen der Hinweise auf Risiken und aufgrund eines fehlenden Beleges für eine positive Wirkung sind vor einer Empfehlung von Lebensmitteln mit Phytosterolen weitere Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit erforderlich“, so Dr. Weingärtner.
Wissenschaftler des Leipziger Uniklinikums hatten unlängst ebenfalls zur Vorsicht bei funktionellen Lebensmitteln geraten, da für einen nicht zu unterschätzenden Anteil der Bevölkerung Phytosterole die Gesundheit gefährden. Ein Studie hatte nachgewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Transport pflanzlicher Sterole und möglichen en besteht. Menschen mit einer bestimmten genetischen Veranlagung können pflanzliche Fettstoffe schlechter ausscheiden. Durch diesen Umstand wird der Sterolspiegel im Körper erhöht und das Risiko einen Herzinfarkt zu erleiden, steigt. Laut Forschungsergebnisse neigen Menschen mit den Blutgruppen A, B und AB zu einem erhöhten Sterolspiegel. (sb)
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Bild: Claudia Hautumm /pixelio.de
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