Darm-Immunzellen entscheidend für die körpereigenen Abwehrkräfte
11.05.2011
Der Darm spielt nicht nur bei der Verdauung sondern auch bei der Immunabwehr eine entscheidende Rolle. Dabei kommt speziellen Lymphozyten im Darm eine besondere Bedeutung zu, berichten die US-Forscher um Lora Hooper vom Southwestern Medical Center der University of Texas in Dallas, USA in der der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences, PNAS“
Bestimmte Lymphozyten im Darm dienen der Abwehr von Krankheitserregern und Bakterien direkt an der Darmwand, so die Aussage der US-Wissenschaftler. Die Abwehrfunktion der Lymphozyten ist dabei vor allem in den ersten drei bis vier Stunden nach dem Eindringen der Krankheitserreger besonders wichtig, erklärten Lora Hooper und Kollegen. Wird die Schutzfunktion gestört, könnten schwere chronische Darmerkrankungen die Folge sein.
Immunzellen im Darm verhindern die Ausbreitung von Krankheitserregern
Die besondere Bedeutung der Lymphozyten im Darm für die Immunabwehr, haben die US-Forscher anhand von Laborversuchen untersucht, bei denen sie genmanipulierte Mäuse, die keine entsprechenden Lymphozyten produzieren konnten und gesunde Mäuse Krankheitserreger (Salmonellen) über die Nahrung aufnehmen ließen. Anschließend beobachteten sie die Reaktion des Immunsystems, wobei die Konzentration der Erreger in der Milz drei Stunden nach der Salmonellen-Aufnahme bei den Mäusen ohne entsprechende Lymphozyten hundertfach höher war als bei den normalen Mäusen. 24 Stunden nach der Aufnahme gingen die Unterschiede in der Salmonellen-Belastung jedoch wieder zurück, da die übrigen Teile des Immunsystems mit der Bekämpfung der Erreger begonnen hatten, berichten die US-Forscher. Die Darmlymphozyten spielen demnach vor allem in den ersten Stunden nach dem Eindringen der Krankheitserreger eine besondere Rolle.
Darmlymphozyten bilden Abwehrstoffe und alarmieren Immunzellen
Den US-Wissenschaftlern zufolge produzieren spezielle Lymphozyten im Darm Abwehrstoffe, sobald sie in der Darmschleimhaut Kontakt mit Bakterien haben. Dabei werden sogenannte Lektine (Bakterien abtötende Proteine) und Botenstoffe, die andere Immunzellen alarmieren, freigesetzt, erläuterten die US-Forscher. So kann in den ersten Stunden nach dem Eindringen der Erreger deren Ausbreitung kontrolliert und eine effektive Bekämpfung durch das Immunsystem gewährleistet werden, erklärten Lora Hooper und Kollegen. Ein Mangel der entsprechenden Darmlymphozyten und andere Störungen der beschriebenen Schutzfunktion, könnten den Vermutungen der US-Forscher zufolge auch Ursache für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie etwa Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn sein. Denn bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen spiele das Gleichgewicht zwischen den Bakterien im Darm und den körpereigenen Abwehrkräfte eine besondere Rolle, erklären die US-Wissenschaftler. So muss der Körper einerseits die Bakterien als natürlichen Bestandteil einer gesunden Darmflora akzeptieren und anderseits das Eindringen der Keime in die Darmschleimhaut verhindern, um Infektionen zu vermeiden.
Forschung intensiviert – Zusammenhang zwischen Übergewicht und Darmtyp entdeckt
Die Bedeutung des Wechselspiels zwischen Bakterien und Pilzen der Darmflora mit den körpereigenen Abwehrkräften war in jüngster Vergangenheit mehrfach Inhalt umfassender Studien, wobei nicht nur die Effekte bei der Abwehr von Krankheitserregern im Vordergrund standen, sondern zum Beispiel auch ein Zusammenhang bestimmter Darmtypen mit dem Risiko von Übergewicht und Adipositas untersucht wurde. So kam eine Studie unter Federführung des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg zu dem Ergebnis, dass sich im menschlichen Darm abhängig von den vorhandenen Bakterienarten drei unterschiedliche Typen von Keimpopulationen bestimmen lassen. Diese regulieren auch die individuelle Nahrungsverwertung und legen fest, ob ein Mensch dazu tendiert, übergewichtig oder fettleibig (adipös) zu werden, berichteten die Forscher des EMBL im Fachmagazin „Nature“. Die jetzt entdeckte Wirkung der Darmlymphozyten könnte indes möglicherweise dazu beitragen, neue Therapien zur Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten zu entwickeln, „wenn wir verstehen, wie sich die Bakterienabwehr dieser Immunzellen verstärken lässt“, betonten die US-Forscher. (fp)
Lesen Sie zum Thema Darm und Abwehrkräfte:
Mehrheit der Deutschen hat Darmpilze
Divertikel: Ballaststoffe erleichtern den Darm
Darmtyp entscheidend für Übergewicht?
Darmdysbiose: Mit Bakterien gegen Bakterien
Bild: Sigrid Rossmann / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.