Langjähriges Musizieren verbessert Gedächtnisleistung und Hörvermögen
13.05.2011
Durch das langjährige Spielen eines Musikinstrumentes erhöht sich die Gedächtnisleistung und das Spracherkennungsvermögen in lauter Umgebung. Zu diesem Ergebnis kommen die US-Forscherin Nina Kraus von der Northwestern University in Evanston, Illinois und Kollegen im Rahmen einer kleinen Studie mit Nicht-Musikern und Musikern, deren Hörvermögen und Gedächtnisleistungen auf die Probe gestellt wurde.
Mit zunehmendem Lebensalter geht meist auch das Hörvermögen zurück, wobei die Betroffenen vor allem in lauter Umgebung Probleme haben, Gesprächen zu folgen. Sie können die Sprache nicht von den übrigen Geräuschen trennen, was nach Ansicht der US-Forscher nicht allein durch den Gehörverlust bedingt ist, da Probanden mit vergleichbarem Hörvermögen in ihrer Studie bei der Spracherkennung unter Geräuschbelastung äußerst unterschiedlich abschnitten. Die Musiker waren bei allen Untersuchungen besser als die Probanden, die kein Instrument spielen, berichten die US-Forscher um Studienleiterin Nina Kraus im wissenschaftlichen Fachmagazin „PLoS One“.
Verbessertes Gedächtnis und Spracherkennungsvermögen durch Musik
Den Wissenschaftlern der Northwestern University zufolge scheint ein „lebenslanges musikalisches Training (…) Vorteile für mindestens zwei wichtige Fähigkeiten zu verleihen, die bekanntermaßen mit dem Alter nachlassen“. „Das Gedächtnis und das Vermögen, Sprache in Lärm zu hören“, war bei den Musikern, die seit ihrem neunten Lebensjahr durchgehend ein Instrument spielten, deutlich besser als bei den Nichtmusikern, so die Aussage der Studienleiterin Nina Kraus. Die Wissenschaftler unterzogen im Rahmen ihrer Studie achtzehn Musiker und neunzehn Nicht-Musiker im Alter zwischen 45 und 65 Jahren einer Reihe von Tests, mit denen sie die Gedächtnisleistung der Probanden im Bereich des Hörens und Sehens sowie deren Fähigkeit, Sprache bei hoher Geräuschbelastung zu verstehen, ermittelten. Studienleiterin Kraus erklärte, dass bei den „musikalisch Trainierten“gegenüber den Nicht-Musikern eindeutige „ neuronale Verbesserungen“ zu beobachten waren.
Neuronale Verbesserungen durch das musikalische Training
Die „neuronalen Verbesserungen“ bei den Musikern sind den US-Forschern zufolge jedoch „nicht einfach nur ein Verstärkungs- oder eine Art Lautstärkeregler-Effekt", sondern die mit dem Hören verbundene Gedächtnisleistung werde ebenfalls gesteigert. „Zu musizieren fordert die Fähigkeit, relevante Muster separat zu erkennen, wie etwa den Klang des eigenen Instrumentes, Harmonien und Rhythmen,“ erklärte Studienleiterin Kraus. Durch die damit verbundene Feinabstimmung des Nervensystems werde offenbar auch das Spracherkennungsvermögen positiv beeinflusst, erklärten die US-Wissenschaftler. Die mit der Verarbeitung von optischen Reizen beschäftigten Bereiche des Gehirns werden laut Aussage der Forscher durch das Musizieren indes nicht beeinflusst. Bei den Tests, die mit dem visuellen Arbeitsgedächtnis zusammenhingen, fielen die Ergebnisse der Musiker und Nicht-Musiker ähnlich aus, berichten Kraus und Kollegen.
Musik zur medizinischen Behandlung bei Schädigungen des Gehirns?
Ihre Studienergebnisse legen den Schluss nahe, dass durch langjähriges Musizieren und das damit verbundene Training, die altersbedingten Einschränkungen bestimmter Fähigkeiten im Bereich des Hörens deutlich reduziert werden können, so das Fazit des Forscherteams um Nina Kraus von der Northwestern University. Die positiven Auswirkungen von Musik auf die neuronale Leistungsfähigkeit wurde auch in früheren Studien schon untersucht, wobei Gottfried Schlaug, Direktor des „Music and Neuroimaging Laboratory“ an der Harvard Medical School Anfang 2010 eine Untersuchung vorgestellt hat, die den Effekt des Singens bei der Behandlung von Schlaganfall-Patienten genauer unter die Lupe nahm. Die relativ häufig nach einem Schlaganfall auftretenden Sprachstörungen, seien durch die Gesangstherapie erfolgreich behandelbar, berichtete der US-Wissenschaftler. Schlaug verwies bei Vorstellung seiner Studie auch auf Patienten, die einen Text kaum sprechen, diesen aber ohne Probleme singen konnten. Der Grund für den Erfolg der Therapie ist nach Aussage des US-Forschers, dass die Musik beide Gehirnhälften anspricht, während der Akt des Sprechens sich auf die linke Hirnhälfte beschränkt. Hier liegt der Bereich des Sprachzentrums, welches bei den betroffenen Schlaganfall-Patienten nicht ausreichend mit Blut versorgt und dadurch geschädigt wurde. Durch das Musizieren werden nun größerer Hirnareale angesprochen und auch in dem geschädigten Sprachzentrum konnten neue Verbindungen aufgebaut werden, berichtete der US-Forscher. (fp)
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Bild: Olga Meier-Sander / pixelio.de
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