Langzeitstudie: Kinder, die im Dreck spielen dürfen, weisen weniger Allergien auf
18.05.2011
„Eltern lasst eure Kinder im Dreck spielen, denn es ist förderlich für die Gesundheit“. So oder so ähnlich könnte das Resümee einer neuen Allergie-Studie des Sozialmediziners Ulrich Keil der Universität Münster lauten. Nach seinen Ergebnissen weisen Kinder, die im „Dreck“ spielen dürfen, ein geringeres Erkrankungsrisiko von Asthma bronchiale und Allergien auf.
Noch vor einigen Jahren galt eine sterile Umgebung für Kinder als das Nonplusultra. Heute weisen immer mehr Studien auf einen gegenteiligen Effekt hin. Kinder, die der Natur nicht ausgesetzt sind, können auch nicht ihr Immunsystem trainieren. Prof. Dr. med. Ulrich Keil vom Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Uni Münster führte mit seinem Forscherteam eine Langzeitstudie zu dieser Thematik durch. Hierfür werteten die Wissenschaftler im Rahmen der anerkannten ISAAC-Studie (Internationale Studie von Asthma und Allergien in der Kindheit) die Daten der letzten 20 Jahre von rund 2 Millionen jungen Allergikern in 106 Ländern aus. Dabei achteten die Forscher vor allem auf die Lebensumstände des Kindes, in denen es aufwuchs.
Kinder, die in nicht so sterilen Umgebungen aufwachsen, entwickeln ein anderes Immunsystem
Im Ländervergleich konnten die Forscher beobachten, dass beispielsweise Kinder in Entwicklungsländer eine bedeutend geringere Anfälligkeit gegenüber Allergien und Asthma aufwiesen, als Kinder in westlichen Industrieländern. „Beispielsweise waren die Raten in Albanien viel geringer als in Australien. Das hat die Hygiene-Theorie bestätigt: Kinder, die nicht in so sterilen Verhältnissen aufwachsen, entwickeln ein ganz anderes Immunsystem. Kinder sollten eben auch mal im Dreck spielen dürfen.“ sagte Keil gegenüber dem TV-Sender „n-TV“.
Die Menschen sind über Jahrtausende gänzlicher anders aufgewachsen, als es heute in der sterilen Welt der Fall ist. Früher waren Kinder viel mehr Bakterien und Infektionen ausgesetzt, so dass das Immunsystem entsprechende abwehrende Mechanismen entwickelte. Heute sind die meisten Menschen völlig anderen Sozialisationen ausgesetzt. „Heute leben wir in einem sehr sauberen, keimfreien Umfeld und unser Immunsystem ist deshalb ganz anders entwickelt."
Ernährungsweise beeinflusst Risiko für Allergien
Nicht nur die keimfreie Umwelt bedingt die Entstehung von Allergien. Auch die Ernährung spielt eine gewichtige Rolle, betont Keil. Eine mediterrane Ernährung mit viel Fisch, Gemüse und Hülsenfrüchte schützt von klein auf vor einer Asthmaneigung. Schädlich sind sogenannte Trans-Fettsäuren in frittiertem Essen, wie sie vor allem in Pommes und Hamburgern enthalten sind. Heute weiß man auch, Kinder rauchender Eltern neigen eher zu Allergien und Asthma, als andere.
Schlammbäder für Kinder schützen vor Asthma und Allergien
Kinder sollten demnach nicht unbedingt Keimfrei aufwachsen, sondern öfter mal mit Matsch an der frischen Natur spielen. Der Sozialmediziner rät daher allen Eltern, Bäder im Dreck und Schlamm auf keinen Fall zu verbieten. Das Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster besteht seit 1993. Das Institut umfasst die Bereiche Herz-Kreislauf-Epidemiologie, Klinische Epidemiologie, Neuroepidemiologie sowie Umwelt und Arbeitsepidemiologie. (sb)
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Bild: Albrecht E. Arnold / pixelio.de
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