Neue Studie zu Fluglärm: Nachtfluglärm lässt Blutdruck steigen
03.07.2013
Fluglärm führt zu gesundheitlichen Problemen wie Bluthochdruck und kann sogar Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen. Eine Studie der Mainzer Universitätsklinik habe ergeben, dass der Lärm die Gefäßfunktion beeinträchtigt.
Politische Konsequenzen gefordert
Fluglärm steigert die Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin und beeinträchtigt die Gefäßfunktion. Dies habe eine Studie mit 75 Teilnehmern ergeben, wie die Mainzer Universitätsklinik am Dienstag mitteilte. Studienleiter Thomas Münzel sagte: „Wir wissen, dass Fluglärm Bluthochdruck, Herzinfarkte und auch Schlaganfälle auslösen kann.“ Bislang seien jedoch die genauen Mechanismen, die zu diesen Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, nicht bekannt gewesen. Laut Münzel, Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik konnten neue Erkenntnisse gewonnen werden: „Diese Studie zeigt ganz konkret auf, wie und bei welchen Schallpegeln Gefäßschäden entstehen.“ Die Ergebnisse der Studie sollten zu politischen Konsequenzen führen, forderten die Wissenschaftler.
Fluglärm im Schlafzimmer
Für die Studie wurden 75 gesunde Männer und Frauen nachts in ihren Schlafzimmern mit Fluglärm von durchschnittlich 60 Dezibel beschallt. Die Probanden waren in drei Gruppen aufgeteilt. Die einen wurden mit 30 simulierten Nachtflügen pro Nacht beschallt, die anderen mit 60 und für die dritte Gruppe blieb die Nacht lärmfrei. 30 Flüge entsprachen dabei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 43 Dezibel, 60 Flüge dem von 46 Dezibel. Solche Werte werden in Rhein-Main regelmäßig erreicht.
Störungen wie bei Rauchern
Die Teilnehmer wurden während der Studie mit einer Infrarotkamera im Schlaf gefilmt und mit Ultraschallgeräten ermittelten die Forscher die Gefäßfunktion. Es zeigte sich, dass Nachtfluglärm bei den Probanden das Stresshormon Adrenalin steigerte und die Funktion der Blutgefäße signifikant verschlechterte. Erstautor Frank Schmidt von der Universitätsmedizin Mainz erklärte: „Unsere Studienergebnisse belegen, dass in gleicher Weise wie die Fluggeräusche zunehmen, die Erweiterungsfähigkeit der Arterien abnimmt.“ Laut Schmidt entwickelten mehrere der Probanden eine Funktionsstörung der Blutgefäßinnenwand, wie sie zum Beispiel auch bei Rauchern zu beobachten sei.
Der Mensch gewöhnt sich nicht an den Lärm
Münzel fasste den Hauptbefund der Untersuchung zusammen: „Fluglärm führt schon bei gesunden Probanden in nur einer Nacht zu einer Verschlechterung der Gefäßfunktion.“ Ein überraschendes Ergebnis war auch, dass sich zeigte: der Mensch gewöhnt sich offenbar nicht an den nächtlichen Fluglärm. So ließen die Forscher einer Nacht mit 30 Überflügen eine Nacht mit 60 Überflügen folgen und stellten fest, dass eine Steigerung der Fluganzahl zu einer deutlich schlechteren Gefäßfunktion führte, als bei Probanden, die direkt 60 Überflüge erdulden mussten. „Das bedeutet, dass man sich im Rahmen mehrerer Beschallungen nicht an den Fluglärm gewöhnt, sondern das Ausmaß der Gefäßschäden eher zunimmt“, so Münzel.
Vitamin C hilft
Zudem zeigte die Studie, dass sich die Gefäßschädigung mit Vitamin C therapieren lässt. Das Vitamin binde die freien Radikale im Blut, die sich aufgrund des Lärms gebildet hatten. „Das bedeutet freilich nicht, dass sich durch Vitamin C die Folgen von Fluglärm einfach lösen lassen“, so Schmidt.
Weitere Studien
In vielen Städten hat der Fluglärm in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Es besteht mehr Bedarf an wissenschaftlichen Erkenntnissen über die gesundheitlichen Auswirkungen des zunehmenden Flugverkehrs. Erst im März hatte eine Studie des Umweltbundesamtes rund um den Flughafen Köln/Bonn ergeben, dass Fluglärm das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. An einer Studie, die Auswirkungen von Fluglärm bei Patienten mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht, arbeitet derzeit die Mainzer Universitätsmedizin. Und die Lärmwirkungsstudie „NORAH“ (Noise-Related Annoyance, Cognition, and Health) soll bis Sommer 2014 erste Ergebnisse über die Auswirkungen von Verkehrslärm im Allgemeinen liefern. (ad)
Bildnachweis: Ulla Trampert / pixelio.de
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