Der AOK Nordost droht eine finanzielle Schieflage durch den Ansturm vieler City-BKK-Mitglieder
23.05.2011
Der AOK Nordost droht aufgrund der hohen Zahl der Wechselanfragen ehemaliger City BKK Versicherten akute finanzielle Engpässe. Seit Ankündigung der Schließung verlangen vor allem in Berlin viele Bürger den Einlass in die Allgemeine Ortskrankenkasse AOK Nordost. Der Ansturm könnte wie ein negativer Bumerang wirken und die Kasse selbst in eine schwierige Lage bringen. Der Vorsitzende der AOK Nordost, Frank Michalak, warnte gegenüber der Berliner Zeitung: „Die Neumitglieder stellen uns vor organisatorische und finanzielle Mehrbelastungen“. Vor allem ältere und chronisch kranke Menschen verlangen den Eintritt in die AOK. Als erschwerend komme hinzu, dass der Gesundheitsfonds außenstehende Versicherten-Beiträge erst zwei Monate nach Eintritt der Neumitglieder zahlt. Und das, obwohl ehemalige City BKK Versicherte von Anfang an hohe Gesundheitskosten verursachen.
Zusatzbeiträge drohen bei finanzieller Schieflage
Die Situation ist dramatisch. Ändert die Politik nicht etwas an den Zuweisungen, dann drohen auch den Versicherten der AOK Nordost Zusatzbeiträge. „Dies kann zu Liquiditätsproblemen führen, was die Kassen dann dazu zwingen könnte, einen Zusatzbeitrag zu erheben“, mahnte Michalak. Für das laufende Jahr schloss der Krankenkassenchef einen Zusatzbeitrag allerdings aus. Die schwarz-gelbe Koalition muss endlich Veränderungen am Gesundheitsfonds vornehmen, fordert der Kassenchef. Denn das Geld muss auch bei denen ankommen, die es dringend benötigen. „Das Geld aus dem Gesundheitsfonds muss dort ankommen, wo es gebraucht wird, bei den Alten und Kranken“, sagte Michalak. Die zugewiesenen Gelder decken lange nicht die Kosten ab, die von dieser Versichertengruppe verursacht werden. Eben jenes Problem wurde auch der City BKK zum Verhängnis und beförderte die Insolvenz. Vor allem ältere und zum Teil sehr kranke Menschen waren in der City BKK krankenversichert. Hinzu wohnten die meisten in Hamburg oder Berlin, wo die Arztkosten mit am Höchsten sind.
Finanzielle Probleme werden weiter gereicht
Schließt eine Kasse, so dürfen die Versicherten selbst entscheiden, bei welche Krankenkasse sie künftig versichert sind. Das ist politisch gewollt und zunächst nur einmal bloße Theorie. Denn eine Kasse schließt nicht einfach so, sondern aufgrund schwerwiegender Probleme. Die Probleme werden an die anderen Krankenkassen weiter gegeben. Sind „Problemmitglieder“ dann nicht gut im Kassensystem verteilt, könnte schnell ein Dominoeffekt entstehen. Der nächsten Kasse droht dann wohl möglich die Insolvenz. Daher fürchten sich die meisten Krankenkassen vor ein Flut von Neuanmeldungen und versuchen mit nicht haltbaren Behauptungen Neuanmeldungen regelrecht abzuwimmeln.
Rentner haben Anrecht auf frei Kassenwahl
Die Deutsche Rentenversicherung wies in einer aktuellen Stellungnahme daraufhin, dass nicht nur Erwerbstätige, sondern auch Rentner eine neue Krankenkasse ohne Einschränkung wählen können. Ist eine neue Kasse gefunden, so beginnt der neue Versicherungsschutz vom ersten Tag an. Wer selbst keine neue Krankenkasse gewählt oder gefunden hat, für die meldet die Rentenversicherung eine neue Kasse an. Das geschieht automatisch ab dem 11. August 2011. „Dies wird in aller Regel die Krankenkasse sein, bei der der Rentner vor seiner Mitgliedschaft in der City BKK versichert war.“ Konnte keine Kasse ermittelt werden, wählt die Rentenversicherung eine neue Krankenkasse selbst aus. Rentenbezieher sollten aber im Vorfeld um eine neue Kasse bemüht sein, um künftige Zusatzbeiträge auszuschließen.
Vielen droht zwangsweise Zuweisung
Erst 40.000 der 170.000 Versicherten der City BKK haben erst eine neue Krankenkasse nach Ankündigung der Schließung gefunden. Da noch immer massiv Versicherte bereits am Telefon abgewimmelt werden, droht vielen die Zwangseinweisung durch den Abgeber. Wer zwei Wochen nach Schließung noch immer keine Kasse gefunden hat, für den wird vom Arbeitgeber eine neue gesucht. Experten schätzen die Zahl derjenigen, die zwangsweise wechseln bei rund 50.000. Eigentlich war dieses Verfahren für Ausnahmefälle gedacht, also für Menschen die sich aufgrund spezieller Situationen keine neue Krankenkasse suchen können. Nun stellt sich heraus, dass mindestens ein Drittel der City BKK Mitglieder von einem Zwangswechsel ohne frei Wahl betroffen sind. (sb)
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Autoren- und Quelleninformationen
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