AML-Schalter entdeckt: Protein verantwortlich für Leukämie
12.07.2011
Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben eine Art Schalter entdeckt, der die Entwicklung von Leukämie (Blutkrebs) maßgeblich beeinflusst. Die Arbeitsgruppe um Michael Heuser von der MHH konnte im Rahmen ihrer aktuellen Studie ein bestimmtes Protein als wesentlichen Einflussfaktor für die Entstehung der akuten myeloischen Leukämie (AML) identifizieren. Durch die Ausschaltung des entsprechenden Eiweißes könnten die therapeutischen Verfahren in Zukunft deutlich verbessert werden, hoffen die Forscher.
Die akute myeloische Leukämie (AML), eine besonders schwere Form des Blutkrebses, wird maßgeblich durch ein bestimmtes Eiweißes bedingt, welches als eine Arte Schalter für AML fungiert, berichten Michael Heuser und seine Kollegen von der MHH in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Cancer Cell“. Die Forscher entdeckten das Protein im Rahmen ihrer aktuellen Studie bei der Untersuchung des Blutbildungsprozesses von Mäusen. Nun hoffen die Wissenschaftler therapeutische Verfahren ableiten zu können, die eine effiziente Behandlung bzw. Prävention der AML ermöglichen.
Entwicklung von Leukämie im Blutbildungsprozess
Im Rahmen ihrer Forschungsarbeit haben die Wissenschaftler der MHH im Labor den Blutbildungsprozess genauer unter die Lupe genommen. In der Petrischale beobachteten Michael Heuser und Kollegen, wie sich die Zellen von Mäusen auf dem Weg zur reifen Blutzelle entwickelten. Dabei durchlaufen die Zellen generell mehrere Stadien bis sie am Ende als reife Blutzelle zahlreiche Funktionen im Körper übernehmen können. Aus Stammzellen werden unreife Vorläuferzellen, später reife Vorläuferzellen und schließlich die reifen Blutzellen. Bei ihren Laboruntersuchungen verwendeten die Forscher Mäusezellen denen sie ein Gen (MN1-Gen) eingesetzt hatten, welches die besonders aggressiven akuten myeloischen Leukämien auslösen kann. Während der Beobachtung der Zellentwicklung stellten Michael Heuser und Kollegen fest, dass lediglich die unreifen Vorläuferzellen eine Leukämie entwickelten, die reifen Vorläuferzellen und die reifen Blutzellen hingegen nicht zur Blutkrebsbildung tendierten.
Protein bestimmt die Entwicklung von Leukämiezellen
Dass nur die unreifen Vorläuferzellen eine Leukämie entwickelten, ist nach Aussage der MHH-Forscher auf ein bestimmtes Protein (MEIS1) zurückzuführen, welches ausschließlich in den in diesen Zellen vorhanden ist, bei den weiteren Blutbildungsstadien jedoch fehlt. Wurde das entsprechende Eiweiß in Verbindung mit dem Leukämie erregenden MN1-Gen den reifen Vorläuferzellen eingesetzt, entwickelten sich auch diese zu Leukämiezellen, erklärten Michael Heuser und Kollegen. Damit liege der Verdacht nahe, dass „MEIS1 als eine Art Schalter“ fungiert, „der bestimmt, ob eine Leukämie entsteht oder nicht“, erklärte Heuser. Diese Vermutung habe sich auch bestätigt, als die Forscher in bestehenden Leukämiezellen der Mäuse MEIS1 ausschalteten, schreiben die Mediziner. Ohne MEIS1 „konnten die Zellen keine Leukämie mehr in den Mäusen verursachen“, betonte Heuser. Die Ergebnisse der MHH-Wissenschaftler klingen vielversprechend, denn „die Ausschaltung von MEIS1“ könnte laut Heuser „eine effektive Therapie für viele Patienten mit unterschiedlichen Leukämieformen“ sein. Als weiteres Forschungsziel proklamierten die Wissenschaftler die Suche nach geeigneten Medikamenten, um die Schalter wie MEIS1 auszuschalten oder zu blockieren.
Erhöhte Überlebenschance durch verbesserte therapeutische Verfahren
Für die rund 10.000 Menschen die den Angaben der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) zufolge jährlich an den verschiedenen Leukämieformen erkranken, könnten die von den MHH-Forschern in Aussicht gestellten therapeutischen Verbesserungen einen echten Hoffnungsschimmer bedeuten. Sollten sich ähnliche Verfahren auch auf die anderen Blutkrebsformen wie die akute lymphatische Leukämie (ALL), die chronische lymphatische Leukämie (CLL) und die chronische myeloische Leukämie (CML) übertragen lassen, könnte das Risiko eines tödlichen Krankheitsverlauf insgesamt deutlich reduziert werden. Derzeit liegt die relative Überlebensrate nach fünf Jahren laut GEKID für Männer bei 46 Prozent und für Frauen bei 44 Prozent. Somit verstirb annähernd die Hälfte der Leukämie-Patienten innerhalb von fünf Jahren an den Folgen der Erkrankung. Eine Verbesserung der therapeutischen Maßnahmen könnte hier auch zu einer deutlich höheren Überlebenschance beitragen. (fp)
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