Verletzung des Rückenmarks führt zum Abbau des Gewebes
03.07.2013
Bereits 40 Tage nach einer Querschnittslähmung haben Betroffene weniger Nervengewebe im Rückenmark. Das haben Forscher der Universität Zürich und der Uniklinik Balgrist dank einer neuen bildgebenden Messmethode herausgefunden. Mit dem Verfahren könnte zukünftig die Wirksamkeit von Behandlungen oder Rehabilitationen schneller und besser kontrolliert werden.
Nach 40 Tagen treten Veränderungen im Rückenmark und Gehirn auf
Eine Verletzung des Rückenmarks verändert das Rückenmark und das Gehirn. Bisher war jedoch nicht bekannt, wie schnell sich die anatomischen Veränderungen bei querschnittgelähmten Menschen entwickeln. Forschern der Universität Zürich und der Uniklinik Balgrist gelang in Zusammenarbeit mit Kollegen vom University College London nun der Nachweis, dass die Veränderungen bereits 40 Tage der akuten Verletzung einsetzen. Nach zwölf Monaten war das Rückenmark sogar um sieben Prozent geschrumpft. Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Lancet Neurology“.
Es hat bereits frühere Untersuchung gegeben, bei der die Forscher nachwiesen, dass sich das Rückenmark nach 14 Jahren Querschnittslähmung um ein Drittel zurückgebildet hatte. Die zeigten Forscher zeigten sich überrascht, da sie davon ausgegangen waren, dass für die Entstehung derartiger Schäden oberhalb der Verletzung viele Jahre vergehen müssen.
Ausmaß der Veränderungen im Rückenmark korreliert mit Krankheitsverlauf
Für ihre aktuelle Studie untersuchten die Wissenschaftler 13 akut querschnittgelähmte Patienten und 18 Kontrollpersonen. Innerhalb eines Jahres wurden die Probanden jeden dritten Monat mittels Magnetresonanztomographie (MRT) untersucht. Dabei stellten die Forscher einen rapiden Rückgang des Rückenmarks fest, der nach zwölf Monaten sieben Prozent ausmachte. Auch bei den aufsteigenden motorischen Nervenbahnen und den Nervenzellen im sensomotorischen Kortex sei ein, wenn auch geringer, Volumenverlust zu verzeichnen gewesen, berichten die Wissenschaftler. Wie groß dabei die degenerativen Veränderungen waren, hing vom Krankheitsverlauf ab. „So erholten sich Patienten mit grösserem Verlust an Nervengewebe oberhalb der Verletzung weniger gut als jene mit geringerem“, erläuterte Patrick Freund, Forschungsassistent am Zentrum für Paraplegie Balgrist.
Die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung einer Querschnittslähmung, die zur Regeneration des Rückenmarks führt, sind bislang sehr gering. Die Betroffenen bleiben meist ein Leben lang gelähmt. Freund weist jedoch daraufhin, dass das neue bildgebende Verfahren die Wirkung von Behandlungen und rehabilitativen Massnahmen viel schnell sichtbar machen kann. Auch neue Therapien könnten auf diese Weise besser auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.
Neurorehabilitationsverfahren erfolgreich bei querschnittsgelähmten Ratten angewendet
Ein anderes Schweizer Forscherteam um Grégoire Courtine von der Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) machte im vergangenen Jahr mit einem neuen Verfahren auf sich aufmerksam, mit dem sie querschnittgelähmte Ratten dazu brachten, wieder laufen zu können. Das Neurorehabilitationsverfahren basiert unter anderem auf einem Lauftraining und der elektrischen und chemischen Stimulierung schlafenden Nervenzellen im Rückenmark, die nach einer Verletzung oder vollständigen Durchtrennung unterhalb des Einschnitts keine Informationen mehr vom Gehirn erhalten.
Bisher wurde das Verfahren lediglich an Ratten getestet. Ob es tatsächlich auch beim Menschen zum Einsatz kommen kann, muss in weiteren Untersuchungen überprüft werden. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachmagazin „Science“. (ag)
Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.