Berlin verzeichnet die meisten Masern-Infektionen seit 10 Jahren
01.09.2011
Nachdem bereits im Mai die Landesgesundheitsämter und der Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) vor einer wachsenden Ausbreitung der Masern gewarnt hatten, verzeichnet Berlin nun einen Zehn-Jahres-Höchststand bei der Anzahl der Masern-Infektionen. Das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, die Masern in Europa bis Ende 2015 auszurotten, scheint damit unerreichbar.
Schon Anfang des Jahres zeichnete sich ein deutlicher Anstieg der Masern-Erkrankungen in Deutschland ab. Dabei wurden vor allem aus Baden-Württemberg und Bayern bereits zwischen Januar und Mai wesentlich mehr Masern-Infektionen gemeldet, als im Vorjahreszeitraum. Doch auch in Norddeutschland hat die Zahl der Erkrankungen erheblich zugenommen, wie die aktuelle Meldung eines Zehn-Jahres-Höchststands aus Berlin bestätigt. 130 Masern-Erkrankungen wurden hier im ersten Halbjahr 2011 gemeldet, was einem Anstieg von mehr als 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht (92 gemeldete Masern-Infektionen 2010), so die Mitteilung der Berliner Gesundheitssenatsverwaltung, der Ärztekammer und Kassenärztlichen Vereinigung am Donnerstag. Dabei seien insbesondere Kleinkinder im Alter unter einem Jahr wesentlich häufiger betroffen, als im Jahr 2010. Die gesundheitlichen Folgen sind laut Aussage der Experten nicht zu unterschätzen. So musste ungefähr die Hälfte der Patienten wegen der Erkrankung stationär im Krankenhaus versorgt werden, berichten die Behörden.
Zu den gesundheitlichen Folgen der Virusinfektion zählen laut Aussage der Experten, Fieber, Kopfschmerzen, Bindehautentzündung, Schnupfen und Husten im Anfangsstadium der Erkrankung sowie der typische fleckig-knotigen rötlichen Hautausschlag (Masernexanthem) im späteren Krankheitsverlauf. Bei schwerem Krankheitsverlauf können außerdem Lungen- und Mittelohrentzündungen sowie in seltenen Fällen lebensbedrohliche Entzündungen des Gehirns auftreten. Bei den Masern-Patienten in Berlin war laut Aussage der Behörden bisher jedoch glücklicherweise nicht eine Entzündung des Gehirns zu verzeichnen. Insgesamt nehmen die Masern-Erkrankungen deutschlandweit deutlich zu, da der Impfschutz in der Bevölkerung erheblich zurückgegangen sei, so die Aussage des Robert-Koch-Instituts (RKI) und des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. Den Angaben des RKI zufolge wurden im ersten Halbjahr 2011 deutschlandweit 1.485 Masern-Infektionen gemeldet, was annähernd einer Verdreifachung gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht.
Daher mahnen der BVKJ und das RKI seit Monaten eindringlich zur Masern-Schutzimpfung. Auch Kleinkinder sollten demnach geimpft werden, wobei eine Zweifachimpfung zwischen dem elften und vierzehnten Lebensmonat und dem 15. und 23. Lebensmonat erforderlich ist. Neugeborene und Säuglinge im Alter unter elf Monaten, die aufgrund der drohenden gesundheitlichen Risiken noch keine eigenen Impfung erhalten können, sind dem RKI und dem BVKJ zufolge besonders durch einen komplizierten Verlauf der Erkrankung bedroht. Außerdem profitieren sie im Zuge der sogenannten Herdenimmunität erheblich von einer guten Durchimpfung ihrer Umgebung, berichten BVKJ und RKI. Außerdem sei die Skepsis vieler Eltern gegenüber Schutzimpfungen relativ unbegründet, da der Impfstoff insgesamt gut verträglich und Nebenwirkungen äußerst selten seien, erklärte der BVKJ-Präsident Wolfram Hartmann bereits im Mai. Doch Impfungen stellen generell einen erheblichen Eingriff in unser Immunsystem dar, wie auch der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO), Jan Leidel, erklärte. Dieser sei notwendig, damit die Schutzimpfungen „funktionieren, kann aber wie bei jedem wirksamen Medikament auch mal dazu führen, dass unerwünschte Nebeneffekte auftreten“, so die Aussage des STIKO-Vorsitzenden. (fp)
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