Erstmals genauen Zusammenhang zwischen Blutschwitzen und Nebenwirkung des BVD-Impfstoffs ermittelt
05.09.2011
Kälber starben an der Blutschwitzer-Krankheit aufgrund von Nebenwirkungen des BVD-Impfstoffs "PregSure" des Pharmakonzerns Pfizer. Zu diesem Ergebnis gelangten Studien der Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen sowie der Universität Gießen. Der Pharmahersteller bestätigte die Untersuchungen. Der Pfizer Impfstoff gegen die virale Rinderkrankheit Bovine Virusdiarrhoe (BVD) sei inzwischen freiwillig vom Markt genommen, wie ein Sprecher des Unternehmens erklärte.
Die Universität Gießen hat einen Kontext zwischen den aufgetretenen Fällen von Blutschwitzen bei Kälbern und dem BVD-Impfstoff "PregSure" von Pfizer nachgewiesen. Bereits vorangegangene Studien hatten in diese Richtung gewiesen. Die Forscher konnten aber erstmals genaue Zusammenhänge nachweisen.
Laut der universitären Untersuchungen starben die Tiere aufgrund eines beinahe vollständigen Verlustes von Blutzellen und Knochenmarkzellen. Dabei waren auch die für die Blutgerinnung verantwortlichen Blutplättchen betroffen. Das Wissenschaftsteam aus Gießen konnte nun erklären, wie die Zellen bei den verstorbenen Kälbern zerstört wurden. In der Erstmilch (Kolostrum) der Kühe, bei deren Kälber die Erkrankung aufgetreten war, befanden sich nach Angaben der Forscher Antikörper, die mit den weißen Blutzellen der Tiere reagierten. Die Muttertiere bildeten Antikörper gegen spezielle Antigene (MHC-I), die in natürlicher Form in jeder Körperzelle vorkommen. Eben jene sind aber auch in dem Impfstoff "PregSure" enthalten. Hatte das Kalb das gleiche MHC-I-Molekül, wurden die Antikörper daran gebannt und führten im Anschluss zur Zerstörung der blutbildenden Zellen, wie die Wissenschaftler um den Gießener Forscher Prof. Till Rümenapf am Institut für Virologie erläuterten. Eben jener Kontext verweist auf eine „potenzielle Gefahr für alle Impfstoffe“, bei deren Herstellung Zellen der selben Gattung verwendet wurden, für die der Impfstoff gedacht ist.
Die Blutschwitzer-Krankheit trat in der Vergangenheit vor allem bei Herden auf, bei denen Impfungen mit benannten Impfstoff vollzogen wurden. Laut Auswertungen der Uni Gießen sind rund 4000 Fälle des Auftretens der Erkrankung in Europa bekannt geworden. Andere Impfstoffen gegen die Bovine Virusdiarrhoe hatten diese Nebenwirkungen nicht verursacht, wie die Veterinärmediziner erklärten.
Die Bovine Virusdiarrhoe (BVD) ist eine gefährliche Rinderkrankheit und kann ganze Herden vernichten. Hierbei handelt es sich um eine Viruserkrankung, die mit unterschiedlichen Symptomen in Erscheinung tritt. Ein großer Anteil der Infektionen wird von den Landwirten zumeist sehr spät erkannt, weil zu Beginn die Tiere kaum Symptome zeigen. Einige Rinder erkranken jedoch schwer und zeigen Beschwerdebilder wie Fieber, Durchfall, Augenausfluss, übermäßiger Ausfluss aus der Nase sowie nässende Substanzverluste am Flotzmaul. Während es mildere Formen gibt, treten gehäuft auch schwere und tödliche Erscheinungen auf. Besonders gefürchtet unter Landwirten ist die Schleimhautkrankheit.
Ein Sprecher des Konzerns Pfizer gab bekannt, dass die Studienergebnisse der Universität Gießen bekannt bereits seien. Andere Studien hatten die These der Immunreaktion schon der Vergangenheit aufgestellt. Man habe daher in einem Rundschreiben Europaweit auf diesen Zusammenhang hingewiesen. Das Unternehmen selbst habe Studien gefördert, um die Ursachen zu erforschen. Pfizer hatte den Impfstoff bereits im April 2010 vom Markt genommen und die EU-Lizenz zurückgegeben. Zu eventuellen Schadenersatzansprüchen machte der Unternehmenssprecher keine Angaben. (sb)
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Bild: Erika Hartmann / pixelio.de
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