Heilwirkung von grünem Tee noch kaum erforscht
28.10.2011
Über 100 evidenzbasierte Studien haben weltweit die Positiveffekte von grünem Tee bereits untersucht. Bislang fehlte jedoch „ein einheitliches Ergebnis“ der Wissenschaftsstudien wie Professor Dr. Friedemann Paul, Neurologe der Berliner Universitätsklinik Charité und Mitorganisator der internationalen Fachtagung „Tee und Gesundheit“ im Max-Delbrück-Zentrum in Berlin erklärte. Eingesetzte Teeaufgüsse oder Kapseln sind bis heute nicht standardisiert und es gibt bis heute keine expliziten Aussagen über die biologische Verträglichkeit oder notwendige Dosen, wie Paul hinzufügte. Bis zum Ende des Jahres 2012 rechnet der Experte allerdings mit verlässlichen Studienergebnissen der Wirkungsnachweisen von Grüntee bei Multipler Sklerose. Eine entsprechende Forschungsarbeit wird momentan in der Charité durchgeführt.
Vorbeugendes Heilgetränk gegen Krebs, Alzheimer und Herzkrankheiten
Grüner Tee gilt auch in der westlichen Welt seit einigen Jahren als präventives Mittel gegen verschiedene Erkrankungen. So untersuchen beispielsweise derzeit Wissenschaftler der Universitäten Halle und Ulm in einer Langzeitstudie mögliche vorbeugende Effekte von Grüntee-Extrakten gegen Darmkrebs. Grüner Tee gilt im asiatischen Raum als das Nationalgetränk. Immer wieder sind Forscher dem Heilgetränk auf der Spur, denn nicht nur in der Naturheilkunde gilt Grüntee als präventives und heilendes Getränk. Vermutet wird, dass Grüntee einen positiven Einfluss auf oxidativen Stress hat und damit Krankheiten verhindern und bei Ausbruch sogar aufhalten kann. Vor allem der enthaltenen Wirkstoff Epigallocatechingallate (EGCG) in der Grünteepflanze Camellia sinensis zeigte in mehreren Studien positive Gesundheitseffekte bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Demenz, starkes Übergewicht (Adipositas), Krebs, Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheiten.
Weitergehende Studien gefordert
Die Experten raten bei der Zubereitung, den nicht mit kochend heißem Wasser zu übergießen, da ansonsten die Wirksamkeit beeinträchtigt werden könnte. Die optimale Wassertemperatur zum Auflösen der Tee-Extrakte liegt nach einhelliger Meinung zwischen 60 und 80 Grad Celsius. “Doch die eine Botschaft können wir noch nicht verkünden”, erklärte Prof. Friedemann Paul. Der Experte forderte deshalb weitere und groß angelegte Studienarbeiten, um bereits bekannte Faktoren miteinander zu verbinden und zu vergleichen. Paul kritisierte in diesem Kontext die Pharmaindustrie, die aufgrund der geringen finanziellen Aussichten kaum Interessen daran hegen, weitergehende Forschungen voran zu treiben. Mit grünem Tee kann die Arzneimitteilindustrie kaum Gewinn erzielen, deshalb ist hier vor allem die Politik gefragt, um Studien zu finanzieren, mahnt der Neurologe.
Kann grüner Tee schwere Krankheiten heilen?
Auf die Frage, ob Grüntee Multiple Sklerose (MS) heilen kann, sagte der Facharzt für Neurologie Paul: “Wir erwarten nicht, dass Grüner Tee eine solche Erkrankung tatsächlich heilen kann. Aber es ist unter Umständen möglich, ihr Fortschreiten aufzuhalten oder der Krankheit vorzubeugen”. Die gute Nachricht, die schon jetzt verkündet werden kann, sei, dass die „Wirkung der so genannten Antioxidantien, die durch so viele Artikel und Köpfe geistert, auf eine solide wissenschaftliche Basis“ gestellt werden kann. Vielmals wissen die Wissenschaftler überhaupt nicht, wie die Polyphenolen Pflanzenstoffe, zu denen auch EGCG gehört, genau funktionieren. “Soweit wir heute wissen, hat EGCG wahrscheinlich einen günstigen Einfluss auf oxidativen Stress”, sagt Paul. In Versuchsreihen konnte beobachtet werden, dass EGCH die Bildung von bestimmten Fibrillen in Hirnzellen verhindern konnte.
Deutsche Krebshilfe fördert Forschungen
Neben der neurologischen Abteilung der Universitätsklinik setzt auch die Deutsche Krebshilfe auf die weiterführende Erforschung von Grüntee. Eigens hierfür hat der Verein der eingangs erwähnten Studienarbeit zur Risikominderung von Darmkrebs Geld gespendet. Daneben unterstützt die Krebshilfe zahlreiche weitere Projekte zur Grüntee-Erforschung, da einzelne Aspekte schon länger dafür sprechen, dass der regelmäßige Teekonsum eine Risikominderungen von einzelnen Krebskrankheiten produziert.
Grüner Tee gegen Übergewicht
Extrakte des Grüntees zeigten in der Behandlung von Patienten mit Übergewicht gute Resultate. Menschen, die an „mäßigem Übergewicht und einer Störung im Energiestoffwechsel oder im Fettumsatz leiden“ kann durch Grünen Tee nachhaltig geholfen werden. Während einer Studie verloren die Probanden an Gewicht, wie der Pharmakologe Michael Boschmann, der am Experimental and Clinical Research Center (ECRC) von MDC und Charité arbeitet, berichtete. Adipositas Patienten können von den Wirkungskräften jedoch nicht profitieren. Hier sei die Datenlage noch zu widersprüchlich, sagt Boschmann. „In den nächsten zwei bis drei Jahren wird es aber konkrete Ergebnisse geben”. Größere Studien aus Fernost können nicht auf die westlichen Industrienationen übertragen werden. In Japan wird nicht nur grüner Tee getrunken, wie Paul sagte. „Die Menschen haben auch eine andere genetische Disposition und ernähren sich anders – fast ohne Milch, dafür mit viel mehr Fisch”.
Täglich grünen Tee trinken, aber nicht übertreiben
Sollten jetzt alle Menschen damit beginnen, grünen Tee in großen Mengen zu trinken oder in Arzneiform zu schlucken? Davon raten die Experten dringend ab. Denn ein übermäßiger Verzehr kann auch zu gesundheitlichen Nebenwirkungen führen. Ein bis zwei Liter grüner Tee pro Tag kann aber sorglos verzehrt werden. (sb)
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