Panik-Kino: Der Seuchenfilm Contagion und die Homöopathie als Feindbild
25.11.2011
Katastrophenkino mit hochkarätigem Star-Ensemble: Steven Soderberghs (Regie und Kamera) Seuchenfilm Contagion beeindruckt mit einer hochkarätigen Besetzung. Marion Cotillard, Matt Damon, Laurence Fishburne, Jude Law, Gwyneth Paltrow und Kate Winslet sind nur einige Hollywoodgrößen, mit deren Hilfe die Geschichte des ohne Zweifel hinterhältigen Virus MEV1 erzählt wird: Nachdem eine Frau (Gwyneth Paltrow) nach einer China-Reise an einem mysteriösen Virus stirbt und ähnliche Fälle auf dem ganzen Planeten auftreten, ist schnell klar, dass sich eine Epidemie ausbreitet. Die Zahl der Todesfälle wächst rasant. Das Virus mutiert jedoch schneller als Wissenschaftler seine DNA entschlüsseln können, um einen Impfstoff zu entwickeln. Und dabei verbreitet es sich rasend schnell in unserer von globaler Mobilität geprägten Welt. Es kommt zu Panik in Großstädten mit Straßen voller Müll, es wird der Ausnahmezustand ausgerufen und medizinisches Personal verweigert die Arbeit. Flucht, Chaos, Plünderungen und Nahrungsmittelknappheit sind direkte Folgen des MEV1-Erregers. Die tödliche Gefahr ist omnipräsent, die Contagion – die Ansteckung – kann durch den nächsten Kuss oder Händedruck, durch die Berührung einer Türklinke oder die Umarmung des eigenen Kindes ausgelöst werden. Der Virus zerstört das soziale Zusammenleben genauso wie die einzelnen menschlichen Körper. Die Wissenschaftler des amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC), darunter Dr. Ellis Cheever (Laurence Fishburne) und Dr. Erin Mears (Kate Winslet), versuchen mehr über das Virus herauszufinden und ein Heilmittel zu entwickeln. Dr. Leonora Orantes (Marion Cotillard) reist von der Weltgesundheitsbehörde in Genf nach Hongkong, wo man den Ursprung der Krankheit vermutet.
Die Rolle des einzigen Bösewichts übernimmt in diesem Stück der fanatische Blogger und freie Journalist Alan Krumwiede (Jude Law), der mit seinen Internet-Artikeln weltweit Panik auslöst. Krumwiede soll das Urbild des demagogischen Bösen verkörpern: Er gibt vor, für Meinungsfreiheit zu kämpfen und verbreitet windige Verschwörungstheorien. Er beschuldigt Regierungen, WHO und die Pharmaindustrie der Komplizenschaft bei der Verhinderung homöopathischer Heilmittel. Und er empfiehlt selbst ein im Film explizit „homöopathisch“ genanntes Mittel (Forsythie). Er selbst habe sich damit nach der Ansteckung mit dem Virus geheilt. In einer Fernsehdiskussion
kommt es zum Showdown zwischen CDC und Krumwiede: „Das CDC forscht mit Forsythie und anderen homöopathischen Medikamenten. Bislang sind diese ganzen Ansätze aber nicht wissenschaftlich untermauert“, lässt Soderbergh seinen Dr. Ellis Cheever vom CDC sagen. „Oder nicht erwünscht“, kontert Alan Krumwiede. „Um sich mit Angst anzustecken, reicht der Kontakt mit dem Internet. Was Mr. Krumwiede hier verbreitet, ist weit gefährlicher als die Krankheit selbst“, hiermit wird das Feindbild Homöopathie sowie Meinungs- und Informationsfreiheit von Cheever auf den Höhepunkt gebracht.
Süddeutsche Zeitung: Obrigkeitsgläubiges Lehrstück
Als Krumwiede zum Boykott des schließlich gefundenen Impfstoffs aufruft und weiterhin Forsythie empfiehlt, wird er verhaftet. Eine Blutuntersuchung zeigt, dass er das Virus niemals hatte. In Contagion wird auch mehrfach ein Bezug zur Schweinegrippe (H1N1) hergestellt. Der Fehler von damals, zu schnell Alarm zu schlagen und Menschen in Angst zu versetzen, solle nicht beim MEV1-Virus wiederholt werden. Vielmehr wird die Zurückhaltung brisanter Informationen durchweg positiv gesehen. Warum desavouiert Soderbergh mit seinem fanatischen Blogger-Journalisten derart stark das Internet und die Möglichkeit der Presse- und Meinungsfreiheit, die es bietet?
Bei der SARS-Epidemie 2003 beispielsweise zensierten die chinesischen Behörden lange Zeit alle Presseberichte – eine Gegeninformation per Internet wäre lebensrettend gewesen.
Die Süddeutsche Zeitung bringt es auf den Punkt: „Zur Crux wird Soderbergh, dass er ein braves, obrigkeitsgläubiges Lehrstück in Szene setzt. Gefährlicher als der MEV-1-Virus ist ihm der soziale Virus der Angst-Panik. Als wolle Soderbergh einem katastrophengebeutelten Amerika sagen: Bei allem Vertrauensverlust in die Politik ist doch dort, wo die Wissenschaft ins Spiel kommt, alles in Ordnung, und von dort her wird wieder Ordnung geschaffen.“
Bei aller berechtigter Kritik an dem Hollywood-Blockbuster, er sei ein Werbefilm für die Impfstoff herstellende Industrie ohne jede kritische Reflexion oder er sei direkt nach der Impfpleite bei der Schweinegrippe von der Pharmaindustrie lanciert worden. Oder er teile die Medizin und Wissenschaft in ein Gut und Böse. Contagion macht unmissverständlich deutlich: Die Homöopathie ist in Hollywood angekommen – und nur wer relevant ist, wird in Hollywood als Feindbild konstruiert. (Deutscher Zentralverein für Homöopathie)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.