Bundesgerichtshof bestätigt Kündigungsrecht der privaten Krankenversicherung bei Straftaten
08.12.2011
Straftaten können für Privatversicherte bisher ungeahnte Folgen haben. Ihre Private Krankenversicherung (PKV) hat laut einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) unter Umständen das Recht eine Kündigung auszusprechen.
Bestimmte Delikte wie beispielsweise Betrug, bei denen die Krankenversicherung oder deren Mitarbeiter Schaden durch die Versicherten nehmen, sind dem Urteil des BGH zufolge ein berechtigter Anlass für eine Kündigung. Bei entsprechenden Straftaten können private Krankenversicherungen demnach den Versicherungsvertrag auflösen. (Aktenzeichen: IV ZR 50/11 und IV ZR 105/11)
PKV kann im Ausnahmefall Versicherten kündigen
Das am Mittwoch veröffentlichte BGH-Grundsatzurteil kommt zu dem Schluss, dass der gesetzlich festgeschriebene Kündigungsschutz bei Straftaten der Versicherten seine Wirkung verlieren kann und die privaten Krankenversicherungen das Recht haben in solchen Fällen eine Kündigung auszusprechen. Der im Jahr 2009 eingeführten Kündigungsschutz für Privatversicherte verpflichtet die privaten Krankenversicherungen dazu, einen Versicherungsschutz für die Mitglieder zu garantieren und diese im Zweifelsfall in einem Basistarif unterzubringen. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Versicherten, im dem Fall das sie ihre Versicherungsbeiträge nicht mehr bezahlen können, bei niedrigeren Beiträgen weiterhin abgesichert sind. Denn eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung ist ausgeschlossen. Bisher war jedoch unklar, ob der Kündigungsschutz auch im Fall von Straftaten gilt. Dies hat der Bundesgerichtshof in seinem aktuellen Grundsatzurteil nun verneint. In solchen Fällen besteht dem BGH zufolge ein Kündigungsrecht der Anbieter. Allerdings fallen die Betroffenen nicht aus dem System, da die übrigen Privatversicherungen dazu verpflichtet sind, ihnen einen Versicherungsschutz zum Basistarif anzubieten.
In dem Verfahren am BGH wurden zwei Fälle behandelt, bei denen die Versicherten straffällig gegen ihre Versicherung beziehungsweise deren Mitarbeiter geworden sind und ihnen daraufhin die Kündigung ausgesprochen wurde. Bei dem einen Fall hatte ein Privatversicherter die Medikamentenrechnungen seiner Ehefrau und fingierte Forderungen eingereicht, wobei der Versicherung ein Schaden in Höhe von rund 3.800 Euro entstanden ist. Der BGH bestätigte nun die Rechtmäßigkeit der anschließend ausgesprochenen Kündigung, betonte jedoch, dass die private Pflegeversicherung hiervon nicht betroffen sei, da für sie ein absoluter Kündigungsschutz gilt. In dem zweiten Fall hatte ein Unternehmer einen Mitarbeiter der Versicherung, der zu einem Kontrollbesuch nach einer Herzoperation bei dem Versicherten zu Hause erschienen war, um die Erstattungen durch die Krankentagegeld-Versicherung zu überprüfen, mit einem Bolzenschneider angegriffen. Auch hier war die anschließend ausgesprochene außerordentlich Kündigung sämtlicher Verträge nach Einschätzung des BGH rechtmäßig.
Dem aktuellen Grundsatzurteil des BGH zufolge, muss der Kündigungsschutz einschränkend ausgelegt werden und eine außerordentliche Kündigung ist daher bei schweren Vertragsverletzungen weiterhin zulässig. In derartigen Fällen ist es „der Versicherung nicht zuzumuten, überhaupt ein Vertragsverhältnis fortzusetzen“, so die Aussage der Vorsitzenden Richterin Sibylle Kessal-Wulf im Rahmen der Verhandlung. Für die Betroffenen bleibe der generelle Krankenversicherungsschutz jedoch weiterhin erhalten, da sie von einer anderen privaten Krankenversicherung zum Basistarif versichert werden müssen. Interessant ist an dieser Stelle die Frage, was passiert, wenn Privatversicherte bei sämtlichen privaten Krankenversicherungen aufgrund schwerer Vertragsverletzungen bereits rausgeflogen sind? Allerdings scheint ein solches Szenario bei der Vielzahl der privaten Krankenversicherungen eher unwahrscheinlich. Anders als bei den privaten Krankenversicherungen bestätigte der BGH bei den privaten Pflegeversicherung den absoluten Kündigungsschutz, da hier kein Basistarif bestehe.
Erfolg für die Versicherungsbranche
Für die privaten Krankenversicherungen ist der aktuelle Urteilsspruch ein voller Erfolg, zumal sie sich seit Einführung der Versicherungspflicht beziehungsweise des gesetzlich festgeschriebenen Kündigungsschutzes ohnehin massiv gegen diesen gewehrt hatten. Allerdings erfolgte hierzu bereits im Jahr 2009 eine höchstrichterliche Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht, die den Kündigungsschutz als rechtmäßig bestätigte, wobei jedoch das Kündigungsrecht bei Straftaten ausgeklammert blieb. Hierzu hat der BGH nun eine Entscheidung getroffen, die den gesetzlichen Kündigungsschutz an dieser Stelle relativiert. (fp)
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