Hirnmasse kleiner Spinnen im ganzen Körper verteilt
22.12.2011
Angesichts der komplexen Strukturen, die Spinnen bei Erstellung ihrer Netzen umsetzen, stellt sich die Frage, wie die teilweise winzigen Tierchen, die benötigte Gehirnmasse in ihrem Körper unterbringen. Biologen des Smithsonian Tropical Research Institute in Panama berichten nun auf dem wissenschaftlichen Onlineportal „Arthropod Structure and Development“, dass kleine Spinnen einen besonderen Trick nutzen, um ihr verhältnismäßig großes Gehirn in ihrem Körper unterzubringen.
Während sich bei den relativ großen Versuchstieren aus der Gattung der Goldenen Seidenspinnen das zentrale Nervensystem ausschließlich auf den Kopf beschränkte, lagern deutlich kleinere Spinnen einen Großteil ihres Gehirns in anderen Körperregionen aus, berichten die Wissenschaftler um Studienleiter William Wcislo. So erstreckt sich das zentrale Nervensystem bei den stecknadelkopfgroßen Spinnen der Gattung Mysmena über den gesamten Körper bis in die Beine, erklärten die Experten. Demnach sind bis zu 78 Prozent der Körperhöhle und 25 Prozent der Gliedmaßen bei den besonders kleinen Spinnen mit Hirnmasse ausgefüllt.
Die Verteilung der Hirnmasse im Körper der Spinnen steht laut Aussage der Forscher in direktem Zusammenhang mit ihrer Größe. So befindet sich bei der rund vier Zentimeter langen und zwei Gramm schweren Goldene Seidenspinne (Nephila clavipes) das zentrale Nervensystem ausschließlich im Kopf, wohingegen die kleineren Spinnen ihre Hirnmasse über den ganzen Körper verteilen. Die Wissenschaftler des Smithsonian Tropical Research Institute haben im Rahmen ihrer Studie neun unterschiedliche Spinnenarten aus dem Dschungel Mittelamerikas untersucht. Sie ermittelten unter anderem das Gewicht der Tiere, deren Hirnmasse und die Verteilung des zentralen Nervensystems im Körper. Dabei hatten die kleine Spinnen im Verhältnis zu ihrem Körper ein besonders großes Gehirn. Die Analyse unter dem Mikroskop ergab zudem, dass ihr zentrales Nervensystem sich nicht nur auf den Kopf konzentriert, sondern bis in die Körperhöhle und teilweise sogar bis in die Beine reicht.
Das Phänomen der Auslagerung von Hirnmasse in andere Körperregionen war umso ausgeprägter, je kleiner die Spinnen waren, schreiben William Wcislo und Kollegen. So bildete das Gehirn bei den besonders kleinen Spinnen der Gattung Mysmena bis zu 15 Prozent der Körpermasse. Zum Vergleich: Das menschliche Gehirn macht ungefähr zwei Prozent des Körpers beim Menschen aus. Um ihr verhältnismäßig riesiges Gehirn unterzubringen lagern kleine Spinnen nicht nur ein Teil ihres Gehirns im Körper aus, sondern bei den Jungtieren bilden sich außerdem Beulen auf dem Panzer, in denen die benötigten Nervenzellen untergebracht werden können. Studienleiter Wcislo erklärte den überraschenden Trick der Evolution damit, dass die Spinnen zum Weben ihrer Netze und zum Ausführen anderer komplexer Handlungen ein Mindestmaß an Gehirnmasse benötigen, so dass kleine Spinnen im Verhältnis zu ihrer Körpergröße ein riesiges Gehirn aufweisen, dass in dem winzigen Kopf der Tiere nicht ausreichend Platz finden würde. „Je kleiner das Tier, desto mehr muss es in sein Hirn investieren,“ betonte der Experte vom Smithsonian Tropical Research Institute. Zu diesem Zweck werden große Teile des zentralen Nervensystems in der Körperhöhle oder auch den Beinen ausgelagert. (fp)
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Bild: Rudolpho Duba / pixelio.de
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