Grippeviren leisten bakteriellen Sekundärinfektionen Vorschub
18.01.2012
Nach Angaben des Kinder- und Jugendarztes Dr. Martin Terhardt leiden Kinder, die an einer Grippe erkrankt sind, häufig zusätzlich an bakteriellen Infektionen. In der Regel handelt es sich bei den Bakterien um Pneumokokken oder auch Streptococcus pneumoniae, die zu den Streptokokken gehören. Durch die bakterielle Entzündung können weitere, zum Teil schwerwiegende Folgeerkrankungen entstehen.
Bakterielle Sekundärinfektionen können Hirnhautentzündung auslösen
Im Zusammenspiel von Grippeviren und Pneumokokken können gefährliche Erkrankungen, wie Blutvergiftungen, Mittelohrentzündungen, Lungenentzündungen und Hirnhautentzündungen ausgelöst werden. Martin Terhardt, Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut, erklärt: „Die Pneumokokken finden sich bei etwa 80 Prozent der kleinen Kinder im Nasen-Rachen-Raum, ohne einen Schaden anzurichten.“ Der Kinder- und Jugendarzt berichtet weiter: „Erst wenn ein Kind an Grippe erkrankt, können diese Bakterien sich auch in andere Körperteile, wie Lunge oder Ohr, aber auch Blut und Gehirn, ausbreiten und zu einer bakteriellen Co-Infektion oder sogar zu einer lebensgefährlichen, erneuten Infektion mit demselben Erreger, einer Superinfektion führen.”
Schwere Krankheitsverläufe erst durch Sekundärinfektion
Laut Terhardt sind im Besonderen die Sekundärinfektionen bei Kindern mit Grippe für die schweren Krankheitsverläufe verantwortlich. Dies wird auch durch Autopsien von Opfern der Spanischen Grippe bestätigt, bei denen zum großen Teil erst das Zusammenspiel von Grippeviren und Pneumokokken zum Tod geführt hat. Den Wissenschaftlern gelang es nachzuweisen, dass sich die Bakterien nur dann unter verschiedenen Lebewesen ausbreiten konnten, wenn diese bereits an Grippe erkrankt waren. Wurde die Ansteckung mit Grippeviren verhindert, konnten sich auch die Pneumokokken nicht weiter ausbreiten.
Die Wissenschaftler halten es für sehr wahrscheinlich, dass die Bakterienlast im Körper eines Pneumokokkenträgers durch Grippeviren verstärkt wird. Des Weiteren wird vermutet, dass die Viren auch bisher nicht befallene Menschen für die Bakterien empfänglicher machen, da sie zur Schwächung des Immunsystems führen. Terhardt erläutert: „Influenza-Viren zerstören beispielsweise in den Atemwegen das reinigende Flimmerepithel der Schleimhaut und bieten so für die Bakterien einen idealen Nährboden.” Kleine Kinder seien besonders anfällig für diese Pneumokokkenerkrankungen im Zusammenspiel mit Grippeviren. Terhardt erklärt, dass eine Grippeimpfung sowohl für kleine Kinder und ältere Menschen als auch für chronisch Kranke empfehlenswert sei.
Robert-Koch-Institut empfehlt Grippeimpfung für bestimmte Personengruppen
Die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (STIKO) rät bestimmten, besonders gefährdeten Personengruppen, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Hintergrund ist eine Grippewelle, deren Ausbruch in den nächsten Wochen befürchtet wird. Grippe-Expertin Silke Buda vom Robert-Koch-Institut (RKI) erklärt: „Es ist noch nie passiert, dass sie ausbleibt.“ Obwohl der optimale Impfzeitraum im Oktober und November liegen würde, könne man sich auch jetzt noch gegen Grippe impfen lassen. Denn der Aufbau des Schutzes durch das eigene Immunsystem dauere nach der Impfung etwa zwei Wochen. Die Expertin ergänzt: „Normalerweise beginnt die saisonale Grippewelle Ende Januar oder Anfang Februar.“ (ag)
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Wichtiger Hinweis:
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