Gesetzliche Krankenkassen zahlen nicht für rhythmische Massagen
04.02.2012
Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht automatisch zu einer Kostenübernahme alternativer Behandlungsmethoden verpflichtet, auch wenn die Heilmittel der anthroposophischen Medizin vom Gesetzgeber als „besondere Therapierichtung“ anerkannt werden. Dies geht aus einem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Hessen in Darmstadt hervor, in dem die Richter eine Kostenübernahme für die Behandlung mit sogenannten "rhythmischen Massagen durch die gesetzliche Krankenversicherung der Klägerin abgelehnt" hatten.
In der Urteilsbegründung erläutern die Richter des LSG, dass die Grundlage für eine Kostenerstattung der Behandlung durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) eine positive Bewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sei. Da diese für die anthroposophische Behandlungsmethode der rhythmischen Massagen bisher nicht vorliege, seien die Krankenkassen auch nicht zu einer Kostenübernahme verpflichtet. (AZ: L 8 KR 93/10)
Kein Recht auf Kostenübernahme bei alternative Therapien
Zwar hat der Gesetzgeber im §2 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) eindeutig festgelegt, dass „Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen“ von einer Kostenübernahme durch die GKV nicht ausgeschlossen sind. Doch daraus lässt sich im Einzelfall keine Recht auf eine Kostenerstattung ableiten, wenn für die angewandte Behandlungsmethode bisher keine positive Bewertung des G-BA vorliegt, so das Urteil des hessischen Landessozialgerichts. In dem entsprechenden Verfahren hatte eine 77-jährigen Frau aus Marburg ihre Krankenkasse verklagt, da diese sich weigerte, die eingereichten Rechnungen für die rhythmischen Massagen der Patientin zu bezahlen. Der behandelnde Arzt hatte der Klägerin die Massagen zur Behandlung ihrer Rheuma-Erkrankung verschrieben, in der Hoffnung auf Basis der alternativen Behandlungsmethode aus dem Bereich der anthroposophischen Medizin ein Linderung der Beschwerden seiner Patientin zu erreichen.
Alternative Behandlungsmethode der rhythmischen Massage
Die rhythmischen Massagen wurden entwickelt von der anthroposophischen Ärztin Ita Wegman, die diese – in der 1921 gegründeten heutigen Ita Wegman Klinik in der Schweiz – erstmals zur umfassenden Behandlung von Patienten einsetzte. Durch Verknüpfung klassischer Massagemethoden mit den Ansätzen der von Rudolf Steiner entwickelten Anthroposophie wurde der Anwendungsbereich der rhythmischen Massagen gegenüber herkömmlichen Massagen deutlich erweitert. So setzte Ita Wegmann ihre Massagemethode zum Beispiel auch zur Behandlung von funktionellen Störungen der Organe ein. Ziel der rhythmischen Massage ist in erster Linie die Verbesserung der Durchblutungsverhältnisse und der Gewebeflüssigkeitsbewegung im Organismus sowie die Behebung von Fehlspannungen in Muskel- und Bindegewebe. Hierdurch soll sich zum Beispiel die Atem- und Herz-Kreislauf-Funktion verbessern. Auch tragen die rhythmischen Massagen nach Ansicht der Anwender zur Normalisierung der Verdauung und zur Stärkung der Selbstheilungskräfte bei.
Krankenkasse verweigert Kostenübernahme für rhythmische Massage
Trotz dieser weitgehend bekannten gesundheitsfördernden Eigenschaften der rhythmischen Massagen und der Berücksichtigung alternativer Behandlungsmethoden durch den Gesetzgeber, ist eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen bisher jedoch nicht zwingend. So verweigerte auch die Krankenversicherung der Klägerin eine Kostenerstattung für die alternative Behandlungsmethode, mit der Begründung, dass diese als „neue Behandlungsmethode“ zu bewerten sei, da bisher noch keine Einstufung durch den G-BA vorgenommen wurde. Dass die rhythmischen Massagen seit Jahrzehnten in der anthroposophischen Medizin eingesetzt werden, spielte dabei für die Krankenkasse der 77-jährigen Patientin keine Rolle. Die Dame sah sich hierdurch derart in ihren Rechten verletzt, dass sie bis vors hessische Landessozialgericht zog. Doch die Richter folgten der Auffassung der Krankenversicherung und entschieden in ihrem am Donnerstag (02. Februar) veröffentlichten Urteil, dass Voraussetzung für die Kostenerstattung durch die Versicherung eine positive Bewertung der Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschusses sei. Eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse für die rhythmische Massage lehnten die LSG-Richter ab, da bisher keine positive Einstufung der Behandlungsmethode durch den G-BA vorliege.
Bewertung der rhythmischen Massage durch den G-BA erforderlich
Die Anwälte der Klägerin hatten im Laufe des Verfahrens auch versucht ein Systemversagen geltend zu machen, dass im Zweifelsfall eine Leistungspflicht der Krankenkasse bedingt hätte. Doch dies war nach Auffassung der Richter nicht gegeben, da neben den rhythmischen Massagen zahlreiche andere Behandlungsmethode wie klassische Massagen oder Krankengymnastik für die Therapie der Rheuma-Erkrankung der Klägerin zu Verfügung standen. Ein Systemversagen sei hier nicht zu erkennen, urteilten die Richter. Dennoch bleibt zu bemängeln, dass der G-BA bisher keine Bewertung der rhythmischen Massagen vorgenommen hat und daher keine Rechtssicherheit bei der Kostenübernahme besteht. Im Sinne der Patienten, die diese alternative Behandlungsmethode gerne in Anspruch nehmen würden, wäre hier eine zeitnahe Einstufung der rhythmischen Massagen äußerst wünschenswert. (fp)
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