Frauen sind öfter von Essstörungen betroffen als Männer
08.02.2012
Essstörungen treten bei Frauen wesentlich häufiger auf als bei Männern. Zwar ist auch die Zahl der Männer mit Essstörungen in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen, doch Frauen sind insgesamt rund fünfmal öfter betroffen, so das Ergebnis einer aktuellen Studie von Forschern der Universität Leipzig.
Vor allem junge Frauen sind laut Aussage der Studienleiterin Prof. Anja Hilbert vom Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) Adipositas-Erkrankungen der Universität Leipzig häufiger von Essstörungen betroffen. Die Störungen des Essverhaltens umfassen dabei „zum Beispiel die Bulimia Nervosa (Ess-Brech-Störung), die Binge-Eating- oder Essanfallsstörung und die Anorexia Nervosa (Magersucht)“, so die Aussage in der aktuellen Pressemitteilung der Universität Leipzig. Auffällig war laut Darstellung der Studienleiterin auch, dass adipöse (fettleibige) Frauen elfmal häufiger und adipöse Männer sogar 20-mal häufiger eine Störung im Essverhalten entwickelten als normalgewichtige Frauen und Männern. „Dieses deutlich erhöhte Auftreten von Störungen im Essverhalten bei adipösen Menschen ist beachtlich“, betonte Anja Hilbert.
Mehr als 2.500 Studienteilnehmer auf mögliche Essstörungen untersucht
Für ihre repräsentative Erhebung mit 2.520 Studienteilnehmern (1.354 Frauen, 1.166 Männer) nutzten Anja Hilbert, Martina de Zwaan und Elmar Brähler von der Universität Leipzig erstmals den international bewährten Essstörungsfragebogen „Eating Disorder Examination-Questionaire“. Dieser soll eine klare Aussage zu spezifischen Symptome und Verhaltensweisen einer Essstörung, wie beispielsweise dem negativen Körper- und Selbstbild, der Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen, selbst herbeigeführtem Erbrechen, Essanfällen, Missbrauch von Abführmitteln, übertriebenen sportlichen Aktivitäten oder Diäten ermöglichen. Das durchschnittliche Alter der Studienteilnehmer lag bei 50,5 Jahren, der Body-Mass-Index (BMI) der Probanden zwischen 14,17 und 55,40. Etwas mehr als zehn Prozent der Befragten waren adipös, rund 37 Prozent übergewichtig und etwa 52 Prozent hatten Normalgewicht, so die Ausführungen der Wissenschaftler zu den Grundlagen ihrer Studie.
Junge Frauen besonders oft mit Störungen des Essverhaltens
Bei der Auswertung der gewonnenen Daten stellten die Leipziger Forscher fest, dass deutlich mehr Frauen an einer Essstörung leiden als Männer. So wiesen 5,9 Prozent der Frauen ein gestörtes Essverhalten auf und lediglich 1,5 Prozent der Männer. Da insgesamt mehr Frauen in Deutschland leben als Männer ergibt sich aus den Zahlen der Wissenschaftler eine rund fünfmal höhere Anzahl betroffener Frauen. Im Vergleich zu früheren Studien hat die Anzahl der Männern mit Anzeichen auf ein gestörtes Essverhaltens in den letzten Jahren jedoch deutlich zugenommen, berichten Anja Hilbert und Kollegen. Prinzipiell seien bei den Frauen und Männer Essstörungen in allen Altersgruppen zu verzeichnen, doch insbesondere in jungen Jahren ist das gestörte Essverhalten bei Frauen besonders stark verbreitet. „Auffällig ist hier, dass Störungen im Essverhalten Frauen und Männer jeden Alters betreffen, wobei festzuhalten ist, dass die Häufigkeiten mit höherem Lebensalter abnehmen“, erläuterte der Leiter der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Universität Leipzig, Professor Elmar Brähler, gegenüber der Nachrichtenagentur „AFP“. Allerdings ist bei Männern das Auftreten einer Essstörung im Alter zwischen 55 und 64 Jahren am häufigsten, während Frauen vor allem bis zum Alter von 24 Jahren betroffen sind.
Zusammenhang zwischen Übergewicht und Essstörungen
Während der Zusammenhang zwischen dem Lebensalter und der Wahrscheinlichkeit einer Essstörung relativ eindeutig ist, konnte – wie bereits in früheren Untersuchungen – keine Korrelation zwischen dem Auftreten der Essstörungen und dem Einkommens- oder Bildungsniveau festgestellt werden, schreiben Anja Hilbert und Kollegen. Wie bereits oben erwähnt war jedoch nach Ansicht der Forscher der Zusammenhang zwischen Übergewicht und der Entwicklung einer Essstörung besonders auffällig. Hieraus sei zu schließen, „dass sich weit stärker als angenommen, Übergewicht und Adipositas im Zusammenhang mit Störungen im Essverhalten entwickeln und zum Beispiel mit wiederkehrenden Essanfällen, nächtlichem Essen, chronischem Überessen oder einem sehr negativen Körperbild einhergehen“, berichtet die Studienleiterin Anja Hilbert. Da die Essstörungen in der Regel mit einem erhöhten seelischen beziehungsweise psychischen Druck gekoppelt seien, verdeutlichen die aktuellen Studienergebnisse auch, dass Adipositas nicht nur ein Problem von Überernährung und Bewegungsmangel ist, sondern verstärkt auf die psychische Ebene eingegangen werden muss, betonte die Expertin. Bei den therapeutischen Maßnahmen zur Behandlung des Übergewichts sollte daher immer auch geklärt werden, ob der Patient an einer klinischen Essstörung leidet und eine ergänzende psychotherapeutische Behandlung neben der Ernährungs- und Bewegungstherapie erforderlich ist, so die Aussage der Leipziger Forscher. (fp)
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Bild: dreimirk30 / pixelio.de
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