Chinesische Medizin setzt auf Behandlung ohne Medikamente
18.07.2013
Kinder mit ADHS haben es oft nicht leicht. Schulzeit bedeutet für sie Leidenszeit, denn es fehlt ihnen an Ausdauer und Konzentration für die geforderten Aufgaben. Außerdem führt das oft auffällige Verhalten von ADHS-Kindern zu Ablehnung bei Spielkameraden und damit zur sozialen Ausgrenzung. Eine Behandlung mit Ritalin macht es aber oft nicht besser: Studien zufolge führt eine langfristige Einnahme zu deutlichen Veränderungen im Hirnstoffwechsel. Chemisch gesehen ist Ritalin verwandt mit Koffein. Daher leiden Kinder manchmal an Herzklopfen, Appetitproblemen und schlafen schlechter. Die Chinesische Medizin folgt bei der Behandlung von ADHS ihrem ganzheitlichen Ansatz und präferiert eine Behandlung ohne Medikamente. Sehr gute Erfolge bei der Behandlung betroffener Kinder stützen diese Betrachtung.
Dr. Christian Schmincke, TCM-Experte und Leiter der Klinik am Steigerwald, sieht in der Diskussion um eine angemessene Behandlung eine enge Verknüpfung mit der Frage nach den Ursachen: „Beruht ADHS auf einer angeborenen Mangelversorgung des Körpers, die sich medikamentös heilen lässt? Oder ist sie vielmehr ein Produkt der veränderten Lebenswelt und verlangt deshalb nach Antworten fernab der Verordnung von Pillen?“ Letztere Aussage entspricht der Sichtweise der Chinesischen Medizin. Sie stützt sich auf verschiedene Säulen: Arzneitherapie, Akupressur, Ernährungslehre und Körpertherapien wie Tuina, Shiatsu, Qigong sowie wärmende Anwendungen. Zudem finden gesprächs-, spiel-, und bewegungstherapeutische Angebote, vorsichtig dosiertes Lern- und Aufmerksamkeitstraining, Schulunterricht sowie Elternberatung statt. Kleine Patienten werden entweder stationär – auch mit Elternbegleitung – oder ambulant behandelt.
Voraussetzung für die Behandlung nach chinesischen Grundsätzen ist eine gründliche Diagnostik. „Wichtig ist vor allem die Frage nach den durchgemachten oder nicht durchgemachten Infekten und die Art und Weise, wie das Kind mit psychischen Belastungen umgegangen ist und umgeht“, kommentiert Dr. Schmincke. Jeder Anhaltspunkt liefert wichtige Daten für die Therapie, insbesondere für die individuell angepassten Arzneirezepturen. Ein Ziel der Behandlung ist beispielsweise, in früherer Kindheit durch Medikamente unterdrücke Infekte wieder aufleben und auskurieren zu lassen. „Danach beobachten wir immer wieder, dass Kinder fast so etwas wie Entwicklungssprünge vollziehen, sie reifer und gefestigter sind als vor dem Infekt.“ Aus ca. 300 chinesischen Heilpflanzen, welche Dr. Schmincke einsetzt, wählt er zwei bis acht Bestandteile für eine Rezeptur aus. So hilft beispielsweise auch Radix Bupleuri, eine chinesische Heilpflanze mit dem deutschen Namen „Hasenohr“, chaotische Aktivitäten zu beruhigen. Unter der Behandlung ändert das ADHS bisweilen seine Erscheinungsform: Einige Kinder mit einem anfangs eher in Träumereien versunkenen Verhalten entwickeln später beispielsweise die Neigung zu übertriebener Impulsivität – oder umgekehrt. „Mit verlaufsbezogenen Änderungen der Arzneirezeptur wird solchen Entwicklungen begegnet“, schließt Dr. Schmincke. (pm)
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.