Vor Gericht: Cortison statt Homöopathie
06.04.2012
Am 20. März 2012 meldete die "dpa", dass vor dem Amtsgericht Paderborn ein Prozess gegen eine Ärztin aus dem Raum Paderborn anhängig ist. Die Ärztin wird beschuldigt, ihren Patienten über Jahre cortisonhaltige Mittel verabreicht zu haben, während ihre Patienten an eine homöopathische Behandlung glaubten. Den Verdacht, dass die Heilungserfolge nicht mit homöopathischen Mitteln erreicht worden seien, schöpfte eine Ärztin, die ihren Sohn zu der Kollegin geschickt hatte. Misstrauisch über den sehr raschen Erfolg veranlasste sie eine Laboruntersuchung, diese brachte Rückstände eines cortisonhaltigen Mittels zutage. Dem Gericht liegen die Klagen von mehr als 50 Patienten vor. Im Zentrum des Verfahrens stehen mögliche Folgeschäden durch das verwendete Cortison. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet auf Körperverletzung und Betrug.
Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) nimmt diesen Vorgang mit außerordentlichem Bedauern zur Kenntnis. Juristisch gilt natürlich zunächst einmal die Unschuldsvermutung. Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, ist das ein schwerwiegender Vertrauensmissbrauch gegenüber den betroffenen Patienten und Patientinnen. Bisher ist nicht bekannt, ob es sich hier um eine Ärztin handelt, die eine von der Ärztekammer vergebene Zusatzbezeichnung Homöopathie führt.
Die Klagen beziehen sich auf die Nebenwirkungen von Cortison
Ein relevanter Nebenaspekt: Die anhängigen Klagen der Patienten beziehen sich offenbar auf die schweren Nebenwirkungen, die Cortison hervorrufen kann. Daraus ergibt sich derr Vorwurf der Körperverletzung, der des Betrugs aus der verdeckten Behandlung. Begehen Ärzte also Körperverletzung, wenn sie die möglichen Nebenwirkungen von Cortson in Kauf nehmen? Die dpa erwähnt in ihrer Meldung: Osteoporose, Pergamenthaut, Star-Erkrankungen am Auge und Wachstumsstörungen bei Kindern. Darüber hinaus gibt es aus homöopathischer Sicht Bedenken gegen die Verwendung von Cortison, weil die Unterdrückung von Symptomen schwerwiegendere andere Krankheitserscheinungen nach sich ziehen kann. „Auch wenn wir der Meinung sind, dass Cortison zu häufig verwendet wird, gilt grundsätzlich, dass Cortison in ärztlicher Hand ein hochwirksames Arzneimittel ist“, sagt Cornelia Bajic, erste Vorsitzende des DZVhÄ, „das in manchen Fällen – trotz dieser Bedenken – verwendet werden muss.“
In jedem Fall bedenklich ist die Verwendung dieses Mittels ohne Wissen des Patienten, ebenso aber auch die Verwendung in der Selbstbehandlung. Cortison ist in etlichen frei verkäuflichen Arzneimitteln enthalten; die teilweise sogar im Fernsehen beworben werden. „Die Rezeptfreiheit von Cortison – auch in der örtlichen Anwendung als Salbe – muss überprüft werden“, regt Cornelia Bajic an. Die Mehrzahl der genannten Nebenwirkungen kann nur bei oraler Einnahme auftreten. Aber immerhin verursacht Cortison auch bei örtlicher Anwendung dauerhafte Schäden an der Haut – von den Bedenken hinsichtlich der Unterdrückung von Symptomen ganz abgesehen. (pm)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.