Öffentliche Gesundheitsdienst leidet unter Ärztemangel
11.05.2012
Im öffentlichen Gesundheitsdienst herrscht Ärztemangel. Darauf hat die Verbandsvorsitzende des Bundesverbandes der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Ute Teichert-Barthel, beim gestrigen Auftakt des 62. Wissenschaftlichen Kongress des BVÖGD hingewiesen.
Der öffentliche Gesundheitsdienst ist neben dem ambulanten und stationären Einrichtungen die dritte Säule im Gesundheitsdienst und bedarf einer angemessenen Ausstattung mit Amtsärzten, betonte Teichert-Barthel in ihrer Begrüßungsrede auf dem diesjährigen BVÖGD-Verbandskongress in Erfurt. „Aufgrund der schlechten Tarifsituation im ÖGD fehlen uns zahlreiche Ärzte und weitere fachliche Mitarbeiter“, so die Kritik der Verbandsvorsitzenden.
200 Ärztestellen im öffentlichen Gesundheitsdienst nicht besetzt
In den Bereich des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) fallen zum Beispiel die Gesundheitsämter und Einrichtungen wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) oder das Robert-Koch-Institut (RKI). Welche Bedeutung diese Institutionen für die Gesundheit der Bevölkerung haben, fällt im Alltag kaum auf, doch in Krisensituation wie beispielsweise bei der Schweinegrippe 2009 oder der EHEC-Epidemie im vergangenen Jahr stehen die Einrichtungen des ÖGD schnell im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und übernehmen meist eine Schlüsselfunktion beim Krisenmanagement. Doch dies geht nur mit einer adäquaten personellen Ausstattung, die laut Aussage von Ute Teichert-Barthel derzeit nicht gewährleistet ist. Der Expertin zufolge waren „bei der letzten Zählung im vergangenen Jahr deutschlandweit rund 200 öffentliche Ärztestellen nicht besetzt“, wobei die Vergütung einer der wesentlichen Gründe hierfür sei.
Schlechte Tarifsituation Ursache des Ärztemangels im ÖGD
Die „schlechte Tarifsituation der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst“ ist die wesentliche Ursache für die unzureichende Personalausstattung und den Nachwuchsmangel im ÖGD, betonte die Verbandschefin in ihrer Rede bei der Eröffnungsveranstaltung des 62. Wissenschaftlichen Kongress des BVÖGD und des Bundesverbandes der Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BZÖG). Denn „Fachärztinnen und -ärzte, die aus der Klinik in ein Gesundheitsamt wechseln möchten, werden dort in etwa auf das Gehaltsniveau eines Berufsanfängers zurückgesetzt“, was unterm Strich einen Gehaltsverlust von mehr als 1.000 Euro pro Monat ausmachen kann“, so Teichert-Barthel weiter. Das Problem sollte eigentlich im Rahmen der seit Herbst 2010 laufenden Tarifverhandlungen für den kommunalen öffentlichen Gesundheitsdienst behoben werden, bisher wurde jedoch von der Gegenseite kein akzeptables Angebot vorgelegt, bemängelte die Verbandsvorsitzende des BVÖGD. Je „größer die Gehaltsschere wird, umso weniger Ärzte entschließen sich, im Öffentlichen Gesundheitsdienst zu arbeiten“, betonte die Expertin und ergänzte, dass der Verband derzeit daher auch über Warnstreiks nachdenke.
Prävention und Krankenhaushygiene als zukünftige Themenschwerpunkte
Die Verbandsvorsitzende des BVÖGD widmete sich in ihrer Rede auch zwei aktuellen Themenfeldern, bei denen der öffentliche Gesundheitsdienst ihrer Ansicht nach eine wesentliche Bedeutung hat. Dies ist zum einen die von der Bundesregierung ausgerufene Entwicklung einer breit angelegten Präventionsstrategie, bei der der öffentliche Gesundheitsdienst nach Auffassung von Teichert-Barthel dringend eingebunden sein sollte. Denn die Amtsärzte haben laut Aussage der Verbandschefin den Zugang zu einer Vielzahl von Institutionen, wie Kindergärten oder Schulen, und verfolgen ohnehin ein gesamtgesellschaftliches Ziel, während bei der ambulanten oder stationären Versorgung der Fokus eher auf die Bedürfnisse der einzelnen Patienten falle. Der andere Aspekt, bei dem sich Teichert-Barthel eine stärkere Einbindung des ÖGD erhofft, ist das Thema Krankenhaushygiene. So sei es zwar zu begrüßen, dass einige Politiker konkrete Regelungen zur Anzahl der Krankenhaushygieniker, der hygienebeauftragten Ärzte und der Hygienefachkräfte pro Bettenzahl forderten. Allerdings bedürfe es parallel einer Aufstockung des Personal im ÖGD, „denn die infektionshygienische Überwachung von Kliniken, Altenheimen und Arztpraxen liegt bei den Gesundheitsämtern“, betonte Teichert-Barthel. (fp)
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