In Selbst-Regie mittels spezieller Therapie Alpträume besiegen
30.05.2012
Etwa fünf Prozent der Deutschen leiden regelmäßig unter Alpträumen. Betroffene schildern ihre nächtlichen Horrortrips häufig als sehr grausam und bedrohlich, so dass viele bereits vor dem Einschlafen Angst haben. Spezielle Therapien können Wege aufzeigen, wie Betroffene selbst Regie führen können und der Alptraum seinen Schrecken verliert.
Alpträume sind durch starke negative Gefühle geprägt
Für Sabine S. ist das allabendliche Einschlafen eine Qual. „In den letzten zwei Jahren gab es kaum eine Nacht ohne Alpträume“, berichtet sie. Schweiß gebadet aufzuwachen sei ebenfalls nichts Außergewöhnliches für die Vorstandsassistentin. Meist träume sie davon, in einem weißen leeren Raum ohne Fenster und Türen zu sein. Plötzlich würden sich Wände, Decke und Boden aufeinander zu bewegen, so dass der Raum immer enger werde. „Meistens wache ich auf, kurz bevor ich zerquetscht werden würde. Ich habe dann Todesangst“, sagt Sabine S. Es dauere nicht selten Stunden bis sie sich dann wieder beruhigt habe. Genau wie sie leiden Studien zufolge etwa fünf Prozent der Deutschen regelmäßig unter Alpträumen.
„Typisch für Alpträume ist, dass sie mit starken negativen Gefühlen einher gehen“, erklärt Expertin Johanna Thünker von der Uni Düsseldorf. Neben Angst treten auch starker Ekel, Scham oder Wut auf. „Diese Emotionen werden im Verlauf des Alptraums immer stärker, so dass man in der Regel dadurch aufwacht.“ Betroffene können sich meist detailliert an den Inhalt des Alptraums erinnern, da sie sehr intensiv erlebt werden und von existentiellen Gefahren handeln. „Man selbst oder eine nahestehende Person wird mit dem Tod bedroht, man wird verfolgt, verlassen, oder der eigene Selbstwert wird angegriffen, etwa weil man kläglich versagt“, berichtet Thünker. Professor Michael Schredl vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim betont: „Alpträume an sich sind nichts Schlimmes.“ Erst wenn sie gehäuft auftreten, kann die Gesundheit Schaden nehmen. „Wenn man mindestens einmal die Woche in einem Zeitraum von etwa sechs Monaten Alpträume hat, ist das ein Anhaltspunkt für eine mögliche Alptraumstörung. Dann ist Handeln angesagt.“
Durch Alpträume Angst vor dem Einschlafen
Viele Betroffene würden bewusst oder unbewusst das Einschlafen aus Angst vor den Alpträumen hinaus zögern, erklärt die Leiterin des Instituts für Bewusstseins- und Traumforschung in Wien, Brigitte Holzinger. Dieses Verhalten führe jedoch in einen Teufelskreis, aus dem das Ausbrechen schwer falle. Durch den Schlafmangel verschlechtert sich die eigene Stimmung, Konzentrations- und Leistungsfähigkeit nehmen ab und langfristig können sogar Herzkreislauferkrankungen auftreten. „Häufig treten Alpträume bei Menschen auf, die etwas Traumatisierendes erlebt haben oder die sich in einer belastenden und stressigen Lebenssituation befinden“, sagt Holzinger. Wissenschaftlern zufolge seien vermutlich in erster Linie sensible und kreative Menschen gefährdet. Vier- bis zwölfjährige Kinder haben ebenfalls häufiger Alpträume. „Vermutlich liegt es daran, dass sie eine aufregende Entwicklungsphase durchmachen, in der sie ständig etwas Neues lernen.“
Alpträume mit der Vorstellungs-Wiederholungs-Therapie behandeln
Obwohl Alpträume ein eigenes von den Krankenkassen anerkanntes Krankheitsbild darstellen, treten sie häufig in Kombination mit anderen psychischen Erkrankungen wie beispielsweise Depressionen oder Angststörungen auf.
Experten wenden bei der Behandlung von Alpträumen häufig die sogenannte Vorstellungs-Wiederholungs-Therapie oder Imagery-Rehearsal-Therapy (IRT) an. „Der Betroffene übernimmt die Rolle des Regisseurs und erfindet ein neues Ende, das weniger beängstigend ist“, erklärt Thünker. Dabei schreibt der Betroffene zunächst seinen Alptraum detailliert auf. Auf dieser Grundlage werden die angstauslösenden Elemente mit Hilfe des Therapeuten herausgearbeitet. Im nächsten Schritt werden weniger beängstigende Alternativen erarbeitet, mit denen dann die Angstelemente des Alptraumes ersetzt werden. Die neue Traumversion sollte dabei zur alten passen. „Zum Beispiel wird aus einem dunklen Parkhaus ein gut beleuchtetes, und der vermeintliche Verfolger schlägt doch noch einen anderen Weg ein“, erläutert Thünker. Dann schreibt der Betroffene den neuen alternativen Traum auf und stellt sich diesen täglich mehrmals vor, um ihn auf den Alptraum zu übertragen. „Die IRT-Methode hat bisher die höchste Erfolgsrate“, berichtet Schredl. Betroffene würden zwar nur seltenen die neue Traumversion detailliert träumen. „Aber der ursprüngliche Alptraum tritt nur noch in abgeschwächter Form und nicht mehr so häufig auf“, erklärt Thünker. (ag)
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Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
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