Erstmals wurde eine Geburt im Kernspin-Tomographen aufgezeichnet
06.07.2012
Ende 2010 gelang es Forschern der Berliner Uniklinik Charité erstmalig, eine Geburt im Kernspin-Tomographen aufzuzeichnen. Das Geburtsvideo, das einzigartige Aufnahmen vom Körperinneren der 24-jährigen Mutter zeigt, wurde jetzt veröffentlicht. Die Forscher erhofften sich von den Aufnahmen, neue Erkenntnisse über den Geburtsvorgang. Vor allem interessierte sie, warum es bei rund 15 Prozent der Schwangeren zum Geburtsstillstand kommt, der einen Kaiserschnitt zur Folge hat.
Kernspin-Tomograph statt Kreißsaal
Geburtsmediziner Christian Bamberg und sein Team feierten Ende 2010 eine Weltpremiere, als der kleine Dunkan zur Welt kam. Die Geburt verlief ohne Komplikationen, verkündeten die Klinik stolz nach der Geburt. Denn der Junge wurde nicht in einem gewöhnlichen Kreißsaal geboren sondern in einen offenen Magnetresonanztomographen (MRT). Den Medizinern gelangen so einzigartige Aufnahmen aus dem Körperinneren der Mutter, die die Bewegungen des Kindes im Geburtskanal sichtbar machten.
Jetzt veröffentlichten die Forscher erstmals ein Video mit den einmaligen Aufnahmen. Der 24-sekündige Auschnitt ist in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „American Journal of Obstetrics & Gynecology“ erschienen und zeigt die Phase der Geburt, die für die Mutter besonders anstrengend war, als sie versuchte das Kind herauszupressen. So ist unter anderem erkennbar, dass sich der Kopf des Babys länglich verformt, um den engen Geburtskanal zu passieren.
Für die ungewöhnliche Geburt wählten die Forscher statt der üblichen Röhre einen offenen Kernspin-Tomographen, um die Mutter während der gesamten Zeit optimal versorgen und anfassen zu können. Zudem konnte sich die Frau so während der Wehen bewegen. Bereits zwei Jahre vor der Geburt begann eine Arbeitsgruppe mit der Entwicklung eines speziellen Überwachungsmonitors, um die Herztöne des Babys auch im MRT messen zu können.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Geburt
Die Forscher versprachen sich neue wissenschaftliche Erkenntnisse über den Geburtsvorgang. Von besonderem Interesse sei beispielsweise gewesen, warum es bei etwa 15 Prozent der Schwangeren zum Geburtsstillstand kommt. Dieser mache einen Kaiserschnitt erforderlich, so die Forscher.
Da die die Geburtsoperation nicht ohne Risiken ist, ziehen Ärzte und Eltern im Regelfall eine natürliche Geburt vor. So drohen während des invasiven Eingriffs mit Narkose Komplikationen mit Nebenwirkungen durch das Narkosemittel, Thrombosenbildung, Infektionen durch die Wunde, Embolien und Blutungen. Verschiedene Studienergebnisse deuten daraufhin, dass Kinder, deren Geburt per Kaiserschnitt erfolgte, im späteren Verlauf ihres Leben häufiger an Infektionskrankheiten, Allergien oder Asthma leiden. Leidet ein Elternteil an Typ 1-Diabetes, erhöht sich das Risiko, dass die Stoffwechselerkrankung an das Kind durch die Kaiserschnittgeburt weitergegeben wird.
Vor den spektakulären Geburtsaufnahmen des MRT seien ausschließlich Röntgenbilder verfügbar gewesen. Das Wissen rund um die Geburt basiere teilweise auf Annahmen aus dem 19. Jahrhundert, erklärten die Forscher.
Neben den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen führte die MRT-Geburt aber auch zu Kritik. Es wurde befürchtet, dass die Magnetfelder und Geräusche des MRT das Baby schädigen könnten. In der Tat entstehen die Aufnahmen durch starke Magnetfelder. Zudem ist ein sehr lautes Geräusch zu hören, so dass die Mutter Kopfhörer während der Geburt tragen musste. Das Gerät wurde jedoch zum Schutz des Kindes beim Platzen der Fruchtblase abgeschaltet. Zuvor waren seine Ohren durch das Fruchtwasser geschützt. (ag)
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